Besuch in Äthiopien: Baerbock: Europa muss Gesicht zeigen

    Außenministerin in Äthiopien:Baerbock: Europa muss Gesicht zeigen

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    Zwei Tage lang besucht Außenministerin Baerbock Äthiopien. Russland und China spielen bei der Visite in einem der ärmsten Länder der Welt eine große Rolle.

    Äthiopien
    Bis zum Friedensabkommen für die Region Tigray herrschte zwei Jahre Bürgerkrieg: Bundesaußenministerin Baerbock will sich in Äthiopien ein Bild der Lage machen.12.01.2023 | 2:40 min
    Deutschland und Frankreich haben Äthiopien nach dem Friedensabkommen für die Unruheregion Tigray eine verstärkte Zusammenarbeit angeboten. Es sei wichtig, dass Europa nun "schnell Gesicht zeigt", erklärte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Sie ist am frühen Morgen zu einem zweitägigen Besuch in Äthiopien eingetroffen.

    Gemeinsamer Besuch von Frankreich und Deutschland

    Die Grünen-Politikerin wird in dem Land am Horn von Afrika von ihrer französischen Kollegin Catherine Colonna begleitet. Gemeinsam trafen sie in der Hauptstadt Addis Abeba Präsidentin Sahle-Work Zewde. Seit 2018 ist sie Staatsoberhaupt des Landes.
    Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen, M), Außenministerin, steht zusammen mit der Catherine Colonna (r) , Außenministerin von Frankreich, neben Sahle-Work Zewde, Präsidentin von Äthiopien.
    Außenministerin Baerbock (Mitte) zusammen mit ihrer französischen Kollegin Colonna (rechts) , bei Äthiopiens Präsidentin Sahle-Work Zewde.
    Quelle: dpa

    Die äthiopische Regierung hatte im November ein Friedensabkommen mit der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) geschlossen. Bei den Kämpfen in der nördlichen Region Äthiopiens starben nach UN-Angaben seit November 2020 mehrere Hunderttausend Menschen.
    Hintergrund des Besuchs sind auch die sich durch den russischen Krieg in der Ukraine verschärfende Nahrungsmittelkrise sowie verstärkte chinesische Bemühungen um mehr Einfluss in dem Land.

    Äthiopien zählt zu ärmsten Ländern der Welt

    Äthiopien ist mit rund 120 Millionen Einwohnern nach Nigeria der Staat mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl Afrikas und eines der ärmsten Länder der Welt.
    Nach dem Ausfall der fünften Regenzeit hintereinander herrscht eine dramatische Dürre in Äthiopien. Das Land ist stark von Weizen und Düngemitteln aus der Ukraine und Russland abhängig.

    Welthungerhilfe: 22 Millionen Menschen hungern

    Die Welthungerhilfe warnte, in Äthiopien hätten rund 22 Millionen Menschen zu wenig zu essen. Die humanitäre Krise habe mehrere Ursachen, sagte Abaynah Demeke vom Landesbüro der Organisation in Äthiopien der dpa: Naturkatastrophen wie Heuschreckenplagen, Dürren und Überflutungen. Aber auch die Corona-Pandemie und Cholera-Ausbrüche hätten das Land geschwächt. Hinzu kämen die vielen ethnischen Konflikte.
    Angesichts von Kriegsverbrechen, die nach UN-Ansicht von Seiten der äthiopischen Regierung wie der TPLF-Volksbefreiungsfront in dem zwei Jahre andauernden Konflikt begangen wurden, betonte Baerbock:

    Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass der Weg zum Frieden selten schnurgerade verläuft und dass die Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen unerlässlich ist für Versöhnung.

    Annalena Baerbock (Grüne), Bundesaußenministerin

    Ministerpräsident Abiy hatte unter anderem wegen seiner Aussöhnungspolitik mit dem Langzeit-Rivalen und Nachbarn Eritrea 2019 den Friedensnobelpreis erhalten. Allerdings haben sich während Abiys Amtszeit ethnische Spannungen und Konflikte in dem Vielvölkerstaat verschärft. Die TPLF und viele Menschen in Tigray hatten mehr Autonomie verlangt.

    China sehr um Einfluss bemüht

    Nachdem geplante Wahlen wegen der Corona-Pandemie verschoben worden waren, hielt die TPLF im September 2020 Regionalwahlen ab. Im Zusammenhang mit dem folgenden Konflikt flohen mehr als 50.000 Menschen in den Sudan. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind mehr als vier Millionen Menschen binnenvertrieben.
    Colonna sagte, im Zentrum der Gespräche stünden die Rolle Afrikas in der Weltordnungspolitik und die Anstrengungen der EU und der Regionalorganisation Afrikanische Union (AU), um die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine zu bekämpfen.
    Hinter dem Anliegen, rasch für die EU Gesicht in Äthiopien zu zeigen, dürften auch verstärkte chinesische Bemühungen um Einfluss in dem Land stecken. Erst am Dienstag war Chinas neuer Außenminister Qin Gang auf seiner ersten Auslandsreise zu Besuch in Addis Abeba. China will sich am Wiederaufbauprozess im Land beteiligen.

    Auswertung von "Care"
    :Die vergessenen Krisen in Afrika

    Die Hilfsorganisation Care e.V untersucht jährlich, wie die Online-Berichterstattung über globale Katastrophen stattfindet. Der Verlierer des Jahres 2022 heißt demnach: Afrika.
    von Jens Lindner (Text), Andreas Hottmann (Grafiken)
    Ein Blick auf die Hauptsatdt der Zentralafrikanischen Republik, Bangui. (Archivbild)
    Quelle: dpa

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