Stromtrasse Suedlink: Langer Streit um eine lange Leitung

    Baubeginn Stromtrasse SuedLink :Langer Streit um eine lange Leitung

    von Henriette de Maizière
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    Deutschland will die Energiewende, doch Einzelinteressen stoppen viele neue Projekte. Nun ist Baubeginn für die erste Nord-Süd-Trasse: Strom soll aus dem Norden in den Süden.

    Eine Landschaft mit mehreren Stromleitungen.
    In Schleswig-Holstein beginnt der jahrelang verzögerte Bau der Stromtrasse "Suedlink". Mit dieser soll erneuerbare Energie aus Wind von Nord- nach Süddeutschland fließen.11.09.2023 | 1:41 min
    Die erneuerbaren Energien - im Norden sind sie weithin sichtbar: mancherorts Windräder, so weit das Auge reicht. Denn Wind ist ein wichtiger Träger in der Energiewende. Bis 2030 sollen 80 Prozent des Strombedarfs in Deutschland aus erneuerbaren Energien kommen. So will es die Politik.
    Woran es Deutschland aber fehlt, ist die passende Infrastruktur, den Strom dorthin zu transportieren, wo er gebraucht wird. Ihn also ins ganze Land zu verteilen. Deshalb SuedLink, eine von drei geplanten Trassen: Strom aus dem windreichen Norden für den energieintensiven Süden - was so einfach klingt, ist ein Projekt, welches nur schleppend voran kommt.

    Heute beginnt der Bau der für die Energiewende wichtigen Stromtrasse SuedLink an der Elbe. Die Elbquerung ist nach Angaben von Tennet, dem verantwortlichen Stromnetzbetreiber, eines der größten Sonderbauwerke des Projektes. Eine 700 Kilometer lange Stromautobahn mitten durch Deutschland: Vom schleswig-holsteinischen Brunsbüttel nach Leingarten-Großgartach bei Heilbronn. Die Investitionssumme rund zehn Milliarden Euro.

    Verzögerungen, Planänderungen, Verteuerung

    Der milliardenschwere Ausbau der Übertragungsleitungen verzögert sich seit Jahren. Bereits vor zehn Jahren von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen, sollten die Stromtrassen die Energiewende voranbringen.
    Proteste gegen die neuen Überlandkabel durchkreuzten und verzögerten die Pläne. 2015 eine Planänderung, die für mehr Akzeptanz bei der Energiewende sorgen sollte: Erdkabel statt Freileitungen. Den Zeitplan warf das um Jahre zurück. Und es wird knapp eine halbe Milliarde teurer, als überirdisch.

    Die Kabel kommen ein bis zwei Meter unter die Erde. Jedes Kabel hat zehn bis fünfzehn Zentimeter Durchmesser, bis zu acht werden nebeneinander in einem 30 Meter breiten Korridor vergraben. Sie transportieren Hochspannungsgleichstrom und geben dabei möglicherweise Wärme ab.

    Ziel: Akzeptanz für Erneuerbare Energien

    Tennet-Vorstand Tim Meyerjürgens gibt zu: "In der Tat haben wir das Problem ein Stück weit verlagert. Der Hintergrund war der, mehr Akzeptanz zu bekommen. Wir haben aber gesehen, dass wir den eigentlichen Konflikt von einer Gruppe auf die andere verlegt haben.

    Denn für die Grundstückseigentümer und die Landwirte, die diese Fläche bewirtschaften, ist ein Kabel nachteiliger, als eine Freileitung.

    Tim Meyerjürgens, Tennet-Vorstand

    Sein Unternehmen verstehe sich als "Rückgrat der Energiewende", so Meyerjürgens. Er ist überzeugt: "Wir bauen unser Energiesystem auf erneuerbare Energien. Aber damit wir das machen können, brauchen wir Netze. Ohne den Ausbau der Netze bringt uns der Ausbau der erneuerbaren Energien nichts." Für ihn gehört die momentane Diskussion um Industriepreisstrom - also günstigen Strom und der Ausbau der Stromtrassen untrennbar zusammen.
    Windrad und Rotmilan
    Für die einen geht der Windkraftausbau nicht schnell genug. Für die anderen bedeutet er die Zerstörung der letzten Naturräume. Der Streit um den Ausbau spitzt sich zu.03.09.2023 | 28:54 min

    Expertin: Energiewende auch ohne solche Großprojekte möglich

    Während Politik und Netzbetreiber für die Trasse werben, widerspricht Energie-Expertin Claudia Kemfert dem euphorischen Getöse des heutigen Tages. Sie glaubt, die Energiewende sei auch ohne solche Großprojekte möglich, mit regionalen Projekten: "Hier wurde am Reißbrett planwirtschaftlich vorbestimmt." Denn, so glaubt sie, die Trassenplanung sei viel zu sehr auf die Bedürfnisse der Stromnetzbetreiber ausgerichtet:

    SuedLink ist ein überdimensioniertes Projekt, welches enorm teuer ist, aus einer zentralen Sichtweise kommt und nicht so sehr auf dezentrale Einheiten schaut.

    Claudia Kemfert, Energie-Expertin

    2028 soll die Stromstrecke SuedLink in Betrieb genommen werden. Ein - aus heutiger Sicht - zumindest ambitioniertes Ziel.

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