Ex-Präsident kehrt zurück: Bolsonaro ist wieder in Brasilien

    Ex-Präsident kehrt zurück:Jair Bolsonaro ist wieder in Brasilien

    von Tobias Käufer, Rio de Janeiro
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    Unruhe oder geklärte Fronten: Die Rückkehr des abgewählten Ex-Präsidenten bedeutet für den linken Amtsinhaber Lula da Silva eine Herausforderung, aber auch eine Chance.

    Jair Bolsonaro, aufgenommen am 30.03.2023 in Brasilia (Brasilien)
    Jair Bolsonaro ist zurück in Brasilia (Brasilien)
    Quelle: AP

    Vor dem Sitz der Partei in Brasilia haben sich die Anhänger versammelt. Fast alle tragen das brasilianische Nationaltrikot, einige schwenken die Fahne ihres Heimatlandes. Drinnen hat Jair Bolsonaro Platz genommen.
    Er ist der Ehrenpräsident der "Partido Liberal", seine Ehefrau Michelle Bolsonaro führt die Frauen-Abteilung. Nun fragen sich die Parteimitglieder und die Anhänger Bolsonaros: Wie geht es weiter mit Bolsonaro, mit der Opposition, mit der Partei, mit dem Land.

    Bolsonaros zukünftige Rolle ist unklar

    Noch auf amerikanischem Boden, wo Bolsonaro die letzten 89 Tage verbrachte, ließ der mit hauchdünner Mehrheit abgewählte rechtspopulistische Präsident (2019 – 2022) wissen: "Ich werde keinerlei Opposition anführen." Doch genau das verlangen und erhoffen seine Anhänger. Aber was will Bolsonaro? Ruhestand mit ein bisschen Provokation oder eine Operation Machteroberung - so richtig weiß das niemand.
    Im Flugzeug von Orlando nach Brasilia gibt es Applaus, so dass sich Jair Bolsonaro von seinem Platz erhebt und den Mitreisenden zuwinkt. In Brasilia empfangen ihn seine Anhänger. "Der Kapitän ist zurück", rufen einige. Es ist ein herzlicher, aber kein überwältigender Empfang. Menschenmassen konnte Bolsonaro nicht mobilisieren. Seine Partei erwägt aber nun die Organisation von Motorradkarawanen mit Bolsonaro an der Spitze.

    Bolsonaro hat enorme digitale Reichweite

    Die große Frage aber bleibt unbeantwortet: Welche Rolle spielt der umstrittene Rechtspopulist in Zukunft. Die Hälfte der Brasilianer (49,1 Prozent) hatte sich bei den Wahlen im vergangenen Jahr eine Fortsetzung der wegen einer klimafeindlichen Umweltweltpolitik international scharf kritisierten Amtszeit gewünscht.
    Mit über 25 Millionen Followern allein bei Instagram verfügt Bolsonaro über ein enormes digitales Mobilisierungspotential, das er jederzeit einsetzen kann. Bislang nutzte er dieses Faustpfand, um sich und seine eigene Präsidentschaft abzufeiern.

    Lula ist schwach gestartet

    Ganz entscheidend für Bolsonaros künftige Rolle wird aber auch die Qualität der Präsidentschaft des linksgerichteten Amtsinhabers Luiz Inacio Lula da Silva (77) sein. Der ist erstaunlich schwach gestartet. Der enorm populäre Schriftsteller Paulo Coelho bereut öffentlich inzwischen seine Wahlkampfunterstützung für Lula und geht auf Distanz.
    Lula habe die schlechten Dinge Bolsonaros kopiert, kommentierte jüngst die eigentlich Lula-nahe Tageszeitung "O Globo". Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von Vulgärsprache in einem Interview über den ehemaligen Ermittlungsrichter Sergio Moro, der Lula ins Gefängnis brachte. Solche Aussetzer mobilisieren das rechte Lager und machen eine Versöhnung wie von vielen Lula-Anhängern erhofft unmöglich.
    Auch inhaltlich schwächelt Lula: Seine Umweltpolitik ist bislang eine Enttäuschung. Dass sich Lula weigert einen Untersuchungsausschuss einzurichten, der die Vorfälle vom 8. Januar untersucht, als radikale Bolsonaro-Anhänger die Institutionen in Brasilia stürmten, lässt Raum für Spekulationen.

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    Bolsonaros Anwesenheit könnte Lula anspornen

    Dass die Rückkehr von einem "Schmuckskandal" überschattet wird - das Ehepaar Bolsonaro hatte ein Geschenk des Königshauses von Saudi-Arabien für sich behalten - wäre eigentlich eine Vorlage für Lula, doch es gibt auch gegen Minister aus seinem Kabinett Korruptionsvorwürfe.
    Vielleicht aber ist Bolsonaros Präsenz für Lula auch eine große Chance: Ein Rivale wie Bolsonaro vor der Nase schärft die Sinne, hilft wieder Profil zu gewinnen, sich abzugrenzen und das eigene Lager zu mobilisieren. In einer Umfrage erklärten jüngst fast zwei Drittel der Brasilianer es sei 2026 Zeit für einen dritten Weg, weg vom Populismus des rechten oder linken Lagers.

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