Letzte Generation: Das will die Gruppe beim Protest ändern

    Neue Protestform:Das will die "Letzte Generation" nun ändern

    Henriette de Maizière, Redakteurin im ZDF-Landesstudio Berlin.
    von Henriette de Maizière
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    Vor dem Schloss Bellevue haben Aktivisten der "Letzten Generation" ihr weiteres Vorgehen erklärt. Gegenüber ZDFheute erklärt Sprecherin Carla Hinrichs die Hintergründe.

    Eine Pressekonferenz der "Letzten Generation" heute vor dem Schloss Bellevue.
    Eine Pressekonferenz von der sogenannten Letzten Generation heute vor dem Schloss Bellevue.
    Quelle: dpa

    Nachdem es in den vergangenen Monaten ruhiger geworden war um die Aktivistengruppe "Letzte Generation", hat sie heute ihr neues Konzept vorgestellt. Wenig konkret und seltsam zahm wirkt die neue Strategie. Man habe nach Wegen gesucht, bei denen alle mitmachen und so widerständig sind, wie sie können, heißt es.

    "Letzte Generation" kündigt "Ungehorsamen-Versammlungen" an

    Zuletzt hatte die Gruppe durch teils strafrechtlich relevante Aktionen von sich reden gemacht, etwa durch die Blockade von Autofahrerinnen und Autofahrern. Nun soll es ab Samstag, den 16. März, deutschlandweit in verschiedenen Städten "Ungehorsamen-Versammlungen" geben, wie sie es nennen.
    Klimaaktivisten der "Letzten Generation" in Berlin bei einer Blockade der Straße des 17. Juni.
    Im Oktober hatten Anhänger der "Letzten Generation" die Straße des 17. Juni vor dem Brandenburger Tor blockiert. Die Aktivisten sprachen von dem bisher größten Protest.28.10.2023 | 0:19 min
    Schon heute hat die "Letzte Generation" eine Erklärung an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verfasst. In ihr heißt es: "Wir stehen an einem entscheidenden Punkt in der Geschichte unserer Gesellschaft."

    Viele Menschen in Deutschland spüren deutlicher denn je, dass die Zeiten unruhiger werden. Die Ängste vor finanzieller Armut, sozialem Abstieg, Kriegen und der Klimakatastrophe sind allgegenwärtig.

    "Letzte Generation"

    Klimakleber beschmieren Wahrzeichen
    Die Klimaschutzgruppe beschmierte zudem Wahrzeichen in Berlin, unter anderem das Kanzleramt.01.11.2023 | 1:58 min
    Worum es bei den neuen Protestformen geht und was die Gruppe noch fordert, das erklärt Sprecherin Carla Hinrichs im Gespräch mit ZDFheute.

    Carla Hinrichs, Klimaaktivisten und Sprecherin der Letzten Generation
    Quelle: dpa

    ... Mitglied der sogenannten "Letzten Generation" und eine Sprecherin der Gruppe. Die "Letzte Generation" erklärt, dass man sich im Klimanotfall befinde und fordert vor dem Hintergrund des Klimawandels mehr Klimaschutz. Im Gegensatz zu "Fridays for Future" beschränkten sich die Akteure zur Durchsetzung ihrer Ziele zuletzt nicht auf legale Mittel wie Streiks. Sie blockierten Straßen oder verunreinigten Kulturgüter.

    ZDFheute: Die "Letzte Generation" kündigt einen Wechsel bei der Protestform an: Was wird jetzt anders?
    Carla Hinrichs: Wir haben uns entschieden, Leute nochmal neu einzuladen. Dass Menschen also dazukommen können, indem wir unsere Protestformen angepasst haben. Wir gehen jetzt nicht mehr in vielen kleinen Straßenblockaden auf die Straße, sondern wir sagen jetzt:

    Okay, wir treffen uns, sind zusammen an einem Ort, der unterbricht, der stört - aber wo alle mitmachen können.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Wo man auf dem Bürgersteig mit seinem Kind ein Bobbycar-Rennen veranstalten kann. Wo man eine Maske von Bundesminister Wissing trägt. Oder wo man auf der Straße sitzt und sagt:

    Ich bleibe auch ungehorsam hier, selbst wenn die Polizei das nicht so gerne hätte. 

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Letzte Generation Ungehorsame Versammlungen
    ZDFheute Infografik
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    ZDFheute: Ihre Gruppe hatte zuletzt große Kritik erfahren - beugt sich die "Letzte Generation" dem Druck von außen?
    Hinrichs: Ich würde das auf gar keinen Fall als "beugen" bezeichnen. Sondern als einen logischen nächsten Schritt, nochmal Menschen einzuladen.

    Wir können es uns gar nicht leisten, dass Menschen sich nicht positionieren in dieser Krisensituation.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Anders als die Bundesregierung, sind wir in der Lage, uns zu verwandeln und anzupassen, uns zu verändern.

    Wir gehen mit dem, was die Zeit in unseren Augen gerade braucht. Ungehorsam wird es aber bleiben! Es ist jetzt nicht weniger radikal.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Die Hand eines Aktivisten der Letzten Generation ist auf der Straße festgeklebt.
    Die Klimaschützer*innen der "Letzten Generation" spalten. Wie weit darf Protest gehen?20.06.2023 | 28:52 min
    ZDFheute: Mit der Erklärung an den Bundespräsident hofft Ihre Gruppe, dass er Sie unterstützt. Das hätte er aber doch schon längst tun können, wenn er gewollt hätte, oder?  
    Hinrichs: Wir hoffen, dass der Bundespräsident jetzt noch mal ganz konkret adressiert wird und dann auch wirklich seine Rolle einnimmt, die er eigentlich spielen müsste:

    Nämlich die politische Debatte darauf zu lenken, was es gerade braucht.  

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Host Salwa Houmsi mit Gästen
    Wird in Deutschland Politik von Alten für Alte gemacht? 28.02.2024 | 40:40 min
    ZDFheute: Neu ist auch, dass die "Letzte Generation" jetzt fürs EU-Parlament kandidieren will. Was ist da die Strategie hinter? 
    Hinrichs: Wir haben uns entschieden, unseren Protest in alle Bereiche unserer Gesellschaft zu tragen. Wir wissen, dass unser Protest irgendwann auch die Parlamente herausfordern muss, dass die dort das auch umsetzen müssen, was wir fordern. Und so haben wir uns gesagt:
      

    Okay, wir nehmen jetzt diese Rolle des Protests und die wollen wir auch im EU-Parlament einnehmen.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    ZDFheute: Als "Letzte Generation" spricht die Gruppe nun auch von "Ehrlichkeit" - was ist damit gemeint?
    Hinrichs: Ehrlichkeit bedeutet für uns wirklich auszusprechen, was hier gerade auf dem Spiel steht. Auch ehrlich auszusprechen, dass das nicht durch Reformen oder irgendwelche Technologien, die wir uns erträumen, geregelt werden wird. Sondern, dass es wirklich eine fundamentale Änderung braucht. 
    ZDFheute: Warum ist das Klima-Thema so aus dem politischen Fokus geraten?
    Hinrichs: Wir sehen, dass sich die Krisen gerade überschlagen. Und das natürlich in verschiedensten Formen wirklich Krisenverhältnisse auf uns einprasseln. In unserer Erklärung sagen wir ganz klar: "Wir müssen all diese Krisen zusammen denken und zusammen auch angehen." Und das große ganze Bild im Blick behalten.

    Was wir alle wollen, ist eine sichere Gesellschaft. Für uns, für unsere Kinder. Für eigentlich alle Menschen weltweit, die jetzt schon an den Folgen leiden.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Dementsprechend glaube ich, dass wir, wenn wir dieses große Bild sehen, dass wir dann auch wieder die Aufmerksamkeit darauf generieren können. Es war jetzt ein bisschen leiser um uns die letzten zwei Monate. Die Frage ist:

    Was für eine Rolle nehmen wir denn eigentlich in der Gesellschaft ein? Wir spielen plötzlich eine massive Rolle. Es ist so, dass wenn wir nicht mehr da sind, plötzlich die Gesellschaft vor der Klippe steht.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Henriette de Maizière ist Reporterin im Landesstudio Berlin.








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