Ampel-Schweigen: Keiner traut sich ran an den Klimaschutz

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    Ampel-Schweigen:Keiner traut sich ran an den Klimaschutz

    Patricia Wiedemeyer
    von Patricia Wiedemeyer
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    Dieser Sommer zeigt: Der Klimawandel führt zu verheerenden Schäden. Doch Politiker aller Parteien schweigen und tun so, als gäbe es noch ganz viel Zeit.

    Annalena Baerbockund Olaf Scholz
    Was kann die Ampel-Regierung in Sachen Klimaschutz noch erreichen?
    Quelle: epa

    Auch wenn es bei uns in Deutschland derzeit relativ kühl ist und vor allem regnet, wir um einen richtigen Sommer betrogen werden: Im Süden Europas verderben Waldbrände und teils unerträgliche Hitze den Einheimischen ihre Lebensgrundlage - und Reisenden den Urlaub.
    Keine Frage, der Klimawandel lässt sich nicht mehr leugnen: Der Juli war global der wohl heißeste Monat seit Beginn der Temperaturmessungen.
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    Politik hätte Chance für Erklärungen

    Doch die Bereitschaft etwas für den Klimaschutz zu tun, womöglich gar zu verzichten und den Lebensstil zu ändern, sinkt. Es wird gereist wie selten zuvor und die Autos werden immer größer.
    Dabei wäre es doch angesichts der Bilder aus Rhodos, angesichts brennender Wälder, flüchtender Touristen, Starkregen, Eisschollen und Überschwemmungen in Oberitalien höchste Zeit umzusteuern. Es wäre eine Chance für die Politik, den Bürgern zu erklären, warum zum Beispiel ein sogenanntes Heizungsgesetz nötig ist.
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    Schweigen statt Dialog bei Klima

    Gerade jetzt, in diesem so merkwürdigen Sommer, wäre es doch vor allem für die Grünen die Gelegenheit, ihre Klimapolitik zu erklären. Nach dem Motto: Seht her, genau deswegen machen wir das alles, deswegen setzen wir auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, auf die Abkehr von fossilen Brennstoffen, im Verkehr und beim Heizen, um genau solche Zustände hier bei uns zu verhindern oder wenigstens noch abzumildern.
    Doch in Berlin herrscht Schweigen. Nicht eine Stimme ist derzeit zu vernehmen, alle sind in der Sommerpause oder arbeiten sich am Thema AfD ab. Weder Regierung noch die Opposition machen Vorschläge für einen weiteren Klimaschutz. Ganz im Gegenteil, man erweckt den Eindruck, als habe man noch etwas Zeit.

    Angst vor Wählerinnen und Wählern

    Zu erklären ist dies nur mit der Angst vor den Wählerinnen und Wählern, die einfach genug haben von Veränderung, nach Corona, Ukraine-Krieg, Inflation einfach nicht mehr gewillt sind, schon wieder Neuerungen oder sogar Einschnitte hinzunehmen.
    Oder die vielleicht auch denken, es ist eh zu spät, und alleine können wir doch nichts ausrichten, wir alleine können die Welt nicht retten.
    Habeck Klimawandel Gesetze
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    Klimaschutz ja, aber auf Staatskosten

    Eine gerade veröffentlichte Umfrage des Umweltbundesamtes bestätigt dies: Demzufolge ist für die Mehrheit der Befragten, für 80 Prozent, Umwelt- und Klimaschutz immer noch wichtig, allerdings nur, wenn zum Beispiel der ökologische Umbau der Wirtschaft sozialverträglich erfolgt. Das heißt im Klartext: Klimaschutz ja, aber bitte nicht auf meine Kosten, der Staat soll es richten und zahlen.
    Genau das war eines der Probleme beim Heizungsgesetz, der soziale Ausgleich und die finanzielle Förderung, sie war im ersten Entwurf gar nicht dabei, erst nach heftiger Kritik wurde es dann nachgebessert. So nimmt man die Bürger nicht mit beim Klimaschutz.
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    Wie Eigentümer und Energieberater auf das verschobene Heizungsgesetz reagieren:

    Derzeitige Klimamaßnahmen reichen nicht

    Aber auch diese Botschaft gibt es vom Chef des Umweltbundesamtes, Dirk Messner: Wenn es nicht auch im Verkehrs- und Gebäudebereich Einsparungen gibt, dann wird das nichts mit der Energiewende. Dabei wäre es dringend nötig, beim Klimaschutz mehr zu tun, voranzugehen, denn die selbst gesetzten Klimaziele Deutschlands sind mit den derzeitigen Maßnahmen nicht mehr erreichbar.
    Doch dazu braucht es Mut und die Kunst, die Bürger mitzunehmen, ihnen die Politik besser zu erklären, ohne den Eindruck zu erwecken, man wolle alles, was Spaß macht, verbieten.
    Diese Chance wäre derzeit da, angesichts des nicht mehr zu übersehenden Klimawandels mit all seinen Konsequenzen, doch keiner in Berlin traut sich, schweigt lieber und genießt die Sommerpause.

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