Putin droht Westen: Nuklearkonflikt "reale Gefahr"

    Kremlchef droht Westen:Putins "Rede voller Rechtfertigungen"

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    In seiner Rede an zur Lage der Nation warnt der russische Präsident die Nato vor einem Einsatz in der Ukraine. Ein Aspekt hat ZDF-Korrespondent Armin Coerper dabei überrascht.

    Minister der LPR und Vertreter öffentlicher Organisationen verfolgen die Übertragung der jährlichen Ansprache des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor der Bundesversammlung in Luhansk am 29.02.2024.
    Russlands Präsident Putin hat in seiner Rede zur Lage der Nation dem Westen gedroht. 29.02.2024 | 2:37 min
    Der russische Präsident Wladimir Putin wirft dem Westen vor, die Gefahr eines Nuklearkonflikts heraufzubeschwören. In seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation sagte er:

    Sie sollten endlich begreifen, dass auch wir über Waffen verfügen, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können.

    Wladimir Putin, russischer Präsident

    "Alles, was der Westen sich einfallen lässt, womit sie die Welt erschrecken, schafft die reale Gefahr eines Konflikts mit dem Einsatz von Atomwaffen, was die Zerstörung der Zivilisation bedeutet", fügte er hinzu.
    ZDF-Korrespondent Armin Coerper berichtet.
    Russlands Präsident Putin hat in seiner Rede zur Lage der Nation kämpferisch gezeigt, doch auch an die Moral seines Volks appelliert. ZDF-Korrespondent Armin Coerper mit Details.29.02.2024 | 1:05 min

    Putin bietet USA Dialog zu strategischer Sicherheit an

    Konkret warnte Putin auch die Staaten der Nato davor, Militärkontingente in die Ukraine zu entsenden, um gegen russische Truppen zu kämpfen. Die Folgen eines solchen Schrittes könnten tragisch sein, sagte er. Zugleich wies der Präsident Behauptungen, dass Russland den Westen angreifen wolle, als "Blödsinn" zurück.
    Das Land werde vielmehr für seine eigene Sicherheit den Rüstungskomplex hochfahren und auch die westliche Flanke des Riesenreichs weiter stärken wegen der Gefahr, die von der Nato-Erweiterung ausgehe.

    ZDF-Korrespondent: Rede voller Durchhalteparolen

    "Zunächst klingt das alles erst einmal sehr kämpferisch. Putin hat dem Westen gedroht mit Angriffen. Er hat behauptet, der Westen schaffe die Gefahr eines Nuklearkonflikts", analysiert ZDF-Korrespondent Armin Coerper in Moskau.

    Bei genauerem Hinsehen war das aber auch eine Rede voller Durchhalteparolen und Rechtfertigungen.

    Armin Coerper, ZDF-Korrespondent

    Wladimir Putin habe sein Volk auf einen langen, verlustreichen Krieg eingeschworen, so Coerper.
    sarah-pagung
    Wladimir Putin hat dem Westen vorgeworfen, die Gefahr eines Nuklearkonflikts heraufzubeschwören. "Das ist nichts, was die Lage und Einschätzung grundsätzlich verändern sollte", sagt Expertin Sarah Pagung.29.02.2024 | 4:09 min
    Den USA bot Putin erneut einen Dialog an zur strategischen Sicherheit in der Welt. Russland und die USA hatten im Zuge ihres Konflikts mehrere Abrüstungsverträge ausgesetzt oder aufgekündigt. Russland sei bereit zu neuen Gesprächen, wenn die USA aufhörten, es auf eine strategische Niederlage Moskaus abzusehen.

    Putin macht große soziale Versprechen

    Zudem machte Putin zwei Wochen vor seiner geplanten Wiederwahl große soziale Versprechen an das Volk. So rief er ein neues nationales Unterstützungsprogramm für Familien in seiner Rede vor mehr als 1.000 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion aus. Für die Modernisierung des Gesundheitswesens sagte der 71-Jährige eine Billion Rubel (rund 10 Milliarden Euro) an neuen Haushaltsmitteln zu.
    Gleichzeitig beklagte der russische Präsident, dass in seinem Land zu wenig Kinder zur Welt kämen. Als einen Grund für die sinkende Geburtenrate nannte Putin auch die höhere Armutsgefährdung kinderreicher Familien. "Er hat die Menschen dazu aufgefordert, Kinder zu zeugen für diesen Krieg, und hat unvorstellbare Finanzhilfen für Familien in Aussicht gestellt. Woher das Geld kommen soll, bleibt sein Geheimnis", erklärt ZDF-Korrespondent Coerper.
    Ihn habe überrascht, wie wenig Putin auf die militärischen Erfolge der letzten Tage eingegangen sei.  

    Stattdessen ist mein Eindruck, dass das die Rede eines Kriegsherren ist, der offenbar fürchten muss, dass sein Volk kriegsmüde werden könnte.

    Armin Coerper, ZDF-Korrespondent

    Julia Nawalnaja im EU-Parlament
    Der in einer Strafkolonie gestorbene Kremlkritiker Alexej Nawalny soll am Freitag laut seinem Team in Moskau beigesetzt werden. Seine Witwe hält zuvor im Europaparlament eine Rede.28.02.2024 | 0:26 min

    Präsidentschaftswahl Mitte März

    Allgemein widmete sich Putin in seiner Rede neben militärischen auch stark wirtschaftlichen und sozialen Themen. Vom 15. bis 17. März finden in Russland Präsidentschaftswahlen statt. Putin tritt dabei als unabhängiger Kandidat an. Prominente Kritiker, die ihn herausfordern könnten, befinden sich entweder im Ausland oder in Haft. Damit gilt Putins Wiederwahl schon vorab als gesichert. Bislang sind lediglich drei weitere Kandidaten von kremlnahen Parteien zugelassen.
    Russlands bekanntester Oppositionsführer Alexej Nawalny, der bei der Wahl 2018 nicht als Präsidentschaftskandidat zugelassen wurde, wird an diesem Freitag zu Grabe getragen.

    Bundestagsabgeordnete: Von Putin nicht einschüchtern lassen

    Führende Bundestagsabgeordnete warnten als Reaktion auf die Rede Putins davor, sich davon einschüchtern zu lassen. Außenexperte Anton Hofreiter (Grüne) sagte den Funke-Medien:

    Das Ziel seiner Drohungen ist, dass die westlichen Staaten ihre Unterstützung für die Ukraine einstellen.

    Grünen-Außenexperte Anton Hofreiter

    Hofreiter betonte: "Wir dürfen uns von diesen Drohungen nicht einschüchtern lassen." Ähnlich äußerte sich CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen und warnte:

    Das nimmt Putin zu Recht als Schwäche wahr und unsere Schwäche ermuntert Putin zur nächsten Drohung oder Gewaltanwendung.

    CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen

    Putin habe bereits "voll eskaliert", sagte Röttgen. "Atomwaffen sind für ihn keine Option, weil er damit China als wichtigsten Verbündeten verlieren würde und die amerikanische Abschreckung funktioniert."
    SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagte, die Rede zeige "einmal mehr das übliche Schema mit Drohgebärden gegen den Westen". "Putin fehlt jede Vorstellung davon, wie er seine heute proklamierten innenpolitischen Ziele konkret erreichen will."
    "ZDFzeit: Putin und Xi - Pakt gegen den Westen": Wladimir Putin und Xi Jinping stehen vor der russischen und der chinesischen Fahne und geben sich die Hand.
    Putin und Xi wollen ihre Nationen zu neuer, alter Größe führen. Und dafür sind sie bereit, viel zu riskieren. Gemeinsamer Gegner: der Westen.25.07.2023 | 43:49 min
    Quelle: dpa, AFP, Reuters

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