Sudan: Kämpfe toben weiter, Scholz sieht bedrohliche Lage

    Blutige Kämpfe toben weiter:Scholz: Bedrohliche Lage im Sudan

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    Seit Tagen herrscht ein blutiger Machtkampf im Sudan. Trotz vereinbarter Waffenruhe toben die Kämpfe weiter. Bundeskanzler Scholz nennt die Situation "bedrohlich".

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Lage im Sudan als "schwierige, bedrohliche Situation" bezeichnet. Bei einem Besuch in Lissabon am Mittwoch ging er auf Nachfrage nicht direkt auf mögliche Evakuierungsversuche von Deutschen aus dem nordafrikanischen Land ein.

    Bundesregierung von schweren Kämpfen überrascht

    Er sagte aber, der plötzliche Ausbruch der Kämpfe sei nicht nur für die Sudanesen, sondern auch für Bürger anderer Länder eine Gefahr. "Deshalb fühlen wir uns verpflichtet, die Möglichkeit der Ausreise mit im Kopf zu haben", sagte er. "Wenn wir etwas machen, werden wir das nicht nur auf uns selbst beziehen", fügte er auf die Frage hinzu, ob Deutschland dann auch Bürger aus anderen EU-Staaten evakuiere.

    Im Krisenstab des Auswärtigen Amtes würden derzeit alle Optionen diskutiert, hatte eine Sprecherin in Berlin gesagt. Einen "Spiegel"-Bericht, wonach eine Aktion zur Evakuierung abgebrochen worden sei, wollte sie nicht weiter kommentieren. Es halte sich derzeit eine Zahl von Deutschen im dreistelligen Bereich im Sudan auf. Aus Portugal sollen es 16 Personen sein.

    Trotz Waffenruhe: Kämpfe im Sudan toben weiter

    Die Kämpfe im Sudan zwischen Militär und der paramilitärischen Miliz toben trotz einer vereinbarten Waffenruhe weiter. Bewohner berichteten am Dienstagabend von anhaltenden Gefechten zwischen der Truppe RSF und den regulären Streitkräften in der Hauptstadt Khartum - vor allem rund um die Militärzentrale und den Präsidentenpalast.
    Unmittelbar nach Inkrafttreten der vereinbarten, 24-stündigen Feuerpause um 18 Uhr warfen die RSF dem Militär vor, diese verletzt zu haben. Das Militär wiederum beschuldigte die RSF, weiter anzugreifen. Unter anderem sei eine Attacke auf einen Militärstützpunkt im Süden des Landes zurückgeschlagen worden.
    ZDF-Nordafrika-Korrespondent Luc Walpot
    Im umkämpften nordafrikanischen Sudan bräuchte es "dringend einen Waffenstillstand, der kann nur mit internationalem Druck zustande kommen", so ZDF-Nordafrika-Korrespondent Luc Walpot.20.04.2023 | 1:54 min

    UN bestätigen bisher mindestens 185 Tote

    Die US-Botschaft teilte am Dienstagabend, es werde in Khartum weiter gekämpft. Amerikanische Staatsbürger sollten sich nicht auf die Straße wagen. Millionen Sudanesen in Khartum und anderen Städten haben sich seit Tagen in ihren Häusern und Wohnungen verschanzt, während Militär und RSF einander gegenseitig mit Artilleriegeschützen und Luftangriffen attackierten und sich auf den Straßen Feuergefechte lieferten.
    Bewohner berichteten davon, dass Leichen seit Tagen auf den Straßen lägen und wegen der Kämpfe nicht geborgen werden könnten. 185 Tote wurden von den Vereinten Nationen seit Beginn der Kämpfe am Samstag bestätigt, der sudanesische Ärzteverband hat 144 getötete Zivilisten und mehr als 1.400 Verletzte gemeldet. Die tatsächliche Opferzahl dürfte weit höher liegen.
    ZDF-Korrespondentin Golineh Atai
    Bei den Kämpfen im Sudan mit Dutzenden Toten und Hunderten Verletzten gebe es "keine unmittelbaren Aussichten auf einen Waffenstillstand", so ZDF-Korrespondentin Golineh Atai.17.04.2023 | 2:59 min

    USA vermitteln zwischen Konfliktparteien

    In dem Konflikt stehen sich die sudanesischen Streitkräfte unter Führung von General Abdel Fattah Burhan und die paramilitärischen RSF unter General Mohammed Hamdan Dagalo gegenüber - Beobachter warnen vor einer Ausweitung der Auseinandersetzung. Hintergrund sind Spannungen über eine Integration der RSF in die reguläre Armee und die künftige Befehlskette.
    Nachdem US-Außenminister Antony Blinken in Telefongesprächen mit beiden Seiten eine 24-stündige Feuerpause gefordert hatte, wurde diese Berichten arabischer Nachrichtensender zufolge auch vereinbart. Dagalo bestätigte das auch auf Twitter.
    Tweet des RSF-Generals Dagalo
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    Bündnis will längerfristige Waffenruhe

    Die Mitteilungen des Militärs waren weniger klar. Zunächst teilte es mit, es sei sich keiner Vermittlungen über eine Waffenruhe bewusst. Später berichteten die Satellitensender Al-Arabija und Al-Dschasira unter Berufung auf den Offizier Schams al-Din Kabbaschi, das Militär werde die eintägige Feuerpause ebenfalls einhalten. Auch CNN Arabic meldete, Oberbefehlshaber Burhan habe eingewilligt.
    Kurz vor Inkrafttreten der Waffenruhe teilte ein Bündnis von politischen Parteien und pro-demokratischen Gruppierungen im Sudan mit, man habe aus beiden Lagern "positive Positionen" gehört. Verhandlungen über eine längerfristige Waffenruhe würden laufen.

    Konvoi von US-Botschaft attackiert

    Bei den Gefechten in den vergangenen Tagen geriet auch ein Konvoi der US-Botschaft unter Beschuss. Erste Berichte deuteten auf Verbindungen der Angreifer zu den RSF hin, sagte Blinken am Dienstag nach seinem Telefonat mit den beiden Generälen. Die Fahrzeuge seien eindeutig als zur Botschaft gehörig gekennzeichnet gewesen. Alle Insassen seien in Sicherheit.
    Dagalos RSF sind aus der berüchtigten Dschandschawid-Miliz hervorgegangen, die für Menschenrechtsverbrechen in der Region Darfur verantwortlich gemacht wurde.
    So ist die Lage im Sudan:

    Ursachen und Konfliktparteien
    :Droht Sudan ein Bürgerkrieg? Die Lage erklärt

    Im ganzen Land gehen die Gefechte weiter: Sudan steht vor einem anhaltenden Bürgerkrieg, warnen Experten. Dabei habe sich der Konflikt lange angekündigt - die Hintergründe.
    von Nils Metzger
    Ein Auto der sudanischen Armee fährt an Zivilisten vorbei.
    FAQ
    Quelle: AP, Reuters

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