Fachkräftemangel:Wie Arztpraxen den Kollaps verhindern wollen
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Die Arztpraxen kommen nicht hinterher, es fehlt medizinisches Fachpersonal - lange Wartezeiten für Patienten sind die Folge. Was die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer fordert.
Den Arztpraxen in Deutschland laufen die medizinischen Fachangestellten (MFA) davon. Woran das liegt und welche Lösungen sich Arztpraxen wünschen, erklärt Dr. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer im ZDF-Mittagsmagazin.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Dr. Ellen Lundershausen ...
...zur Überlastung der Praxen
In ihrer HNO-Praxis in Erfurst arbeiten laut Lundershausen zwei bzw. drei Ärztinnen und eingespieltes Fachpersonal. Den Patientenansturm können sie und ihr Team dennoch kaum bewältigen.
"Wir arbeiten sehr viel, haben ein großes Patientenaufkommen am Tag – so 100 bis 120 Patienten", sagt Lundershausen. Mit Blick auf die Entwicklung des Gesundheitssystems führe das bei Ärzten oder medizinischen Fachangestellten "zu einem hohen Grad an Selbstausbeutung, zu einem hohen Belastungsgrad".
...zu den Gründen für den Fachkräftemangel in den Arztpraxen
"Man muss ehrlicherweise sagen, dass wir überall in Deutschland in kleinen und mittleren Unternehmen den Fachkräftemangel haben", so Lundershausen. Dennoch seien die Arztpraxen ein besonderer Fall.
Medizinische Fachangestellte würden über die Landesärztekammern bei den Ärzten ausgebildet und eine Prüfung ablegen. In den vergangenen Jahren seien die MFA dann aber von anderen Gesundheitseinrichtungen abgeworben worden, "weil die finanziellen Möglichkeiten eines großen Krankenhausträgers unter Umständen besser sind als in einer Arztpraxis".
Finanziell sah es demnach bei den niedergelassenen Ärzten vergleichsweise mau aus: "Wir haben in den letzten Jahren keinen Inflationsausgleich und keine Zuschläge für unsere medizinischen Fachangestellten bekommen – ganz zu schweigen von den Energiekosten", so Lundershausen. "Wir schultern das mit dem, was wir selber erarbeiten."
...zu den politischen Forderungen der Ärzte
Die Ärzte forderten eine Entbudgetisierung, so Lunderhausen. Das heißt: Untersuchungen und Behandlungen sollen in voller Höhe vergütet werden. Bisher sei das anders:
...zur Finanzierung einer Entbudgetisierung
"Da ist der Fantasie keine Grenze gesetzt", so Lundershausen. "Es gibt eine Reihe von versicherungsfremden Leistungen, die aus dem Pool der gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden." Vorschläge für alternative Lösungen habe man Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) "schon lange gemacht".
Auch über Zuschüsse durch Steuergelder müsse man nachdenken, so die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer.