Anti-Gewalt-Gesetz im Iran "Symbolpolitik"

    Entwurf zum Schutz von Frauen:Anti-Gewalt-Gesetz im Iran "Symbolpolitik"

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    Ein Gesetzentwurf soll Frauen im Iran angeblich besser vor Gewalt schützen. Das ändere nichts an der Diskriminierung durch das Regime, so ZDF-Korrespondent Brase.

    Eine iranische Frau geht auf einer Straße in Teheran, aufgenommen am 09.04.2023
    Sollen iranische Frauen vom Staat besser geschützt werden? Es gibt Zweifel am Gesetzentwurf.
    Quelle: Reuters

    Seit Monaten wird der Iran von einer Protestwelle erschüttert. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Sie war von der sogenannten Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen islamische Kleidungsvorschriften festgenommen worden. Der Staat reagierte auf Proteste mit größter Härte.
     Vor dem Hintergrund der Proteste will das iranische Regime nun die Strafen für Gewalt gegen Frauen verschärfen. Dafür verabschiedete das Parlament die Grundzüge eines entsprechenden Gesetzentwurfs mit dem Titel "Verhinderung von Schaden für Frauen und Verbesserung ihrer Sicherheit vor Fehlverhalten", wie die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna berichtete. Das ändere nichts an der Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen durch das Regime, so ZDF-Korrespondent Jörg Brase.
    [Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Fassung basierte dieser Beitrag auf einem Text der Nachrichtenagentur AFP. In dieser fehlte jedoch die notwendige Einordnung in den politischen Gesamtzusammenhang. Deswegen haben wir nachträglich die Einschätzung des für Iran zuständigen ZDF-Korrespondenten ergänzt.]

    Gesetze diskriminieren und unterdrücken Frauen

    Das iranische Anti-Gewalt-Gesetz ist reine Symbolpolitik.

    ZDF-Korrespondent Jörg Brase

    In der Islamischen Republik gelten viele, durch die spezielle Auslegung der Scharia legitimierte Gesetze, die Frauen nach westlichem Rechtsverständnis diskriminieren und unterdrücken. Das gelte, so ZDF-Korrespondent Brase, neben den islamischen Kleidervorschriften (u.a. Kopftuchzwang) zum Beispiel für öffentliche Auftritte mit Gesang und Tanz, oder für das Erbrecht, Vertragsrecht, Reisefreiheit und vieles mehr. Oft bedarf es der Zustimmung des Mannes, z.B. vor der Eheschließung zum Recht der Frau, die Scheidung einzureichen. Dieses Recht hat sonst nur der Mann.

    Wenn Khamenei nun ein solches Anti-Gewalt-Gesetz fordert, ändert das nichts daran, dass viele der genannten diskriminierenden Regelungen weiter gelten und bestimmte wichtige religiöse Symbole wie das Kopftuch weiterhin Bestand haben sollen.

    ZDF-Korrespondent Jörg Brase

    Eine Aufweichung der Hijab-Vorschriften wäre für viele Hardliner "gleichbedeutend mit einem Verlust ihrer Macht, die auf der Scharia gründet", erklärt ZDF-Korrespondent Jörg Brase. Zugeständnisse und Reformen werde es immer nur in diesem Rechtsrahmen geben können, so Brase. "Außerdem ist das Regime, wie wir bei den jüngsten Protesten wieder einmal sehen konnten, für die Verteidigung seiner Macht bereit, das Gewaltmonopol des Staates brutal und mit allen Konsequenzen durchzusetzen."

    Härtere Strafen für Mord an Ehefrau?

    Die am Sonntag vereinbarten Grundzüge sehen den Angaben zufolge unter anderem längere Haftstrafen für Morde an Frauen vor. Männer, die wegen Mordes an ihrer Frau verurteilt wurden, müssten dann mit bis zu 15 statt bislang zehn Jahren Gefängnis rechnen - sofern die Familie des Opfers sich gegen ein Todesurteil ausspricht.
    Die Verbreitung pornografischer Bilder ohne Zustimmung der Frau oder eine Heirat gegen den Willen der Frau würden als Verbrechen gelten. Außerdem soll es der Justiz ermöglicht werden, verheirateten Frauen eine Ausreisegenehmigung zu erteilen - auch wenn ihr Ehemann sie daran hindern will, ins Ausland zu reisen.
    Der Gesetzentwurf kommt rund sieben Monate nach dem Beginn der Protestbewegung, die durch den Tod von Mahsa Amini ausgelöst wurde. Die junge Frau war im vergangenen September von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll.

    Selbst, wenn es dieses neue Gesetz geben wird, können wir nicht davon ausgehen, dass damit einige menschenverachtende Praktiken aufhören.

    ZDF-Korrespondent Brase

    So soll es in iranischen Gefängnissen zu Zwangsheiraten und Vergewaltigungen junger Frauen kommen, so Brase weiter - weil "Jungfrauen" nicht zum Tode verurteilt und hingerichtet werden dürfen.
    Was ein halbes Jahr nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini aus der Protestwelle geworden ist:
    Quelle: AFP, ZDF
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