25. Dezember: Warum die Ukraine Weihnachten verlegt hat

    Abkehr von Russland:Warum die Ukraine Weihnachten verlegt hat

    von Thomas Dudek
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    Wie die orthodoxen Christen in Russland feierten auch die Ukrainer am 7. Januar Weihnachten. Durch den Krieg wurde der 25. Dezember zum Feiertag. Ein Terminwechsel mit Symbolkraft.

    Ein Weihnachtsbaum vor der Sophienkathedrale in Kiew.
    Laut Umfragen wollen rund 60 Prozent der Ukrainer Weihnachten am 25. Dezember statt am 7. Januar feiern.
    Quelle: Reuters

    Für die Ukrainer wird es dieses Jahr mittlerweile das zweite Weihnachtsfest sein, das sie während der russischen Großinvasion feiern. Für viele wird es geprägt sein von der Sorge um Verwandte und Freunde an der Front, der Trennung von Familienangehörigen und von der Gefahr russischer Luftangriffe.
    Der seit nun fast zwei Jahren andauernde Krieg hat aber nicht nur auf die Umstände Einfluss, unter denen die Ukrainer Weihnachten feiern, sondern auch auf das Datum. Denn es ist das zweite Jahr in Folge, an dem das Weihnachtsfest am 25. Dezember begangen wird.

    Weihnachten: Traditionell feiern die Ukrainer am 7. Januar

    Und dies, obwohl nicht nur die orthodoxen Christen des Landes, sondern auch die Mitglieder der griechisch-katholischen Kirche, die vor allem im Westen des Landes viele Gläubige hat und kirchenrechtlich dem Papst in Rom untersteht, sich nach dem julianischen Kalender richteten und Weihnachten am 7. Januar feierten.
    Doch während im vergangenen Jahr die Orthodoxe Kirche der Ukraine es ihren Gläubigen noch selbst überließ, ob sie am 25. Dezember oder 7. Januar feierten, ist es seit diesem Jahr auch staatlich geregelt. Im Juli beschloss die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, dass der 25. Dezember zum offiziellen Feiertag wird.
    Zwei Monate zuvor reformierte die Orthodoxe Kirche der Ukraine, die sich bereits mit der Unabhängigkeit des Landes 1992 vom Moskauer Patriarchat abspaltete, ihren Kirchenkalender. Statt dem julianischen gilt nun der neujulianische Kalender, dem auch die meisten orthodoxen Kirchen, unter anderem in Griechenland, Rumänien oder Bulgarien, seit 1923 folgen. Eine Reform, die den 25. Dezember als offiziellen Weihnachtstag zum Ergebnis hatte.
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    Diskussion über Reform ist keine Folge des Krieges

    Die Diskussion um eine Reform des Kirchenkalenders ist jedoch kein Ergebnis des russischen Angriffskrieges. Schon vor dem Februar 2022 wurde in dem Land über so eine Reform und somit die Verlegung des Weihnachtsfestes vom 7. Januar auf den 25. Dezember nachgedacht, was in der ukrainischen Bevölkerung jedoch keine Mehrheit fand.
    Noch 2021 sprachen sich laut Umfragen fast 60 Prozent der Ukrainer gegen eine Verschiebung der Weihnachtsfeiertage aus. Ein Stimmungswandel kam erst durch den Krieg. Bereits im vergangenen Jahr waren es nur noch um die 30 Prozent.
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    Neue Umfragen: 60 Prozent wollen am 25. Dezember feiern

    In diesen Tagen veröffentlichte Umfragen zeigen, dass etwa 60 Prozent der Ukrainer Weihnachten am 25. Dezember feiern wollen. Erheblich geringerer Zustimmung erfreut sich der bisher traditionelle 7. Januar. In einer Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte gaben nur noch 17 Prozent der Befragten an, Weihnachten nur an diesem Tag feiern zu wollen.
    Laut vieler ukrainischer Experten wie der renommierten Religionswissenschaftlerin Ljudmyla Filipowitsch ist das eine Entwicklung, die durch die russische Invasion erheblich beschleunigt wurde. Ihrer Meinung nach zeige so die Mehrheit, dass man sich "der zivilisierten westlichen Welt zugehörig fühle und alles Auferlegte, Russische loswerden wolle".
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    Meinungsumschwung auch wegen zurückgekehrter Flüchtlinge

    Nicht unerheblich bei der wachsenden Zustimmung für den 25. Dezember als Weihnachtstag dürften nach Meinung der Religionswissenschaftlerin Iryna Bogatschewska jedoch auch zurückgekehrte Flüchtlinge sein.
    Denn im Ausland haben sie erlebt, dass der 25. Dezember nicht allein ein "katholisches Datum" ist, wie in der Ukraine viele irrtümlich glauben, sondern auch der Weihnachtsfeiertag für die meisten orthodoxen Kirchen im Westen. Bogatschewska sagte gegenüber dem ukrainischsprachigen Kanal der Deutschen Welle:

    Diese Gegenüberstellung der Weihnachtstermine, 25. Dezember und 7. Januar, war eine Unterscheidung zwischen Katholiken und Orthodoxen, weil die Moskauer Kirche die Idee propagierte, dass nur Katholiken Weihnachten am 25. Dezember feiern.

    Iryna Bogatschewska, Religionswissenschaftlerin

    Die Leute hätten jetzt gesehen, dass das nicht stimmt, so die Expertin weiter.
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    Auch Orthodoxe Kirche feiert am 25. Dezember

    Die Umstellung auf den neujulianischen Kalender bedeutet jedoch nicht, dass jetzt nur noch Anhänger der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, die sich erst im vergangenen Jahr vom Moskauer Patriarchat lossagte und der in der Ukraine mit viel Misstrauen begegnet wird, am 7. Januar Weihnachten feiern werden.
    Auch 120 Gemeinden der Orthodoxen Kirche der Ukraine, zu der insgesamt 8.500 Pfarreien gehören, orientieren sich an dem alten julianischen Kalender. Zumindest offiziell haben die Bischöfe damit kein Problem.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

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