Bootsunglück in Italien: Wurden Retter zu spät losgeschickt?

    Bootsunglück vor Kalabrien:Italien: Hätte man Flüchtlinge retten können?

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    Die Boot-Tragödie, bei der über 60 Flüchtende starben, spaltet Italien. Kritiker werfen Rom vor, mehr Menschen hätten gerettet werden können, hätte der Einsatz früher begonnen.

    Das Bild zeigt die Särge der Opfer des Bootsunglücks in Süditalien, die in einer Sporthalle in Crotone stehen.
    Nach einem Bootsunglück in Süditalien ist die Zahl der gestorbenen Flüchtenden weiter gestiegen.
    Quelle: picture alliance / Kontrolab

    Die Zahl der Todesopfer nach dem Bootsunglück in Süditalien ist weiter gestiegen - auf inzwischen 67. Am Mittwochmorgen wurde der Körper eines Mädchens gefunden, wie ein Kommandant der Carabinieri auf Anfrage mitteilte.
    Am Sonntag war ein überfülltes Holzboot mit mehr als 140 Flüchtlingen und Migranten bei hohem Seegang im Mittelmeer gesunken. Unter den Opfern sind auch etliche Kinder. In einer Turnhalle der Stadt Crotone wurden die Särge aufgestellt. Auf einen weißen Kindersarg legten die Helfer ein blaues Spielzeugauto.
    Die Einsatzkräfte suchen immer noch nach Opfern. Etwa 80 Menschen überlebten den Untergang.
    Tote bei Bootsunglück mit Migranten vor Süditalien
    An der Küste Süditaliens sind mehr als 60 Todesopfer des mit Migranten zerschellten Fischerboots gefunden worden.27.02.2023 | 4:19 min

    Debatte über Rettungseinsatz zu Bootsunglück in Italien

    Unterdessen debattiert Italien darüber, ob und wie den Flüchtenden hätte geholfen werden können, bevor das Boot kurz vor Erreichen des Festlandes unterging. "Niemand wollte sie retten", titelte die Römer Tageszeitung "La Repubblica" am Mittwoch.

    Sie haben sie sterben lassen.

    Nach einer Rekonstruktion der Ereignisse sichtete ein Flugzeug der europäischen Grenzschutzagentur Frontex das Boot, das in der Türkei gestartet war, am Samstagabend rund 40 Seemeilen vor der Küste. Dies wurde auch nach Rom gemeldet. Die Finanzpolizei schickte zwei Schiffe zur Suche - diese aber fanden das Boot nicht. Erst am frühen Morgen ging ein Notruf von dem Boot ein, woraufhin Carabinieri und Küstenwache ausrückten. Das Holzboot war aber schon gesunken, als sie ankamen.

    Ein Dekret der italienischen Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, das mit der Verabschiedung durch den Senat vergangene Woche Gesetz wurde, erschwert die Arbeit ziviler Seenotretter erheblich.
    • So müssen sie nun schon nach der ersten Rettungsaktion einen italienischen Hafen ansteuern, anstatt womöglich mehrere Rettungen durchzuführen.
    • Zudem werden ihnen oft Häfen zugewiesen, die weit vom Einsatzgebiet im zentralen Mittelmeer entfernt liegen, womit sie tagelang unterwegs sind.
    Allerdings kommt nur ein kleiner Teil der Migranten mit Rettungsschiffen wie der "Ocean Viking" oder der "Geo Barents" nach Italien. Der Großteil erreicht das italienische Festland und die Inseln ohne fremde Hilfe.

    Quelle: dpa

    Opposition empört über italienischen Innenminister

    Experten kritisieren, dass nicht schon in der Nacht Schiffe auf die Suche gingen. Für Empörung sorgte zudem der Innenminister der italienischen Rechts-Regierung, Matteo Piantedosi. Der parteilose Politiker sagte nach dem Unglück, die Verzweiflung von Eltern könne gar nicht so groß sein, dass sie ihre Kinder in ein derartiges Boot setzten.
    Die Opposition warf ihm daraufhin vor, den Opfern - von denen viele aus Afghanistan und Syrien stammen - auch noch die Schuld zuzuschieben. Piantedosi hatte zuletzt scharfe neue Regeln gegen zivile Hilfsorganisationen verfügt, die auf dem Mittelmeer unterwegs sind.
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    Quelle: dpa

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