Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) verstößt die polnische Justizreform von 2019 gegen EU-Recht. Es ist nicht das erste Urteil im Streit zwischen Polen und der EU-Kommission.
Polen hat in einem Streit mit der EU um die Unabhängigkeit und das Privatleben von Richtern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine endgültige Niederlage erlitten.
Nach einem am Montag verkündeten Urteil verstoßen Bestimmungen der polnische Justizreform von 2019 gegen EU-Recht. Das Urteil aus Luxemburg könnte auch Auswirkungen auf ein zuvor schon im Eilverfahren verhängtes Zwangsgeld haben.
Die Justizreform in Polen von 2019 verstößt laut Europäischem Gerichtshof gegen EU-Recht. Welche Bedeutung hat das Urteil? ZDF-Korrespondentin Isabelle Schäfers berichtet in Brüssel.
EU-Kommission überwacht EU-Recht
Hintergrund ist eine Klage der EU-Kommission aus dem Jahr 2021, wonach mehrere polnische Regelungen gegen EU-Recht verstoßen. Die Kommission ist als Hüterin der EU-Verträge dafür zuständig, zu überwachen, dass die Staaten sich an EU-Recht halten. Sie verklagt immer wieder auch Deutschland vor dem EuGH, um die Einhaltung von EU-Recht zu erzwingen.
Im aktuellen Streit ging es unter anderem um ein Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Der EuGH machte nun deutlich: Die polnischen Regeln gewährleisteten keinen Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.
Dazu gehöre nämlich, dass die nationalen Gerichte überprüfen könnten, ob sie selbst oder andere Gerichte den im Unionsrecht vorgesehenen Anforderungen genügen.
In Straßburg debattiert heute das Europaparlament die umstrittenen Justizreformen in Polen. Ministerpräsident Morawiecki ist aus Warschau angereist, um dazu Stellung zu beziehen.
Eine Million Euro Zwangsgeld pro Tag
Polens nationalkonservative Regierung baut die dortige Justiz seit Jahren ungeachtet internationaler Kritik um. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen. Teilweise wurden Beschlüsse vom EuGH gekippt.
Weil Warschau sich weigerte, frühere EuGH-Urteile umzusetzen, verhängte der Gerichtshof innerhalb des nun entschiedenen Verfahrens schließlich eine Million Euro Zwangsgeld pro Tag. Die Strafe wurde im Frühjahr halbiert, weil die Regierung inzwischen einige Änderungen am Justizsystem vorgenommen hat.
Weitere Verfahren absehbar
Aus Sicht der EU reicht das allerdings nicht aus. Weitere Verfahren sind schon abzusehen: Im Februar verklagte die EU-Kommission Polen erneut wegen Verstößen gegen EU-Recht durch den polnischen Verfassungsgerichtshof.
Für Warschau sind die Verfahren heikel, denn es geht inzwischen auch um viel Geld. Die EU-Kommission hält mehrere Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds für Polen zurück, weil sie Zweifel am dortigen Justizsystem hat.
- Worum geht es im Justizstreit mit Polen?
Die EU beklagt schon länger unzureichende Unabhängigkeit der Justiz in Polen. Nun steht ein weiteres EuGH-Urteil an. Worum geht es in dem Streit?