Klimagipfel COP27 im Schatten von Krieg und Krisen

    FAQ

    COP27 in Scharm el-Scheich:Klimagipfel im Schatten von Krieg und Krisen

    |

    Am Sonntag startet der Klimagipfel in Ägypten, doch die Erwartungen sind gedämpft. Worum es bei der Konferenz geht - und warum sie doch ein Erfolg werden könnte: ein Überblick.

    Wenn Staats- und Regierungschefs, Diplomaten, Aktivisten und Wissenschaftler jetzt zum Klimagipfel in Scharm el Scheich zusammenkommen, sind die Erwartungen gedämpft. Die Hoffnungen an die globalen Klimakonferenzen groß, aber nahezu zwangsläufig werden sie auch immer wieder enttäuscht, wenn sie keinen Durchbruch wie in Paris 2015 vermelden können.
    Doch damals, als die Welt sich in einem gemeinsamen Pakt das Ziel setzte, den Klimawandel einzudämmen und den weltweiten Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken, waren die Zeiten andere.
    Sie waren weit mehr getragen von einem Geist der Zusammenarbeit zwischen den beiden größten Klimasündern - den USA und China - und geprägt von einer globalen Einsicht, dass das Scheitern eines Abkommens das Schicksal der Menschheit besiegeln würde.
    In diesem Jahr ist der geopolitische Rahmen anders gesteckt: Die UN-Klimakonferenz wird überschattet vom Krieg in der Ukraine, einer Spaltung zwischen dem Westen und Russland sowie China und in die Höhe schießenden Energie- und Lebensmittelpreisen. Das sind schwierige Bedingungen für ein Treffen, bei dem Kooperation und Konsens unverzichtbare Grundlagen sind.
    Hier einige Stichpunkte zur Weltklimakonferenz COP27 vom 6. bis 18. November in Ägypten - und warum sie dennoch ein Erfolg werden könnte:

    Warnungen aus der Wissenschaft

    Immer dringlicher sind die Warnungen der Wissenschaftswelt angesichts beängstigender Daten. Allein im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Erderwärmung um ein Drittel gegenüber den 1990er Jahren beschleunigt. Die Treibhausgasemissionen steigen weiter an, und die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits weltweit spürbar.
    Trotz allem werden erste Erfolge von Klimamaßnahmen vermeldet. Vor der Konferenz von Paris war die Prognose, dass sich die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten um 4,5 Grad Celsius erwärmen würde. Jüngste Schätzungen gehen inzwischen von 2,6 Grad Celsius aus, dank der bisherigen Maßnahmen und mit Blick auf fest zugesagte Verpflichtungen der Regierungen. Das allerdings ist noch weit mehr als das 1,5-Grad-Ziel von Paris.
    50 Jahre UN-Klimakonferenz
    Die UN-Weltumweltkonferenz 1972 in Stockholm war der Startpunkt vieler internationaler Konferenzen, die die Zukunft der Erde sichern sollen.02.06.2022 | 2:06 min
    Und die Zeit, dieses Ziel noch erreichen zu können, wird immer knapper. Der Forschung zufolge hat sich die Welt bereits um 1,2 Grad Celsius erwärmt. Um den Anstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten die Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 43 Prozent sinken - ein äußerst ehrgeiziges Ziel. Selbst um den Temperaturanstieg auf zwei Grad zu deckeln, wie in Paris als absolutes Minimalziel vereinbart, müssten die Emissionen um 27 Prozent zurückgehen.
    Die Welt nähere sich einem Kipppunkt, an dem die Verwirklichung des 1,5-Grad-Ziels dann nicht mehr möglich sei, warnt UN-Generalsekretär António Guterres. "Das sollten wir um jeden Preis vermeiden."

    Das 1,5-Grad-Ziel liegt auf der Intensivstation.

    UN-Generalsekretär António Guterres

    ZDFheute-Klimaradar Dashboard
    ZDFheute Infografik
    Ein Klick für den Datenschutz
    Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.

    Knappe Energie

    Derweil drücken hohe Energiekosten und Ängste um die Versorgung ihrer Bevölkerung Länder rund um den Globus. Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine sind die Preise für Öl, Kohle und Erdgas sprunghaft angestiegen.
    Als einen Ausweg versuchen so manche Regierungen, neue Quellen fossiler Brennstoffe zu erschließen. Das weckt die Sorge, dass die Zusagen zur Senkung des Treibhausgasausstoßes womöglich nicht eingehalten werden. Dazu gehört auch die Vereinbarung von den Klimagesprächen im vergangenen Jahr, die Nutzung von Kohle schrittweise zurückzufahren und den Ausstoß von Methan drastisch zu reduzieren.
    Gleichzeitig haben die steigenden Preise für fossile Brennstoffe aber auch die erneuerbaren Energien wettbewerbsfähiger gemacht. Gerade für ärmere Länder ist der Bau von Solar- und Windkraftanlagen aber nach wie vor eine finanzielle Herausforderung.
    Um bei einem schnellen Senken der Emissionen zu helfen, verhandeln die reichen Länder derzeit mit mehreren großen Schwellenländern wie Indien und Indonesien über Partnerschaften zur Energiewende, die sogenannten JET-Ps. Sie können schon während oder kurz nach der Weltklimakonferenz abgeschlossen werden.

    Klimafinanzierung

    Insgesamt ist die finanzielle Unterstützung der ärmeren Länder bei der Bewältigung des Klimawandels einer der großen Knackpunkte, wie sich das auch in den Verhandlungen der vergangenen Jahre gezeigt hat. Eine ursprünglich gesetzte Frist, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar bereitzustellen, wurde nicht eingehalten und wird nun wohl erst im nächsten Jahr erreicht.
    Der künftige Finanzbedarf werde hingegen wahrscheinlich in die Billionen gehen, erklärt der ägyptische Verhandlungsführer Mohammed Nasr. "Die Finanzierungslücke ist riesig", betont er und verweist darauf, dass die Hälfte der Bevölkerung Afrikas noch keinen Zugang zu Strom hat, geschweige denn zu sauberer Energie.
    Tabelle Klimaradar CO2-Vergleich
    ZDFheute Infografik
    Ein Klick für den Datenschutz
    Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
    Zu den Diskussionen beim Punkt Klimafinanzierung gehört auch die höchst umstrittene Frage einer Entschädigung von betroffenen Ländern für irreparable Schäden aufgrund der Klimakrise. Die großen Emittenten haben sich in der Vergangenheit vehement gegen Forderungen nach Zahlungen für Verluste und Schäden gestemmt, doch Beobachtern zufolge zeichnen sich in letzter Zeit eine Aufweichung der Positionen ab, auch bei den USA.

    Ich glaube, dass die Menschen keine Wunder erwarten, dass auf einmal ein riesiger Fonds auftaucht. Aber sie erwarten einen glaubwürdigen, konstruktiven Weg.

    Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UN-Umweltprogramms

    Blick auf Afrika

    Die UN-Klimagespräche in Ägypten sind die ersten in Afrika seit 2016, als das Treffen in Marrakesch in Marokko stattfand. Mehr Aufmerksamkeit für Afrika halten Experten und Klimaaktivisten für mehr als angebracht, da der Kontinent große Lasten der Klimakrise trägt.

    Wenn wir uns die 50 Länder ansehen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind und die am wenigsten widerstandsfähig sind, handelt es sich um Länder mit niedrigem Einkommen, und die meisten von ihnen liegen in Afrika.

    Preety Bhandari, World Resources Institute

    "Es trifft sich also gut, dass wir diese COP gerade in Afrika abhalten", sagt Preety Bhandari von der Umwelt-Denkfabrik World Resources Institute mit Sitz in Washington.
    Denn die Probleme und Bedürfnisse der betroffenen Länder auf der Agenda nach oben zu setzen - das ist nach Überzeugung von Politikern und Aktivisten entscheidend für einen Erfolg der Konferenz von Scharm el Scheich.

    ZDFheute-KlimaRadar
    :Daten zum Klimawandel im Überblick

    Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
    von Moritz Zajonz
    Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
    Grafiken
    Quelle: Frank Jordans und Seth Borenstein, AP

    Mehr zum Klimawandel