Am 70. Todestag Josef Stalins zeigt sich, wie unterschiedlich die Russen den einstigen sowjetischen Machthaber sehen. Die einen rühmen ihn, andere beklagen seine Brutalität.
Der 70. Todestag des früheren sowjetischen Diktators Josef Stalin am Sonntag hat in Russland gemischte Reaktionen ausgelöst. Am Morgen versammelten sich nach Beobachtung der Nachrichtenagentur AFP mehr als tausend Menschen zu Ehren des früheren sowjetischen Diktators auf dem Roten Platz in der Hauptstadt Moskau, um Blumen am nahegelegenen Grab Stalins abzulegen. Einige schwangen dabei die roten Fahnen der Sowjetunion, andere hielten Porträts des 1953 verstorbenen sowjetischen Staatschefs.
Stalin kam Ende der 1920er Jahre an die Macht und verwandelte die Sowjetunion in einen totalitären Staat, in dem ein Personenkult um ihn herrschte. Er befahl die Hinrichtung Hunderttausender Menschen und schickte Millionen andere in Gulag-Lager.
Für viele Russen hat Stalin ihr Land zur Supermacht gemacht
Manche Russen verteidigen ihn heute trotzdem und führen an, dass er die Sowjetunion zu einer Supermacht gemacht und damit 1945 im Alleingang über Hitler gesiegt habe - auch wenn viele Historiker das bestreiten.
Am 17. Juli 1945 trafen sich die Siegermächte im Schloß Cecilienhof bei Potsdam um den jungen Frieden zu regeln. Folgen der damals getroffenen Beschlüsse waren die Teilung Deutschlands, aber auch die Vereinigung Europas.
Die russische Staatsführung ruft indessen immer häufiger in einer an die Zeit Stalins erinnernden Rhetorik dazu auf, die "Verräter" oder "Agenten des Auslands" zu verfolgen, die sich dem Konflikt in der Ukraine entgegenstellen.
Stalin wird von einigen älteren Russen wieder herbeigesehnt
"Die Menschen haben unterschiedliche Sichtweisen auf Stalin", sagte der pensionierte Geschichtslehrer Pjotr Solokow.
"Ohne die Rückkehr von Stalin in Russland werden wir, die Russen, und die anderen ethnischen Völker Russlands, nicht überleben", sagte der 74-jährige Rentner Wladimir Kwatschkow. Der frühere Oberst des Militärnachrichtendiensts GRU kam am Sonntag in die Innenstadt Moskaus, um Stalin seine Ehre zu erweisen - ebenso wie der Rentner Juri, der sagte: "Wir wären so glücklich, wenn ein solcher Anführer wiederkäme."
Einige Russen ziehen auch Vergleiche zwischen Stalin-Ära und Putin Ära
Die Erinnerung an den Diktator ist besonders wegen des Konflikts in der Ukraine aktuell. In der Ukraine und in den westlichen Ländern wird die Offensive des russischen Präsidenten Wladimir Putin als eine Anknüpfung an Stalins Imperialismus gesehen.
Zeitzeugin und KZ-Überlebende Anastasia Gulej erinnert sich an Stalin und Hitler. Sie ist davon überzeugt, dass sie Putin ebenso überleben wird.
Manche erinnert auch die verstärkte Repression gegen Kritiker des Kremls an frühere sowjetische Methoden. Bisher haben die russischen Behörden nicht angefangen, Stalin-Monumente wieder aufzustellen - sie waren nach dessen Tod im Zuge einer Politik der "Destalinisierung" abgebaut worden.
Stalin werden noch Denkmäler und Büsten gewidmet
Die Behörden sind aber nicht gegen Aktivisten - oftmals mit Verbindungen zur Kommunistischen Partei - vorgegangen, die seit einigen Jahren mehrere Statuen zu Ehren Stalins eingeweiht haben.
So wurde Anfang Februar in Wolgograd anlässlich der Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Weltkriegsschlacht in der früher Stalingrad genannten Stadt eine neue Stalin-Büste enthüllt.
- So viel Sowjetunion steckt in Putins Russland
Vor 100 Jahren wurde die Sowjetunion gegründet. Inzwischen ist das kommunistische Großreich längst untergegangen. Doch Putin will sich damit nicht abfinden.
Doch ist die Unterdrückung nicht vergessen. "Meine Urgroßmutter entkam den Repressionen im Jahr 1945 nicht. Sie wurde bis zum Tod Stalins inhaftiert", sagte die 25-jährige Wissenschaftlerin Tatjana Kusnezowa. Zu seinem Todestag "feiern wir nichts, wir erinnern uns der Repressionen. Und natürlich ist es furchtbar zu sehen, was sich heute abspielt."