Sylt, Amrum und Föhr: Ärger wegen illegaler Ferienwohnungen

    Ärger auf Sylt, Amrum und Föhr:Warum Ferienwohnungen dicht machen müssen

    von Cornelia Donath
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    Jahrzehntelang boomte das Geschäft mit Ferienunterkünften auf den nordfriesischen Inseln. Jetzt kommt raus: Tausende dürften überhaupt nicht an Gäste vermietet werden.

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    Noch ist das Ausmaß unklar, aber bis zu 50 Prozent der Ferienwohnungen auf den nordfriesischen Inseln könnten illegal sein. Allein auf Sylt wären das über 5.000, auf Föhr etwa 1.500. Burkhard Jansen vom Kreisbauamt Nordfriesland geht die Sache jetzt systematisch an. Seit seine Behörde zwei zusätzliche Mitarbeiter bekam, werden in Husum Aktenberge gewälzt.

    Sylt: Bislang rund 50 Verbote für Ferienwohnungen

    Auch ein Blick auf die Vermietungsportale im Internet hilft. Wo liegen Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten? Wo also sind sie laut Bebauungsplan nicht erlaubt? Wo ist der Spitzboden eines uralten Reetdachhauses möglicherweise wunderschön ausgebaut, nur leider ohne vernünftigen Fluchtweg oder Brandschutz? Wo haben Garagen auf einmal Gardinen? Wer illegal vermietet, bekommt Post vom Amt - und die Nutzung untersagt. Auf Sylt ist das bislang etwa 50 Mal so geschehen.
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    "Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist hochproblematisch, etliche Wohnungen sind in den letzten Jahren zu Ferienunterkünften umgewandelt worden, für die es keine Genehmigungen gibt", sagt Burkhard Jansen.

    Das sorgt für Spannungen. Immer mehr Menschen finden keinen Wohnraum.

    Burkhard Jansen, Leiter Kreisbauamt Nordfriesland

    Wohnraum auf Sylt und Co. wird knapp

    Jahrzehntelang hat sich auf den Inseln niemand dafür interessiert, wer was wann wo an wen vermietete. Alle waren zufrieden, Gäste wie Vermieter. Renten wurden so aufgebessert, um beim teuren Inselleben mithalten zu können. Häuserfinanzierungen durch die kleine abgetrennte Ferienwohnung überhaupt erst möglich. Doch auch immer mehr Bestandswohnraum ging für die Einheimischen verloren.
    Etwa weil Erbengemeinschaften großer alter Häuser sich nicht auszahlen können. Der Verkauf an Fremde, die daraus lukrative Anlageobjekte machen, bleibt dann oft die einzige Möglichkeit. Dazu kommt: Viele Neubauten gingen ausschließlich als Zweit- oder Ferienwohnungen auf den Markt, weil sie für Einheimische oder die dringend benötigten Fachkräfte unerschwinglich sind.
    Auf dem Bild ist Amrum aus der Vogelperspektive zu sehen.
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    Auf Sylt etwa gibt es Gegenden mit 90 Prozent Ferienwohnungen. "Das hat sich nicht erst in den letzten fünf, sondern in den letzten 50 Jahren so entwickelt. Und das wird man auch nicht mehr so einfach rückgängig machen können", sagt Carsten Kerkamm, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Sylt. Zumal die Inseln vom Tourismus lebten.

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    Auch auf Föhr ist man alarmiert. Agentur-Besitzer, die mit ihren knapp 260 Mitarbeitern vom Geschäft mit der Vermietung leben, Unternehmer und Gastronomen haben einen Brandbrief an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) geschrieben. Ihre Sorge: In den Sommermonaten sei die Insel zu 100 Prozent belegt. Wenn tausende Ferienwohnungen wegfielen, blieben auch die Touristen weg.
    Die Folge wäre ein Verlust in Höhe von jährlich neun Millionen Euro allein bei Vermietung und Kurabgaben. Weder Mitarbeiter noch Mieten könnten dann noch bezahlt werden. "Geschäfte in der Fußgängerzone stehen jetzt schon leer", so Robert Weber, Vorsitzender von Föhr Tourismus Agenturen e.V.

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    Nordfrieslands Gemeinden: Überprüfung der Bebauungspläne braucht Zeit

    Vor allem das Tempo, mit dem Kreisbauamtsleiter Jansen vorgeht, stößt ihnen auf. Die Stilllegung der Ferienwohnungen verfügt das Amt direkt. Für die Gemeinden auf den Inseln aber geht die Arbeit jetzt erst los. "Die Bebauungspläne lagen 30 Jahre und länger ganz unten in den Schubladen. Die müssen jetzt alle angeguckt und überarbeitet werden. Das dauert", sagt Hark Riewerts, Bürgermeister von Oldsum auf Föhr.

    Da ist zu wenig geschehen in all den Jahren, den Schuh müssen wir uns anziehen.

    Hark Riewerts, Bürgermeister Oldsum

    Jetzt müsse alles auf den Prüfstand. Wo lassen sich die Bebauungspläne ändern, so dass bestehende Ferienwohnungen nachträglich genehmigt werden können? Wo geht das definitiv nicht? "Wir gehen das jetzt an, aber wir brauchen dafür Zeit. Ich bitte um Ruhe und Geduld", sagt Riewerts.
    Kreisbauamtsleiter Jansen rechnet damit, dass es rund zehn Jahre dauert, bis alles seine Ordnung haben wird. Ihm ist klar, für die Gemeinden ist das eine Mammutaufgabe. Die sie aber angehen müssen. Damit die Touristen auch in Zukunft noch auf Einheimische treffen, wenn sie nach Sylt, Föhr oder Amrum kommen, um die Schönheit der Inseln zu genießen.

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