Deutscher Beamtenbund: Personalkollaps "eigentlich schon da"

    Deutscher Beamtenbund:Personalkollaps "eigentlich schon da"

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    Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes warnt: Eigentlich ist der befürchtete Personalkollaps im Öffentlichen Dienst "schon da". Von der Politik fordert er Entbürokratisierung.

    Ulrich Silberbach
    Der Personalmangel ist im Öffentlichen Dienst gegenwärtig "und die Politik steuert nicht gegen", so der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes Ulrich Silberbach. 09.08.2023 | 3:51 min
    Mehrere Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes schlagen wegen eines drohenden Personalkollapses in den kommenden Jahren Alarm, darunter der Beamtenbund. Dessen Chef Ulrich Silberbach konkretisierte die Warnungen im ZDF Morgenmagazin: Eigentlich sei der Kollaps schon da, sagte er am Mittwoch.
    Gerade zum Start des neuen Schuljahres werde deutlich, dass zahlreiche Lehrkräfte und auch Erzieherinnen und Erzieher fehlen würden, so Silberbach. Der Personalmangel werde aber auch in Bürgerämtern oder bei der Strafverfolgung deutlich.

    Überall haben wir riesige Personallücken und die Politik steuert nicht gegen.

    Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes

    Silberbach: Stress und Burnout durch Personalmangel

    Unter dem schon jetzt herrschenden Personalmangel litten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, betont Silberbach. Sie berichteten von hohem Stress durch Arbeitsverdichtung - bis hin zum Burnout.
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    Einige "Kolleginnen und Kollegen" fragten sich auch deshalb, ob sie im Öffentlichen Dienst noch "den richtigen Arbeitgeber" hätten, sagt Silberbach. "Und das in einer Situation, in der wir jeden brauchen, das ist fatal", mahnt der Vorsitzende des Beamtenbundes.

    Öffentlicher Dienst findet keinen Nachwuchs

    Durch die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den kommenden Jahren in Rente gehen, werde die bestehende Lücke "immer größer".

    Wir tun uns wahnsinnig schwer, in Zeiten des Fachkräftemangels auch junge Leute zu akquirieren.

    Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes

    Der Öffentliche Dienst kämpfe mit "stumpfen Waffen": "Schlechtere Bezahlung, nicht hoch angesehenes Arbeitsumfeld" - diese Faktoren würden den Öffentlichen Dienst unattraktiv machen, so Silberbach.
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    Auch die Bundeswehr findet keinen Nachwuchs:

    Öffentlicher Dienst: Aggressionen nehmen zu

    Aufgrund des fehlenden Personals werde der Ton gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zudem immer rauer, sagt der Vorsitzende des Beamtenbundes. "Mittlerweile ist es nicht mehr nur das Wording, also die Ansprache", sagte Silberbach. "Mittlerweile gibt es auch Übergriffe, Gewalttaten - und das nicht nur bei der Polizei, sondern auch in Jobcentern, selbst in Schulen werden Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes angegriffen".
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    Digitalisierung und Entbürokratisierung gefordert

    "Der Arbeitgeber Öffentlicher Dienst muss attraktiver werden", fordert Ulrich Silberbach. "Und das nicht nur in der Bezahlung, er muss hinter den Menschen stehen." Die Politik beschließe Aufgaben für den Öffentlichen Dienst, würde diesen danach aber nicht weiter unterstützen. Der vorgeschlagene Lösungsansatz: Digitalisierung und Entbürokratisierung. In der Hinsicht passiere noch "viel zu wenig".

    Wir brauchen Entbürokratisierung, weil wir jetzt schon wissen, den auf uns zukommenden Personalmangel werden wir mit neuen Kräften nicht decken können. Also müssen wir uns von alten Aufgaben verabschieden.

    Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes

    Man müsse bei vielen Aufgaben hinterfragen: "Ist das gut oder kann das weg?". Silberbach sagt dazu: "Und das erwarten wir von der Politik. Das kann der Öffentliche Dienst nicht, die Politik muss entscheiden, an welchen Gesetzen sie ein Verfallsdatum dahinter schreibt.
    Am Dienstag hatten mehrere Gewerkschaften vor einem "Personalkollaps" gewarnt:

    Gewerkschaften schlagen Alarm
    :Öffentlicher Dienst vor "Personalkollaps"

    Ob bei der Bundespolizei oder im Klassenzimmer - Gewerkschaften warnen vor einem "Personalkollaps" im Öffentlichen Dienst. Bis 2030 gehen etwa 1,3 Millionen Beschäftigte in Rente.
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    Quelle: ZDF

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