Die Ministerinnen Baerbock und Schulze haben Grundsätze für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik vorgestellt. Worum es dabei geht - und welche Kritik es daran gibt.
Außenministerin Baerbock und Entwicklungsministerin Schulze haben angekündigt, ihre Politik weltweit auf die Stärkung der Frauenrechte auszurichten. Was könnte das bewirken?
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch Grundsätze für eine stärker an den Rechten und Bedürfnissen von Frauen ausgerichtete Außen- und Entwicklungspolitik vorgestellt. "Wir rufen nicht eine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Anschluss an die Kabinettssitzung in Berlin.
Es werde umgesetzt, was im Grundgesetz und der Erklärung der Menschenrechte stehe. Feministische Außenpolitik solle sich künftig durch alle Bereiche außenpolitischen Handelns ziehen, sagte Baerbock. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ergänzte, bei der Bekämpfung von Hunger, Armut und Ungerechtigkeit könne man "auf die Hälfte des Potenzials - nämlich die Frauen - nicht verzichten".
Baerbock und Schulze mit Leitlinien für eine feministische Politik in ihren Ministerien.
Ziel: Vormachtstellung von Männern überwinden
Die feministische Außen- und Entwicklungspolitik zielt darauf, weltweit die Vormachtstellung von Männern zu überwinden und zu echter Gleichberechtigung zu kommen. Gestärkt werden sollen Frauen und Mädchen, weil sie der größte diskriminierte Teil der Weltbevölkerung sind, aber auch vielfach verfolgte Gruppen wie Urvölker oder auch homosexuelle und transidente Menschen.
Baerbock sprach auch von einem "Realfeminismus". Es gehe um einen pragmatischen Ansatz. Wenn die Hälfte der Gesellschaft weltweit aus Frauen besteht, müssten sie auch berücksichtigt werden. Die Strategie solle auch nach innen wirken. Baerbock sagte, dass nur 26 Prozent der deutschen Botschaften von Frauen geleitet würden. Dort gebe es "also viel Luft nach oben".
-
-
-
-
-
-
-
Schulze: Förderung von Gleichstellung
Schulzes Strategie zur Entwicklungspolitik zielt darauf ab, Frauen und marginalisierte Gruppen stärker zu repräsentieren und ihnen Zugang zu Bildung, sozialer Sicherung, Gesundheitsdiensten sowie menschenwürdiger Arbeit zu ermöglichen.
Bei der geplanten Absicherung für arme Menschen gegen Klimarisiken sollten wiederum Alter, Geschlechtsidentität, Behinderungen und rechtlicher Status berücksichtigt werden. Indigene Völker und lokale Gemeinschaften will das Ministerium gezielt stärken.
Die CDU-Abgeordnete Güler begrüßt die neuen Leitlinien von SPD und Grünen für eine feministische Außenpolitik, zweifelt aber, "ob das tatsächlich in der Realpolitik aufgeht".
Kritik an Konzepten von Union und FDP
FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte dem digitalen Medienhaus "Table.Media": "Ich halte wenig vom Konzept der feministischen Außenpolitik, weil es weniger darauf abzielt, diplomatische Verbesserungen zu erwirken als auf die emotionale Befriedigung innenpolitischer Akteure."
Auch aus der Union kommt Kritik. Unions-Außenexperte Jürgen Hardt (CDU) hielt Baerbock angesichts ihrer neuen Leitlinien zu zögerliches Verhalten gegenüber dem Iran vor. "Mit einer umgehenden und unmissverständlichen Positionierung an der Seite der protestierenden Frauen im Iran hätte die Bundesregierung zeigen können, was feministische Außenpolitik in der Praxis bedeutet."
Menschenrechtsverletzungen, Hinrichtungen: Die Situation im Iran spitzt sich immer weiter zu. Das Ausland schaut hilflos zu, auch Deutschland.
Linken-Chefin: "Ampel" macht keine feministische Außenpolitik
Linken-Chefin Janine Wissler zweifelt am Anspruch der Ampel-Regierung, feministische Außenpolitik zu betreiben. Waffenexporte nach Saudi-Arabien oder Flüssiggasgeschäfte mit Katar seien "kein Ausdruck feministischer oder wertebasierter Außenpolitik", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Mittwoch.
Hilfsorganisationen begrüßen Strategien
Hilfswerke und Entwicklungsorganisationen begrüßen die feministischen Strategien.
"Dann profitieren ihre Familien, Gemeinden und die ganze Gesellschaft", so die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin weiter. Pruin betonte, dass die Zivilgesellschaft, auch aus dem Globalen Süden, an der Erarbeitung der Strategie beteiligt worden sei. Dieser Dialog müsse "intensiv fortgesetzt" werden.