Verkehrschaos in Berlin: Der Streit um Platz auf den Straßen

    Verkehrsprobleme der Hauptstadt:Gedränge auf den Straßen Berlins

    Schalte mit Stefanie Hayn zu Warnstreik an Berliner Flughäfen
    von Stefanie Hayn
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    Im Jahr 2022 sind auf den Straßen Berlins 32 Menschen gestorben. Die meisten von ihnen waren zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs. Um den Platz auf den Straßen wird gestritten.

    Abendlicher Berufsverkehr auf dem Kaiserdamm, Berlin, 08.03.2018.
    Nicht nur im Berufsverkehr ist es voll auf den Berliner Straßen.
    Quelle: dpa

    Verkehrsgedränge an der Ampel, dann haben alle Spuren in einer Richtung gleichzeitig grün. Füße auf der Straße, Fahrradreifen drängeln dazwischen, Autos zischen vorbei, ein LKW will rechts abbiegen. Er kommt mit seinen dicken Reifen anderen gefährlich nah. Vielen wird kurz mulmig, den LKW-Fahrern in dieser Situation oft auch. Alltag im Berliner Stadtverkehr.
    In Berlin sind im vergangenen Jahr nach Angaben der Polizei 32 Menschen im Straßenverkehr gestorben. In der Mehrzahl Fußgängerinnen und Fußgänger, Radfahrerinnen und Radfahrer, oft angefahren und überfahren von Autos, Lastwagen, Bussen, Straßenbahnen.

    Kernproblem: Zu viele Verkehrsmittel auf zu wenig Raum

    Die Zahl der Verkehrstoten ist zwar niedriger, als sie je im wiedervereinten Berlin war. Aber bei jedem schweren Unfall brandet der Streit neu auf, wie die Stadt sicherer werden soll und wie der Verkehr in der Hauptstadt organisiert werden kann.
    Vieles dreht sich um die Frage, wer wie viel Platz auf der Straße bekommt. Sichere Fahrradwege, ausreichend breite Fußwege, übersichtlich geregelte Kreuzungen wird es flächendeckend nur geben können, wenn der Straßenraum anders verteilt wird. Auch Busse und Straßenbahnen bräuchten eigene Spuren, wenn sie nicht mit den Autos im Stau stehen sollen.
    Das könnte Fahrspuren für Autos oder auch Parkplätze am Straßenrand kosten. Doch die wollen Autobefürworter nicht ohne Protest hergeben. Wie das alles zusammenpassen soll, ist eines der großen Themen in der Stadt - auch im Wahlkampf um die anstehende Berliner Wahlwiederholung am 12. Februar.

    Berliner Wahlkampf: SPD, Grüne, Linke wollen ÖPNV stärken

    Zu finden sind aktuell vor allem die Wahlprogramme der letzten Wahl, die im September 2021 stattfand. Wegen zahlreicher Mängel muss diese Wahl jetzt wiederholt werden. Gut möglich, dass manches in den Papieren noch angepasst wird, aber im Kern wird es wohl bei den Forderungen vom letzten Mal bleiben.
    Für die SPD soll Mobilität sozial gerecht, nachhaltig und sicher sein. Dafür will sie den ÖPNV stärken, Ladepunkte für Elektrofahrzeuge ausbauen und Fuß- und Radwege verbessern. Auf den aktuellen Wahlplakaten wirbt die Partei für sich mit dem neuen 29-Euro-Ticket-Abo für den ÖPNV im Berliner Stadtgebiet.
    Das Ziel von Bündnis 90/Die Grünen ist eine Stadt, in der niemand mehr ein Auto braucht. Sie stellen ÖPNV, Rad- und Fußwege in den Mittelpunkt, wollen die Flächen in der Stadt neu verteilen. Mit Parks statt Parkplätzen und autofreien Kiezen.
    Die Linke will die Berliner S-Bahn, die zur Deutschen Bahn gehört, in kommunales Eigentum holen. Sie schlägt ein verpflichtendes Touristenticket vor, um damit etwa ein Sozialticket zu finanzieren.

    Berliner Opposition will Individualverkehr beibehalten

    Die CDU will die Taktfrequenz beim ÖPNV erhöhen und mit einem Bonussystem Anreize für schnelleren Straßenbau schaffen. Autos sollen öfter in Parkhäusern abgestellt werden, damit die frei werdenden Flächen anders genutzt werden können.
    Die FDP will die Daseinsberechtigung jedes Verkehrsmittels anerkennen und die Wahlfreiheit in den Mittelpunkt rücken. Sie will in den ÖPNV investieren und Radwege ausbauen, aber nicht das Auto aus der Innenstadt verdrängen.
    Die AfD will den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, aber nicht den Individualverkehr benachteiligen, Autos nicht aus den Kiezen verdrängen und Parkplätze nicht durch Fahrräder zustellen lassen.

    Streitpunkt Autobahn: A100 weiterbauen oder nicht?

    Bleibt noch der Streit um die geplante Verlängerung der Autobahn A100 durch die östliche Innenstadt. Die amtierende Koalition aus SPD, Grünen und Linken hat gerade erst erklärt, sich nicht für den Weiterbau einzusetzen, doch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hält an der neuen Trasse fest.
    Auch die Berliner Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus (CDU, FDP und AfD) wollen weiter bauen. Wer auch immer nach der Wahlwiederholung ins Rote Rathaus in Berlin einzieht, oder dort bleibt, es warten Baustellen bei Rad- und Fußwegen, U- und S-Bahnen, Straßen, Straßenbahnen und Parkmöglichkeiten.
    Und es warten Berlinerinnen und Berliner darauf, dass es endlich sicherer, gerechter und planvoller, vor allem aber insgesamt ein bisschen flüssiger läuft mit dem Stadtverkehr in der Hauptstadt.

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