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Exklusiv
Influencer gegen Israel :Tarek Baé und sein islamistisches Netzwerk
von Ninve Ermagan
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Wenn es um den Nahost-Konflikt geht, ist Tarek Baé eine der einflussreichsten deutsch-muslimischen Stimmen. Doch der Influencer unterhält Verbindungen zu islamistischen Kreisen.
Tarek Baé informiert seine über 300.000 Follower regelmäßig über den Nahost-Konflikt.
Quelle: instagram.com/tarek_bae
Tarek Baé ist derzeit der wohl bekannteste deutsch-muslimische Polit-Influencer. Auf Instagram folgen ihm über 300.000 Accounts. Seine Beiträge befassen sich mit Rassismus und dem muslimischen Alltagsleben. Zurzeit dreht sich aber fast alles um den Nahost-Konflikt.
Israel wirft er "Apartheid" und einen "Genozid" am palästinensischen Volk vor. "Israel ist ein rassistisches System", betont Baé immer wieder und postet Videos, die das Leid in Gaza aufzeigen. Die Verbrechen der Hamas finden kaum Beachtung. Doch seit Jahren unterhält Baé Verbindungen zu islamistischen und türkisch-rechtsextremen Gruppierungen.
Tarek Baés Reaktion auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober
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Wer ist der Influencer Tarek Baé?
Der studierte Medienwissenschaftler arbeitete laut eigenen Angaben von 2014 bis 2018 als Redakteur für die "Islamische Zeitung", Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, rechnet das Medium einer "modernen Kalifats-Bewegung" zu. Sie verbinde eine "Mischung aus Antikapitalismus, auch deutlich antisemitischen Tönen" und "Anti-Imperialismus".
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Auch im Umfeld der türkischen Regierungspartei AKP und in türkisch-rechtsextremen Organisationen scheint sich Baé wohlzufühlen. Zeitweise arbeitete er nach eigenen Angaben für die AKP-nahe Seta-Stiftung. Der Stiftung wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, Erdogan-Kritiker zu denunzieren. Auch danach pflegte Baé weiter Kontakte zu AKP-Politikern und Ditib-Funktionären.
Als Redner trat er mehrfach beim türkischen Islamverband Atib auf. Der Verband ist Mitglied im Zentralrat der Muslime und wird vom Verfassungsschutz den rechtsextremen türkischen "Grauen Wölfen" zugerechnet. Eine Anfrage von ZDFheute zu einem Vortrag von Baé ließ Atib Bielefeld unbeantwortet.
Kontakte zu Milli Görüs, Ditib und Atib
Auch zum Präsidenten der Islamischen Föderation Berlin unterhält Baé Kontakte - in diesem Dachverband sind auch die Moscheen der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs" (IGMG) Mitglied. In der Vergangenheit versuchte der Influencer Organisationen wie Ditib, Milli Görüs und Atib über seine Profile in den sozialen Medien positiv darzustellen - besonders wenn es um deren Hilfsbereitschaft nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ging.
Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) gehört zu den einflussreichsten islamischen Organisationen in Deutschland. Laut des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland ist Milli Görüs sein "größtes Mitglied". IGMG hat nach Angaben deutscher Behörden sehr enge Bezüge zur Türkei. Dort wurde die gleichnamige islamische Bewegung in den 70er-Jahren von dem früheren türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan gegründet.
Die IGMG unterhält nach eigenen Angaben 518 Moscheen, davon 323 in Deutschland. Die Zahl der Mitglieder in Deutschland liegt bei etwa 33.000 Menschen, schätzt die Konrad-Adenauer-Stiftung.
Kerngedanken der Ideologie sind die Schlüsselbegriffe "Milli Görüs" ("Nationale Sicht") und "Adil Düzen" ("Gerechte Ordnung"). Laut dem baden-württembergischem Verfassungsschutz strebt die Bewegung eine "gerechte Ordnung" auf islamischem Fundament an, die langfristig alle anderen, als "nichtig" erachteten politischen Systeme ablösen soll.
Immer wieder in der Kritik steht das antisemitische Weltbild des Gründers von Milli Görüs, Necmettin Erbakan. Nach Erbakans Tod 2011 ging die IGMG zwar dazu über, den Bezug auf ihn zu vermeiden. Dennoch werden seine Ansichten offenbar noch immer von Teilen der Bewegung geteilt. 2022 hat die IGMG einen Imam wegen antisemitischer Aussagen in einem Instagram-Video entlassen. Der Verfassungsschutz bezeichnet Milli Görüs als legalistische islamistische Organisation. Laut des nordrhein-westfälischen Innenministeriums ist das Ziel der Bewegung "mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar".
Der Generalsekretär der IGMG, Ali Mete, hat den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober als "terroristischen Anschlag" verurteilt. "Wir lehnen jede Art von Gewalt ab", sagte Mete. Der Verband war in die Kritik geraten, weil er sich erst spät von den Anschlägen kritisiert hatte.
Wer unterstützte eine Reise Baés nach Syrien?
Ein Bild von 2017 zeigt Baé mit Mehmet Alparslan Celebi in Frankfurt am Main, der den rechtsextremen Grauen Wölfen nahestehen soll. In zahlreichen Tweets loben sie die Arbeit des jeweils anderen. Celebi ist in türkisch-nationalistischen Kreisen kein Unbekannter. Seine Eltern haben 1987 den Verband Atib gegründet; Mehmet Alparslan Celebi leitete im Jahr 2000 die Atib-Jugendorganisation und war zwischen 2006 und 2014 im Vorstand der Graue Wölfe nahestehenden Organisation. In einem Interview sagte Celebi: "Atib ist auf jeden Fall eine Ülkücü-Organisation" - wobei "Ülkücü" eine Selbstbezeichnung für die Grauen Wölfe ist.
Im Mai 2021 setzte Celebi in einem Tweet Israel mit dem NS-Regime gleich. Zu diesem Zeitpunkt war er der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Der Vorsitzende des ZMD erklärte daraufhin die Zusammenarbeit mit Celebi für "endgültig beendet."
Baés Kontakt zu Mehmet Alparslan Celebi
Doch Tarek Baé unterhält weiter Kontakt zu Celebi. Im Februar 2023 reiste Baé nach Syrien, um über humanitäre Projekte zu informieren. Auf Instagram erwähnte Baé damals auch die Organisation Infak e.V., die ihn dabei "unterstützt" habe. Zu diesem Zeitpunkt war nach eigenen Angaben auch Celebi für Infak e.V. in der Türkei im Einsatz. Auf seinem LinkedIn-Profil bezeichnete er sich sogar als Mitgründer der Organisation, rief dort zu Spenden auf und berichtete von Hilfsaktionen in der Region.
Auf ZDFheute-Anfrage hin bestreiten sowohl Celebi als auch Infak e.V., dass Celebi an der Gründung von Infak mitgewirkt habe. Auch Baés Reise nach Syrien sei "auf seine eigene Initiative" hin erfolgt. Die Reise wurde "von unserem Verein weder finanziell gefördert noch unterstützt", erklärt Infak e.V.
Verbindungen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft
Und Baé hat weitere problematische Verbindungen - etwa zu Gruppen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. 2018 postet er ein Foto seines Auftritts bei der Jahreskonferenz des Vereins "Deutsche Muslimische Gemeinschaft" (DMG). "Es war eine gelungene Veranstaltung und ich wünsche dem neuen Vorstand viel Erfolg!" schreibt er dort.
Die DMG gilt laut Bundesamt für Verfassungsschutz als die zentrale Organisation der Muslimbruderschaft in Deutschland. In einem Interview beklagte Baé, dass die Muslimbruderschaft "verzerrt" dargestellt werde.
Videos gegen Silvesterfeiern und Selbstbefriedigung
Bereits 2014 soll Baé im Netz unter dem Pseudonym "Tarek X" islamistische Inhalte verbreitet haben, darunter YouTube-Videos mit Titeln wie "Silvester ist haram" (Silvester ist verboten) oder "Gegen Selbstbefriedigung". Die Videos wurden zwischenzeitlich gelöscht.
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Die Videos sollen damals auch auf einer Facebook-Seite namens "Da3waYourSelf - Belehre Dich Selbst" veröffentlicht worden sein. Eine Recherche der "Welt" wirft Baé vor, Betreiber auch dieser Seite gewesen zu sein. Die Facebook-Seite veröffentlichte auch antisemitische Verschwörungstheorien und rief zum Kalifat auf. Auch diese Seite ist nicht mehr aufrufbar, ZDFheute liegen aber Screenshots der Inhalte vor.
In einer Karikatur durchtrennt etwa eine mit Israelflagge gekennzeichnete Schere einen symbolischen Handschlag zwischen Sunniten und Schiiten.
Eine antisemitische Karikatur der Seite "Dawa3YourSelf."
Quelle: Facebook
Wirken beim "European Muslim Forum"
Auch zum "European Muslim Forum" (EMF) soll Baé freundschaftliche Kontakte haben. Ende November 2018 zeigte sich Tarek Baé mit dem EMF-Präsidenten Abdul-Vakhed Niyazov bei einem Treffen vor einem Gebäude der Europäischen Kommission, die "Welt" berichtete über das Treffen.
Das 2018 gegründete "European Muslim Forum" gibt sich als neutrales Sprachrohr der europäischen Muslime. Der Islamismus-Experte Heiko Heinisch sieht auf Anfrage von ZDFheute Verbindungen zur Muslimbruderschaft. Der EMF-Präsident Abdul-Vakhed Niyazov gilt als ein Unterstützer der Präsidenten Erdogan und Putin und soll enge Kontakte zu rechtsextremen Kreisen in Russland und zum tschetschenischen Machthaber Ramzan Kadyrow haben. Auf Facebook feierte Niyazov das Sultanat Brunei für ein Gesetz zur Hinrichtung von Homosexuellen.
Vorwurf der Islamismus-Verharmlosung
Baé wollte sich im Rahmen der Recherche nicht zu seinen mutmaßlichen Kontakten äußern. Auf eine umfangreiche ZDF-Anfrage am 11. Dezember 2023 heißt es: "Aufgrund zahlreicher aktueller Morddrohungen nimmt Tarek Baé keine Anfragen an." Baé habe sich in seinem Buch bereits zu diesen Themen geäußert - tatsächlich wird dort jedoch auf die fraglichen Organisationen und Vorwürfe nicht explizit eingegangen.
Am 10. Januar 2024 erklärte er sich schließlich doch öffentlich zur Recherche des ZDF - und räumt viele der Kontakte ein. "Ich war für Workshops und Vorträge in diversen Moscheevereinen diverser Moscheeverbände", sagt er zu seinen Vorträgen bei Atib. Er bestätigte, hinter dem Pseudonym "Tarek X" gestanden, jedoch "nie islamistische Inhalte verbreitet“ zu haben.
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Der Islamwissenschaftler Ahmad Omeirate erklärt im ZDFheute Gespräch, dass der Influencer Baé nach seiner Beobachtung mit seinen Aktivitäten versuche, "islamistische Organisationen in ein positives Licht zu rücken" - und gleichzeitig bekannte säkulare Muslime wie Ahmad Mansour, Seyran Ates und Hamed Abdel-Samad abzuwerten und sie in Nähe der AfD zu rücken. Auf diese Weise versuche er, ihre Kritik an Islamismus, Ehrenmorden oder Zwangsheiraten zu delegitimieren, kritisiert Omeirate. In seiner Erklärung weist Tarek Baé, den Vorwurf der Verharmlosung von Ehrenmorden und Zwangsheiraten von sich.
Das Problem Islamismus redet Baé gezielt klein. In einem Interview betonte er, Begriffe wie "Islamismus" oder "politischer Islam" lehne er als "Kampfbegriffe" ab.
Vorwurf: Medien berichten "falsch über den Nahost-Konflikt"
Der Islamwissenschaftler Ahmad Omeirate kommt zu der Auffassung:
Ein Beispiel: Baé behauptet die Medien berichteten nicht über die in Gaza getöteten Journalisten. ZDFheute und andere große Medien haben das Thema jedoch wiederholt aufgegriffen.
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Ahmad Omeirate sieht eine Strategie dahinter: Baé versuche bewusst von "wir" und "die" zu sprechen, damit sich seine Social-Media-Community auch angesprochen fühle, so Omeirate. Und Baé ist offenbar erfolgreich mit seiner Strategie. 2021 gründete er mit "Itidal" ein eigenes Internetmedium, dass sich nach eigenen Angaben für "Mäßigung" und gegen "Panikmache" einsetzen will.
Auf einer Crowdfunding-Plattform wird Baé inzwischen von über 1.100 Personen mit Beträgen in unbekannter Höhe finanziell unterstützt. "Du bist einer der wenigen, die die Wahrheit schreiben", kommentiert eine Unterstützerin.
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