Baden-Württemberg: Ein Schwerpunkt der "Reichsbürger"-Szene

    Ein Schwerpunkt der Szene:Baden-Württemberg: Zentrum der "Reichsbürger"

    Rolf-Peter Weißhaar
    von Rolf Peter Weißhaar
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    Baden-Württemberg zählt nach Informationen des dortigen Innenministeriums zu den Schwerpunkten der bundesweiten "Reichsbürger"-Szene. Etwa 3.800 Personen sollen ihr dort angehören.

    Ein Mann trägt einen Pullover mit dem Aufdruck auf der Rückseite  «Deutsches Reich» bei einer Demonstration von Reichsbürgern.
    Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik Deutschland als legitimen und souveränen Staat ab. Besonders gefährlich dabei: Die Radikalität der Szene wächst.
    Quelle: dpa

    Bei Durchsuchungen im "Reichsbürger"-Milieu ist es im baden-württembergischen Reutlingen zu einem Schusswechsel gekommen, ein Polizist wurde verletzt.

    Hohe Affinität zu Schusswaffen

    Derzeit rechnet der Verfassungsschutz laut dem Stuttgarter Innenministerium der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" in Baden-Württemberg etwa 3.800 Personen zu, Tendenz zuletzt steigend (2020: 3.300, 2019: 3.200).

    Polizist bei Razzia angeschossen
    :Mordversuch: "Reichsbürger"-Schütze in U-Haft

    Weitere Razzien gegen die "Reichsbürger"-Szene: Bei einer Durchsuchung in Reutlingen schießt ein Mann einen SEK-Beamten an. Der mutmaßliche Schütze ist in Untersuchungshaft.
    Polizeifahrzeuge stehen in einer Straße am 22.03.2023 in Reutlingen
    Ein Grund für den Anstieg sei die weitere Aufklärung der Szene. Gleichzeitig steige die Zahl der Milieuangehörigen merklich, vor allem seit Beginn der Proteste gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen. Das Corona-Protestgeschehen führte zu einem Zulauf zur Szene und auch zu einer stärkeren Sichtbarkeit von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" gegenüber Behörden und Amtsträgern.

    211 Waffen-Genehmigungen entzogen

    Die Anhänger der "Reichsbürger" sind laut der Behörde überwiegend nicht fest in klar abgrenzbaren Gruppierungen organisiert. Es handelt sich hauptsächlich um Einzelpersonen, die sich in ihren Aktivitäten jedoch gegenseitig inspirieren. Schätzungsweise zehn Prozent der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" befürworten laut Verfassungsschutz Baden-Württemberg den Einsatz von Gewalt. Analog zu Rechtsextremisten hat das Milieu zudem eine hohe Affinität zu Schusswaffen.
    Eine Flagge mit der Aufschrift "Plan" am 19.10.2016
    07.12.2022 | 2:28 min
    Das sind die "Reichsbürger":
    In Baden-Württemberg wurden die Waffenbehörden 2017 angewiesen, "Reichsbürgern", Selbstverwaltern und Extremisten keine waffenrechtlichen Erlaubnisse zu erteilen und bereits erteilte Erlaubnisse soweit möglich zurückzunehmen. Zum 1. Februar 2022 waren 14 "Reichsbürger" und neun Extremisten im Besitz einer erlaubnispflichtigen Waffe.
    Gemäß der jährlichen Abfrage bei den Waffenbehörden zum Stichtag 1. Februar 2022 konnten seit Anfang 2017 bei 148 Reichsbürgern sowie Extremisten insgesamt 211 waffenrechtliche Erlaubnisse zurückgenommen werden.

    Mitglieder erkennen demokratische Strukturen nicht an

    Von den Rücknahmen sind insgesamt 444 erlaubnispflichtige Waffen erfasst, die sich nicht länger in den Händen von "Reichsbürgern" und Extremisten befinden. Die Entwaffnung von "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" sowie Extremisten sei eine Daueraufgabe, betont das Stuttgarter Innenministerium. Auf Vorschlag von Baden-Württemberg wurde bereits eine entscheidende Regel ins Waffengesetz aufgenommen: Danach reicht seither eine Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung aus, um waffenrechtlich als unzuverlässig eingestuft zu werden.
    Innenministerin Faeser hat eine Verschärfung des Waffenrechts gefordert:
    "Reichsbürger" sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2.000 mehr als im Vorjahr.
    Rolf Peter Weißhaar ist Redakteur im ZDF-Studio in Stuttgart
    Quelle: mit Material von dpa

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