Mecklenburg: Proteste gegen Flüchtlingsheim eskalieren

    Mecklenburg-Vorpommern:Proteste gegen Flüchtlingsheim eskalieren

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    In einem Dorf in Mecklenburg soll eine Unterkunft für mehrere hundert Flüchtlinge entstehen. Bei von Rechtsextremen aufgeheizten Protesten dagegen wurde fast der Kreistag gestürmt.

    Mit Trillerpfeifen und Megafon machen Demonstranten ihrem Protest gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft in einem Mecklenburger 500-Seelendorf Luft. Es fliegt Pyrotechnik, Nebeltöpfe werden gezündet. Nur mit einem Großaufgebot kann die Polizei verhindern, dass sich die Menschen Zugang zum Kreistags-Gebäude in Grevesmühlen verschaffen, in dem über den Bau beraten wird.
    Die Fernsehbilder von der Protestaktion, an der sich am Donnerstag Behördenangaben zufolge zwischenzeitlich bis zu 700 Menschen beteiligten, wirken bedrohlich. Die Polizei hatte ihre Kräfte vor Ort kurzfristig von 60 auf 120 verdoppelt, um die Lage unter Kontrolle halten zu können. Es gelang ihr - mit Mühe.

    Kommunen bei Aufnahme von Flüchtlingen am Limit

    Wie in Nordwestmecklenburg mehren sich auch in anderen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns die Proteste. In vielen Kommunen sind die Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen erschöpft. Wohnungen sind Mangelware. Nun sollen Container-Dörfer errichtet werden, unter anderem in Upahl zwischen Wismar und Grevesmühlen. 400 Menschen sollen dort Zuflucht finden. Das Dorf zählt wenig mehr als 500 Bewohner.

    Ich habe auch großes Verständnis für die Sorgen und Ängste der Einwohnerinnen und Einwohner von Upahl. Und wir werden alles tun, um diese zu lindern und entstehende Problemlagen mit der temporären Unterkunft zu lösen.

    Tino Schomann (CDU), Landrat in Nordwestmecklenburg

    Der Bau der Flüchtlingsunterkunft sei eine Notlösung, geschuldet den nicht nachlassenden hohen Zuweisungszahlen. "Ich bin seit Monaten dabei, das Land und den Bund auf die Zuspitzung der Lage hinzuweisen, und ich bin längst nicht der Einzige", erklärte Landrat Schomann die Situation.
    Flüchtlingsunterkunft in einer Sporthalle.
    Der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine bringt viele Kommunen an ihre Grenzen. Unterkünfte sind überfüllt und einige Städte rufen bereits Aufnahmestopps aus. Private Initiativen helfen bei der Integration.25.01.2023 | 2:02 min

    Entscheidung des Landratsamts zu Flüchtlingsunterkunft "sehr kurzfristig"

    Die Container-Unterkunft soll im März fertig werden. Dann will der Landkreis Asylsuchende aus kurzzeitig als Unterkünfte genutzten Sporthallen in Wismar dorthin bringen. Auch Björn Griese, der für die Linke im Kreistag sitzt, kann die Bedenken nachvollziehen: "Für ein Dorf mit gut 500 Einwohnern, ist das schon ein schwieriges Verhältnis. Zumal, wenn man bedenkt, dass es dort kaum eine Infrastruktur gibt und der Weg in die nächste größere Stadt weit ist".
    Zudem sei die Entscheidung des Landratsamtes auch für die Kreistagsmitglieder sehr kurzfristig gekommen. "Wir konnten nur noch über die Finanzierung abstimmen. Das war alles keine Sternstunde für die Demokratie", sagte Griese.

    Rechtsextreme heizen Stimmung auf

    Zwar kam nach Einschätzung der Polizei der Großteil der Demonstranten in Grevesmühlen aus der bürgerlichen Mitte. Doch seien auch Rechtsextreme sowie Angehörige der Fußballfan- und der Reichsbürgerszene unter den Teilnehmern gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. Diese sorgten aus Sicht der Sicherheitskräfte aber maßgeblich dafür, dass sich die Stimmung am Abend vor dem Kreistagsgebäude immer mehr aufheizte.
    Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) betonte, dass Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zentrale Grundrechte einer Demokratie seien, er verurteilte die Eskalation aber. Dass bekannte Rechtsradikale und Rechtsextreme versuchten, solche Veranstaltungen für sich zu okkupieren, sei nicht hinnehmbar.
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    Quelle: dpa

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