Einigung in London: Darum geht es beim Nordirland-Protokoll

    Einigung in London:Darum geht es beim Nordirland-Protokoll

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    Die Nordirland-Frage war von Anfang ein Problem bei den Brexit-Verhandlungen. Doch nun haben sich EU und Großbritannien in dem Streit geeinigt. Fragen und Antworten zum Protokoll.

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Rishi Sunak haben einen Kompromiss im gut dreijährigen Streit um das Nordirland-Protokoll erzielt. Sunak bezeichnete die Einigung bei einer Pressekonferenz als "Beginn eines neuen Kapitels" der Beziehungen.
    Rishi Sunak auf Twitter:
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    Von der Leyen sprach von einer "historischen" Vereinbarung und betonte, der Kompromiss erfülle die Schlüsselforderungen der EU.
    Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten:

    Welche Zugeständnisse erreichte London?

    Sunak handelte Erleichterungen bei der Warenausfuhr von Großbritannien nach Nordirland aus. Geplant ist ein "grüner Korridor" ohne Zollauflagen für Lebensmittel und Medikamente. Damit sei die Zollgrenze in der Irischen See de facto gebannt, sagte Sunak.
    Zudem soll die nordirische Regionalregierung in Belfast eine Art "Notbremse", also ein Einspruchsrecht gegen neue EU-Regeln erhalten. Laut Premierminister Sunak kann außerdem die britische Regierung ein "Veto" einlegen.
    ZDF-Korrespondentin Hilke Petersen berichtet aus Windsor über die Einigung:
    Schließlich wird die britische Regierung die Mehrwertsteuer in Nordirland in Zukunft frei festlegen können. Die Unternehmen in Nordirland befolgten bislang die EU-Vorschriften. Dies bedeutete, dass Steuererleichterungen, die die britische Regierung zugunsten von Unternehmen in Nordirland gewährte, mit den EU-Vorschriften vereinbar sein mussten.

    Wo setzte sich Brüssel durch?

    In nordirischen Häfen soll der Zoll weiter alle Güter kontrollieren, die für das EU-Mitglied Irland im Süden der Insel bestimmt sind. Zudem will London der EU Daten zum Warenverkehr nach Nordirland in Echtzeit übermitteln. So bleibe der Schutz des Binnenmarkts gewahrt, betonte von der Leyen.
    ZDF-Korrespondent Gunnar Krüger berichtet aus Brüssel:
    Auch die Kernforderung der EU sieht sie erfüllt: Keine "harte Grenze" zwischen den beiden Teilen Irlands. Die offene Grenze garantiert das fast 25 Jahre alte Friedensabkommen vom Karfreitag 1998, das den rund 30-jährigen Nordirland-Konflikt mit mehr als 3000 Toten beendete.

    Was regelt das Nordirland-Protokoll?

    Es gehört zum Vertrag über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, der seit Ende Januar 2020 offiziell vollzogen ist. Das Protokoll sollte verhindern, dass durch den Brexit eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland entsteht.
    Befürchtet wurde in diesem Fall neue Gewalt zwischen pro-britischen Unionisten, die mehrheitlich protestantisch sind, und Befürwortern einer Wiedervereinigung Nordirlands mit der Republik Irland, vorwiegend im katholischen Lager.

    Welche Knackpunkte gibt es?

    Ein Hauptstreitpunkt war die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Nach dem Kompromiss bleibt er zwar die letzte Instanz bei Zollstreitigkeiten um Nordirland. Er soll aber erst dann angerufen werden, wenn andere Möglichkeiten zur Einigung erschöpft sind.
    Die Hardliner in der Tory-Partei des britischen Regierungschefs Sunak hatten gefordert, EU-Gerichte dürften nach dem Brexit gar keine Mitsprache mehr haben.

    Welche Unwägbarkeiten hat der Deal?

    Regierungschef Sunak hat "zu gegebener Zeit" eine Abstimmung im britischen Parlament angekündigt. Dort könnte ihm allerdings Widerstand von "Brexiteers" wie Ex-Premier Boris Johnson drohen. In der EU müssen überdies die Mitgliedstaaten dem Kompromiss zustimmen. Dies gilt aber als deutlich weniger heikel.

    Welche Reaktionen gibt es in Nordirland?

    Skeptisch ist nach dem Deal die größte unionistische Partei Democratic Unionist Party (DUP). "Kernsorgen" blieben bestehen, erklärte DUP-Chef Jeffrey Donaldson.
    Hoffnungsvoll äußerte sich dagegen die Sinn-Fein-Partei, die eine Wiedervereinigung Irlands anstrebt. Sie rief die DUP auf, sich einer neuen Regierung der Einheit in Belfast anzuschließen. Die Unionisten boykottierten zuletzt die Zusammenarbeit, da sie Nordirland unter den derzeitigen Bedingungen im Hintertreffen sehen.
    Quelle: AFP, Reuters
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