Gedenken an 20. Juli 1944: Pistorius mahnt Politik

    Gedenken an 20. Juli 1944:Pistorius liest eigener Koalition die Leviten

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Was sagt uns heute noch der 20. Juli 1944? Für Bundesverteidigungsminister Pistorius ist der Widerstand gegen das NS-Regime ein Vorbild. Auch für die eigene Ampel-Koalition.

     Bundesminister der Verteidigung, nimmt am Nationalen Gedenktag an den Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft im Ehrenhof des Bendlerblocks teil.
    Zum Jahrestag des gescheiterten Hitler-Attentates hat Verteidigungsminister Boris Pistorius eine wehrhafte Demokratie angemahnt. Sicherheit und Freiheit stünden stark unter Druck.20.07.2023 | 0:23 min
    Das Gedenken an das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler 1944 und die Ermordung der Widerstandskämpfer noch in derselben Nacht war lange eher ein Pflichttermin in der Sommerpause des politischen Berlins. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im vorigen Jahr und seitdem an der Demokratie Fliehkräfte zerren, ist das anders.
    Wohl selten war in den Reden so häufig von Verantwortung die Rede wie dieses Jahr bei der Feierstunde im Bendlerblock des heutigen Verteidigungsministeriums, wo die Widerstandskämpfer hingerichtet wurden. Die Rede von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wurde zur Mahnung an die eigene Bundesregierung.

    • Der 20. Juli 1944 ist ein Symbol des militärischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. An diesem Tag versuchte der 36-jährige Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Adolf Hitler mit einer Bombe zu töten. Nach dem Tod des Diktators sollte mit den Westalliierten über ein Ende des Zweiten Weltkrieges verhandelt werden.
    • Stauffenberg stellte im ostpreußischen Führerhauptquartier "Wolfsschanze" eine Aktentasche mit einer Zeitbombe ab und flog nach Berlin zurück. Bei der Explosion starben fünf von 24 Anwesenden, Hitler wurde nur leicht verletzt. Von Hitlers Tod überzeugt, setzte Stauffenberg in Berlin die "Operation Walküre" in Gang. Sie war ursprünglich ein Plan der Wehrmacht zur Unterdrückung eines möglichen Aufstandes im Krieg, der von den Offizieren umfunktioniert wurde.
    • Am späten Abend des 20. Juli wurde klar, dass der Anschlag gescheitert war. Noch in der Nacht wurden Stauffenberg und weitere Beteiligte in Berlin im Bendlerblock - damals Sitz des Heeresamtes und heute des Bundesverteidigungsministeriums - hingerichtet. Insgesamt fielen rund 200 Mitverschwörer der Nazi-Justiz zum Opfer.
    • Seit 1999 erinnert die Bundeswehr am 20. Juli mit einem Gelöbnis an den Widerstand der Offiziere gegen Hitler. Ihr Streben nach Frieden und für Menschenrechte soll als Traditionslinie für die Bundeswehr bewahrt werden.

    Quelle: dpa

    Pistorius: Betroffenheit reicht nicht

    Pistorius beklagte, Hetze und Gewalt nähmen inzwischen "demokratiegefährdende Ausmaße" an. Vor allem da, wo Menschen sich nicht mehr trauten, ein Mandat oder ein Ehrenamt anzunehmen. Das seien "laute, deutlichen Alarmsignale". Es entstünden "Kipppunkte" in der Gesellschaft, "in denen Wut, Ausgrenzung und Gewalt als politische Mittel salonfähig" würden.

    Uns darf das alles nicht nur betroffen machen, das reicht nicht.

    Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister

    Ein Mittel sei der wehrhafte Staat, so der SPD-Politiker. Und: "Wir müssen Antworten finden." Warum schwinde das Vertrauen der Menschen in die Institutionen des Staates? Laut Pistorius geht es so:

    Vertrauen entsteht, wenn es der Politik gelingt, die Menschen mit ihren Nöten, Bedürfnissen und Fragen ernst zu nehmen. Und sie bei politischen Entscheidungen mitzunehmen. Durch Kommunikation, durch Zuhören, durch konkrete, verständliche und wirksame politische Entscheidungen.

    Boris Pistorius (SPD)

    Dazu sei auch eine "klare Sprache" erforderlich. Die Wehrhaftigkeit der Demokratie entstehe nicht nur, wenn starke Sicherheitsbehörden den Rechtsstaat durchsetzten. Sondern wenn jede und jeder für die demokratischen Werte in der Gesellschaft eintrete.
    Das Gedenken an die Widerstandskämpfer sei deswegen laut Pistorius auch "kein Selbstzweck". Es gehe darum, dass "wir auch in der Gegenwart achtsam und wehrhaft sind und es bleiben werden".
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    Wegner: Mahnung, Verantwortung zu übernehmen

    Auch für Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bleibt das Gedenken bis heute aktuell. Die Frauen und Männer des Widerstands "lehren uns, dass es immer eine Wahl gibt". Eine Wahl, gegen Extremismus, Menschenfeindlichkeit oder Rassismus aufzustehen. "Sie mahnen uns, selbst Verantwortung zu übernehmen."  Robert von Steinau-Steinrück, Vorsitzender der Stiftung 20. Juli 1944, erinnerte daran, dass für den Rechtsstaat "wir alle verantwortlich" sind.
    Am Abend haben 400 Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr ein öffentliches Gelöbnis abgelegt. Damit soll deutlich werden, sagte Pistorius bei seiner Rede am Mittag, dass die Bundeswehr "in der Mitte der Gesellschaft steht und Respekt und Anerkennung verdient". Er wolle sich "in den nächsten Monaten und Jahren darum bemühen", dass Gelöbnisse öfter öffentlich abgehalten würden. Das hatten auch seine Amtsvorgänger stets gefordert.
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