Wahlen im Herbst: Regieren in Polen bald Rechtsextreme mit?

    Wahlen im Herbst:Regieren in Polen bald Rechtsextreme mit?

    von Natalie Steger, Milena Drzewiecka
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    Die rechtsextreme Partei Konfederancja in Polen sieht eine Chance, nach den Wahlen im Herbst mitzuregieren. Aber will die Ultrarechte sich die Macht mit Kaczynski überhaupt teilen?

    Krzysztof Bosak
    Der ultrarechte Politiker Krzysztof Bosak fuhr bei den polnischen Präsidentenwahlen vor drei Jahren fast sieben Prozent der Stimmen ein - im Herbst hofft er, noch mehr Wähler für sich zu gewinnen.
    Quelle: imago

    Sie sind noch rechter als die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS - und längst kein Randphänomen mehr. Neun Abgeordnete hat die Partei Konfederacja im aktuellen Sejm, dem polnischen Unterhaus. Bei den letzten Parlamentswahlen 2019 schaffte sie es auf 6,8 Prozent, Umfragen sehen sie mittlerweile bei um die elf Prozent.
    Die PiS, die mit absoluter Mehrheit regiert, käme derzeit auf 34 Prozent und bräuchte einen Koalitionspartner. Das größte Oppositionsbündnis, die konservativ-liberale KO, steht bei 27 Prozent, die Sozialdemokraten bei acht Prozent, die neue konservativ-liberale Polska 2050 bei sechs Prozent und die Bauernpartei bei fünf Prozent.

    Rechtsextreme Kandidaten vom Typ Schwiegersohn

    Bei dieser Konstellation käme nur die Konfederacja als PiS-Koalitionspartner in Frage. Bei den Ultrarechten haben sich Nationalisten eingereiht, mit deren Themen die PiS durchaus schon geflirtet hat.
    Ortsschild Deutschland Polen
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    Slawomir Mentzen, Jahrgang 1986, Unternehmer und Steuerberater, ist das neue Gesicht der Konfederacja. "Wir wollen keine Juden, Homosexuellen, Abtreibung, Steuern und EU", so hat er einmal das politische Programm in einem Satz beschrieben. Mit den Leitmedien spricht Mentzen darüber ungern. Er bevorzugt Polarisierung durch eigene Internetkanäle. Stets im weißen Hemd, Anzug, mit einem Lächeln.
    Auf den ersten Blick Typ perfekter Schwiegersohn - wie Krzysztof Bosak, Jahrgang 1982. Als Konfederacja-Kandidat fuhr Bosak bei den Präsidentenwahlen vor drei Jahren immerhin fast sieben Prozent der Stimmen ein. Unter dem Motto "Vorwärts Polen" trat er für ein souveränes und starkes Land ein, für traditionelle Werte und weniger Einfluss aus Brüssel.

    Ultrarechte ist besonders bei jungen Männern beliebt

    Das klingt nicht unbekannt, PiS und Konfederacja haben Schnittmengen, besonders was das konservative Familienbild und die starke Rolle der katholischen Kirche angeht. In Wirtschaftsfragen allerdings positioniert sich die Konfederacja liberal und kritisiert die PiS für zu viel Sozialpolitik. Damit punktet sie bei vielen Unternehmern und Managern, aber auch Arbeiter und Schüler und Studenten unterstützen sie. Bei Männern im Alter von 18 bis 39 ist die Konfederacja die erste Wahl. 37 Prozent dieser jungen Männer würden für sie stimmen.
    Was die Haltung zur EU angeht, steht die PiS für eine Art "Ja, aber" - die Konfederacja für "Nein, aber". Wirtschaftsunion schon, alles andere betrachten die Politiker dieser Partei als unnötiges Diktat und Überregulierung. Obwohl die PiS für ihren antieuropäischen Ton und Streits mit Brüssel bekannt ist (zum Beispiel bei der Justizreform), ist die polnische Regierung für den Verbleib in der EU und wirbt laut für die Ukraine.

    Nicht alle in der Partei wollen mit der PiS regieren

    Und hier ist die Kernfrage: Könnte die russlandkritische PiS mit einer Partei regieren, in der russlandfreundliche Töne zu hören sind? Die PiS-Parteispitze spricht darüber öffentlich lieber nicht. Bosak wiederum schließt eine Koalition mit der PiS aus. In einem Interview mit der Zeitung "Super Express" sagte er:

    Wir akzeptieren nicht, wie diese Leute das Land regieren. Wir sind da, um sicherzustellen, dass die rechten Wähler endlich eine echte Rechte haben, die sie wählen können.

    Krzysztof Bosak, Kandidat der Partei Konfederacja

    Die aktuelle Regierung nannte Bosak in dem Interview "ein pseudo-rechtes Produkt, das eine EU- amerikanische oder ukrainische Agenda verfolgt". Aber nicht alle in der Partei sagen so laut "Nein" zu potenziellen Regierungsposten. Die Konfederacja zählt auf junge Männer, die eher rechts wählen, junge Polinnen wählen dagegen eher links.

    Rechtsextreme wollen aus Krisen profitieren

    In Berlin hat die AfD die Gunst der Stunde während der Flüchtlingskrise für ihre Themen genutzt. In Warschau tut dies nun die Konfederacja in Zeiten von Inflation, der vielen ukrainischen Geflohenen im Land, der Angst vor "Multikulti" und Gender-Fragen. Die Rechten setzen auf ihre adrett aussehenden Politiker, die dem jungen Polen einen Traum von Karriere und einer Frau an der Seite versprechen. Der Traum der jungen Polinnen sieht anders aus.
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