Interview
Sicherheitspaket im Bundestag:Union: "Vernünftige Maßnahmen" - aber zu wenig
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Mit härteren Regeln in der Asyl- und Sicherheitspolitik will die Ampel-Koalition Konsequenzen aus dem Anschlag von Solingen ziehen. Der Bundestag hat erstmals darüber beraten.
Rund drei Wochen nach dem Messeranschlag von Solingen haben die Ampel-Fraktionen im Bundestag erste Schritte für eine schärfere Asyl- und Sicherheitspolitik auf den Weg gebracht. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP reichten am Donnerstag zwei entsprechende Vorlagen der Bundesregierung in das Parlament ein.
Faeser: Freiheit und Sicherheit in Deutschland
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, aus der Gewalttat von Solingen müssten die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. "Das tun wir mit dem heutigen Gesetzespaket." Mit Blick auf den mutmaßlichen Täter von Solingen betonte die SPD-Politikerin:
Wer unseren Schutz bekommt, darf ihn nicht missbrauchen, ansonsten muss er unser Land wieder verlassen.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Die Union kritisierte die Vorhaben als nicht ausreichend. In den beiden eingebrachten Gesetzentwürfen der Bundesregierung sind drei Säulen enthalten:
- Erstens sollen Sozialleistungen für ausreisepflichtige Asylbewerber gekürzt und mitunter sogar gestrichen werden.
- Zweitens sollen die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den radikalen Islamismus gestärkt werden, vor allem bei Ermittlungen im Internet.
- Drittens soll das Waffenrecht mit Blick auf Messer verschärft werden. Vorgesehen sind unter anderem Messerverbote bei Veranstaltungen und im Fernverkehr.
Beschlussfassung noch offen
Die umstrittene Frage von Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylbewerbern wird in den Vorlagen nicht behandelt.
Union will weitergehende Schritte
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, sagte:
Es gibt in den Vorlagen viele vernünftige Maßnahmen, die wir unterstützen können.
Thorsten Frei, Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion
Zugleich sei es aber auch so, dass "der Schritt, den Sie gehen, hinter dem Notwendigen zurückbleibt", betonte Frei, der für die Union die gescheiterten Gespräche mit der Bundesregierung über eine konsequente Zurückweisung bestimmter Asylbewerber an den deutschen Grenzen führte. "Wir müssen etwas tun, um die irreguläre Migration zu stoppen", mahnte Frei. Und das gehe nur mit Zurückweisungen an den Grenzen.
Faeser: Für Gespräche mit Union offen
Faeser betonte, wie auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), die Regierung sei weiter offen für Gespräche mit der Union, der größten Oppositionsfraktion im Bundestag. CDU/CSU hatten die Beratungen am Dienstag für beendet erklärt mit dem Argument, die Regierung sei zu weitreichenden Zurückweisungen an den deutschen Grenzen nicht bereit.
Faeser legte der Union einen Plan vor, nach dem es künftig an den Grenzen beschleunigte Asylverfahren geben soll und abgelehnte Bewerber dann schnell wieder abgeschoben werden sollen. Faeser will dieses Vorgehen nun ohne die Union weiter mit den Bundesländern besprechen. Ein Beschluss des Bundestages dafür ist nicht erforderlich.
Grenzkontrollen für sechs Monate
Zudem hat die Ministerin Kontrollen an allen deutschen Grenzen angeordnet, die ab kommendem Montag zunächst für sechs Monate gelten sollen. Diese Kontrollen sollen allerdings nur stichprobenartig durchgeführt werden. Der Pendlerverkehr sowie die Wirtschaft sollen möglichst wenig beeinträchtigt werden, wie Faeser betont.
In Solingen hatte ein Angreifer bei einem Stadtfest am 23. August drei Menschen erstochen, mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer. Der Mann hatte Verbindungen zu muslimischen Extremisten. Nach den Dublin-Regelungen der Europäischen Union war der mutmaßliche Täter ausreisepflichtig. Er hatte in Bulgarien erstmals EU-Gebiet betreten und hätte dort sein Asylverfahren durchlaufen müssen. Bulgarien war bereit, den Mann zurückzunehmen. Die Rückführung scheiterte dann aber an Versäumnissen deutscher Behörden.
Quelle: dpa
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