Tunesien lehnt EU-Millionen ab: Wackelt der Migrations-Deal?

    Wackelt der Migrations-Deal?:Tunesien lehnt EU-Gelder ab: Brüssel verwirrt

    |

    Tunesien will von der Europäischen Union angekündigte Finanzhilfen in Millionenhöhe nicht annehmen. In Brüssel sorgt das für Verwirrung. Wackelt nun der gemeinsame Migrationspakt?

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Treffen mit dem tunesischen Präsidenten Kais Saied (Archiv Juli 2023)
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Treffen mit dem tunesischen Präsidenten Kais Saied. (Archivbild)
    Quelle: imago/ANP

    Tunesien hat von der EU-Kommission angekündigte Finanzhilfen in Millionenhöhe abgelehnt, die dem Land beim Kampf gegen irreguläre Migration helfen und dessen Haushalt stabilisieren sollen. Tunesien "nimmt nichts an, was Gnaden oder Almosen ähnelt", sagte Präsident Kais Saied laut Mitteilung des Präsidialamts am Montagabend.
    Die Ankündigungen der Europäischen Union stünden im Widerspruch zur zuvor unterzeichneten Grundsatzvereinbarung. Worin Tunis genau einen Widerspruch sieht, wurde nicht kommuniziert.
    Bootsmigranten im Mittelmeer. Archivbild
    Sindou kommt aus der Elfenbeinküste – und will unbedingt nach Europa. Dafür will er sein Leben bei der riskanten Überfahrt aufs Spiel setzen.27.04.2023 | 6:09 min

    Finanzhilfen abgelehnt: Verwirrung in Brüssel

    Auch in Brüssel sorgten die Äußerungen am Dienstag deswegen für Unruhe - vor allem, weil Saied die EU-Zahlung nach eigenen Angaben nicht wegen der "geringen Summe" ablehnt. Ein ranghoher EU-Beamter sagte, möglicherweise gehe es Saied doch darum, dass ihm ein Hilfspaket in Höhe von einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt worden sei, die EU-Kommission nun aber zunächst nur die Auszahlung von rund 127 Millionen Euro angekündigt habe.
    Man habe die Berichte gesehen, wisse aber nicht ganz genau, worum es Saied gehe, sagte ein anderer EU-Beamter. Man gehe dem nun nach. Weiter hieß es aus Brüssel, es sei verfrüht, die Vereinbarungen für gescheitert zu erklären - auch wenn man bei der Umsetzung noch nicht weit gekommen sei.
    Gespräche über Migration: EU-Politiker erneut in Tunesien. Tunis, 16.07.2023
    EU-Vertreter und Tunesiens Präsident Saied haben ein Flüchtlingsabkommen nach dem Vorbild der Türkei verhandelt. Ziel ist, die Migration über das Meer einzuschränken.16.07.2023 | 2:56 min

    Tunesien eines der Haupttransitländer für Migranten

    Die EU-Kommission hatte vor gut einer Woche angekündigt, Tunesien rund 127 Millionen Euro auszahlen, um die Migration über das Land zu verringern und die schwächelnde Wirtschaft anzukurbeln. Tunesien ist eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge aus Afrika mit Ziel Europa.
    Rund 67 Millionen Euro davon sollen im Zusammenhang mit einer umstrittenen Migrationsabsprache bereitgestellt werden. Dazu kommen noch 60 Millionen Euro Haushaltsunterstützung, damit sich das Land von der Krise infolge der Corona-Pandemie erholt.
    Flüchtlinge in einem Blechboot
    Tunesien als Vorzeigeland des arabischen Frühlings - das ist vorbei. Spannungen und Rassismus gegenüber subsaharischen Geflüchteten nehmen zu.17.05.2023 | 6:11 min

    Wackelt jetzt der Migrationspakt?

    Mit den Äußerungen Saieds mehren sich Zweifel, ob das umstrittene Abkommen zur Migration zwischen Brüssel und Tunis weiter Bestand haben wird.
    Im Rahmen einer entsprechenden Absichtserklärung vom Juli soll Tunesien Finanzhilfen von bis zu 900 Millionen Euro erhalten und im Gegenzug stärker gegen Schlepper und illegale Überfahrten vorgehen. Die EU will damit erreichen, dass weniger Schleuserboote über Tunesien nach Italien kommen.

    Experte zur Flüchtlingspolitik
    :Migration: EU "in jeder Hinsicht gescheitert"

    Der Notstand auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa verdeutlicht die Probleme der EU-Migrationspolitik. Warum die Union bisher scheitert, erklärt Experte Gerald Knaus.
    Flüchtlinge auf der Insel Lampedusan (Italien), aufgenommen am 18.09.2023
    Interview
    Quelle: dpa

    Mehr zu Migration und Tunesien