Kassenärzte-Chef Gassen fordert Notaufnahme-Gebühr

    Gassen für Notaufnahme-Gebühr:Lauterbach erteilt Vorschlag Absage

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    Kassenärzte-Chef Gassen fordert eine Notaufnahme-Gebühr: Wer selbst in eine Notaufnahme gehen könne, sei oft kein medizinischer Notfall. Kritik kommt vom Bundesgesundheitsminister.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat der Idee einer Notaufnahme-Gebühr eine Absage erteilt. Es gebe aktuell intensive Beratungen über die Neustrukturierung der Notfallversorgung in Deutschland, sagte der Politiker am Mittwoch in Berlin. Über eine Gebühr werde aber nicht diskutiert.

    Daher wird der Vorschlag, der hier von der kassenärztlichen Bundesvereinigung, von Herrn Gassen vorgetragen wird, der wird keine Umsetzung finden.

    Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister

    Gassen fordert unter bestimmten Bedingungen Notaufnahme-Gebühr

    Der Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, hatte sich für eine Gebühr für Patientinnen und Patienten ausgesprochen, die künftig ohne vorherige telefonische Ersteinschätzung in die Notaufnahme kommen.

    Wer weiterhin direkt in die Notaufnahme geht, ohne vorher die Leitstelle anzurufen, muss gegebenenfalls eine Notfallgebühr entrichten, denn das kostet die Solidargemeinschaft unterm Strich mehr Geld und bindet unnötig medizinische Ressourcen.

    Andreas Gassen, Chef der Kassenärzte

    Das sagte Gassen dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND).
    Uniklinik Mainz mit dem Modellprojekt zur Entlastung der Notaufnahme.
    Wer zur Notaufnahme der Mainzer Uniklinik will, wird zuerst in einer vorgeschalteten Arztpraxis untersucht. So wird die Notaufnahme entlastet, denn die ist maßlos überlastet. Das Modellprojekt ist teuer, kommt aber an.11.04.2023 | 1:55 min

    Sind Notdienst-Gebühren unsozial?

    Es werde immer argumentiert, derartige Gebühren seien unsozial. "Unsozial ist in meinen Augen jedoch, den Notdienst unangemessen in Anspruch zu nehmen und damit das Leben anderer Menschen zu gefährden", betonte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Er fügte hinzu:

    Wer noch selbst in eine Notaufnahme gehen kann, ist oft kein echter medizinischer Notfall.

    Michael Gassen

    Gassen begrüßte zugleich die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), den Rettungsdienst unter 112 und den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116 117 virtuell zusammenzuschalten, um dort eine Ersteinschätzung vorzunehmen und den Anrufenden anschließend richtig zu leiten.

    Kritik: Vorschlag sei "irreführend und gefährlich"

    Als "irreführend und gefährlich" hat dagegen der Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne) den Vorstoß zurückgewiesen.

    Menschen mit einem akuten medizinischen Problem müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen unabhängig vom Geldbeutel in der Notaufnahme jederzeit geholfen wird.

    Janosch Dahmen, Grünen-Gesundheitspolitiker

    Schon heute fänden vielerorts Menschen mit einfachen medizinischen Problemen wochenlang keinen Termin in einer Arztpraxis. "Die derzeit lückenhafte, insbesondere hausärztliche Grundversorgung lässt manches medizinische Problem überhaupt erst zum Notfall werden", sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
    Ein Patient bei einer medizinischen Untersuchung in Schlesweig-Holstein
    In der Erstaufnahme in Neumünster werden Geflüchtete untersucht. Ziel ist auch, die Einschleppung von Krankheiten zu verhindern. 10.03.2023 | 1:29 min

    Dahmen fordert Ausbau der Notdienstpraxen in den Notaufnahmen

    Dahmen ergänzte, auch der Ausbau der Versorgung von Notdienstpraxen in den Notaufnahmen müsse jetzt Vorrang haben.

    Mit der anstehenden Notfallreform werden wir im Bund hier für mehr Verbindlichkeit sorgen.

    Janosch Dahmen, Grünen-Gesundheitspolitiker

    Für Menschen in Not dürfe es keine Rolle spielen, welche Nummer man wähle oder wo man sich im Gesundheitswesen hinbegebe. "Man muss Hilfe zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort bekommen. Gebühren sind da patientengefährdend und führen in eine Sackgasse."

    Auch Patientenschützer wehren sich

    Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz sprach sich gegen eine solche Strafgebühr aus. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, sagte, von massenhaftem Missbrauch der Notaufnahmen könne keine Rede sein.
    Er verwies auf eine Umfrage der Krankenkasse KKH, wonach weniger als jeder Vierte die Notaufnahme aufsucht, wenn er bei nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen außerhalb der Praxis-Öffnungszeiten Hilfe benötigt.

    Patienten können die Schwere ihrer Symptome oft nicht deuten.

    Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz

    Auch Mediziner täten sich mitunter schwer, eine fachfremde Diagnose zu stellen. Deshalb müssten zunächst die Kassenärzte ihre Hausaufgaben machen, betonte Brysch: "Das gilt neben dem Ausbau und der Spezialisierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes auch für die Öffnungszeiten der niedergelassenen Ärzte sowie das Angebot von Hausbesuchen."

    Forderung von Patientenschützern
    :Mehr Unterstützung für kleine Krankenhäuser

    Der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz fordert mit Blick auf die Krankenhausreform mehr Unterstützung für die Regionen. Die DKG fordert derweil mehr Mittel als vorgesehen.
    Chefarzt der Thoraxchirurgie, geht in einen OP-Saal
    Quelle: dpa, epd

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