Griechenland: Mitsotakis gewinnt Wahlen - Neuwahlen absehbar

    Wahlen in Griechenland:Mitsotakis gewinnt - Neuwahlen wahrscheinlich

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    Die Parlamentswahl in Griechenland hat die Regierungspartei um Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis klar gewonnen. Dennoch müssen die Menschen wohl in Kürze erneut zur Wahlurne.

    Der griechische Ministerpräsident wurde Wahlsieger in Griechenland, dennoch strebt er nun Neuwahlen an.
    Der griechische Ministerpräsident Mitsotakis strebt trotz seines Wahlsiegs Neuwahlen an. Durch eine Besonderheit beim Wahlrecht könnte er so zusätzliche Parlamentssitze gewinnen. 22.05.2023 | 1:40 min
    Trotz eines hohen Siegs der konservativen Regierungspartei bei der Parlamentswahl steht Griechenland gleich wieder vor einer Neuwahl. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis berief sich nach seinem Erfolg am Sonntagabend in Athen dabei auf einen klaren Auftrag der Wähler.

    Mitsotakis schließt Koalitionsbildung aus

    Seine Partei Nea Dimokratia (ND) lag nach Auszählung fast aller Stimmen bei etwa 40,8 Prozent - ein Plus von etwa einem Prozentpunkt im Vergleich zur Wahl 2019. Wegen Änderungen im griechischen Wahlrecht müsste die bislang allein regierende ND nun jedoch eine Koalition eingehen. Mitsotakis schloss ein Bündnis mit anderen Parteien aber aus, so dass es wahrscheinlich zu einer Neuwahl kommt.

    Dass wir allein regieren, ist der einzige Weg, die Reformen umzusetzen, die wir planen und die das Land auch braucht.

    Kyriakos Mitsotakis

    Eine handlungsfähige Regierung könne es nicht mit unsicheren parlamentarischen Kombinationen und politischem Feilschen geben. Beides führe in die Sackgasse. Mitsotakis ließ durchblicken, dass die Neuwahl bereits im nächsten Monat stattfinden könnte.
    Kyriakos Mitsotakis
    Der griechische Ministerpräsident schließt eine Koalition aus. Andreas Postel berichtet aus Athen, warum Mitsotakis keine Koalitionspartner möchte. 22.05.2023 | 0:52 min
    Eine Einschätzung von ZDF-Korrespondent Andreas Postel:
    Mitsotakis erklärte, dass die Wähler die Fortschritte anerkannt hätten, die Griechenland in den vergangenen vier Jahren unter der Nea Dimokratia gemacht habe. "Und sie fordern, dass wir noch schneller und mit mutigen Reformen vorangehen." Es gelte, den verlorenen Boden gutzumachen, der Griechenland von den anderen EU-Ländern trenne, sagte Mitsotakis.

    Mitsotakis erhält dreitägiges Sondierungsmandat

    Mitsotakis erhielt am Montagmittag von Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaropoulou formell ein dreitägiges Sondierungsmandat zur Regierungsbildung, wie das Staatsfernsehen berichtete. "Es besteht keine Möglichkeit für eine Koalition. Ich werde das Mandat heute schon zurückgeben", sagte er bei dem Treffen. Stattdessen wird er die Chefs der zweit- und drittstärksten Partei kontaktieren und ihnen vorschlagen, ihre Sondierungsmandate ebenfalls zurückzugeben, damit Neuwahlen so schnell wie möglich stattfinden können.
    Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind sowohl Alexis Tsipras von der Linkspartei Syriza (20 Prozent) als auch Nikos Androulakis von der sozialdemokratischen Pasok (11,5 Prozent) dazu bereit. Dann könnten die Neuwahlen am 25. Juni stattfinden, schätzten Experten im Staatsfernsehen.

    Postel: Mitsotakis hat Griechenland wieder "Stolz auf internationaler Bühne" verschaffen

    Auch ZDF-Korrespondent Andreas Postel sprach von "Ende Juni" als möglichen Zeitraum für Neuwahlen. Nach der schwierigen Zeit der Staatsschuldenskrise, Corona, der Energiekrise und der Inflation habe es "Mitsotakis geschafft, dass Griechenland ein Bruttoinlandsprodukt hat, was deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt", erklärt ZDF-Korrespondent Postel.

    Er hat die Arbeitslosigkeit fast halbiert.

    Andreas Postel, ZDF-Korrespondent

    Mit Maßnahmen, wie der ersten Rentenerhöhung seit sieben Jahren und der Anhebung des Mindestlohns, habe er Wähler übezeugen können, so Postel. Außerdem würden viele ihm "hoch anrechnen", dass er Griechenland wieder "Stolz auf internationalen Bühne" verschaffen habe.

    Verluste für Tsipras-Partei

    Die Linkspartei Syriza des einstigen Regierungschefs Alexis Tsipras musste schwere Verluste hinnehmen: Sie blieb mit etwa 20 Prozent zwar stärkste Oppositionspartei, büßte aber mehr als zehn Punkte ein. Chancen auf die alleinige Macht nach einer weiteren Wahl haben die Konservativen wegen einer Besonderheit im Wahlrecht des EU- und Nato-Landes. Bei der aktuellen Wahl galt das einfache Verhältniswahlrecht: Rechnerisch müssen eine oder mehrere Parteien 48 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um regieren zu können.
    Bei den nächsten Wahlen hingegen erhält die stärkste Partei automatisch mindestens 20 Sitze im Parlament zusätzlich - damit käme die ND voraussichtlich wieder allein an die Regierung. So könne Mitsotakis seinen Reformkurs fortführen, so Postel.

    Varoufakis scheitert an Drei-Prozent-Hürde

    Drittstärkste Kraft wurde die sozialdemokratische Pasok mit etwa 11,6 Prozent (2019: 8,1 Prozent). Den Sprung ins Parlament schafften auch die Kommunisten mit 7,1 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lysi mit 4,4 Prozent. Die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis und die ultrakonservative Niki scheiterten an der Drei-Prozent-Hürde.
    "Politische Kämpfe haben Siege, aber auch Niederlagen", sagte Wahlverlierer Tsipras am späten Abend. "Unsere Parteigremien werden sofort tagen, um die Ergebnisse zu analysieren." Die nächste Wahl stehe bald an. Man müsse also schnell Änderungen vornehmen, um den bestmöglichen Wahlkampf zu liefern.
    Die drei wichtigsten Kandidaten der griechischen Parlamentswahl im Überblick:




    Viele Wähler nehmen Tsipras bis heute seine Regierungszeit während der schweren Finanzkrise des Landes übel. Damals war er gezwungen, harte Sparprogramme umzusetzen.
    Tsipras' Syriza hatte mit einer massiven Aufstockung des Sozialstaates um Stimmen geworben, wollte Renten und Mindestlohn erhöhen und die Wirtschaft stärker besteuern. Das verfing aber offensichtlich weniger als das Programm der Konservativen.
    Quelle: dpa

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