Die Ampel-Pläne zur Bundestags-Verkleinerung stoßen bei der Opposition auf scharfe Kritik - CSU und Linke drohen mit Verfassungsklagen. Die Ampel verteidigt ihre Wahlrechtsreform.
Der von der Ampel-Koalition gefundene Kompromiss bei der Wahlrechtsreform stößt auf massiven Widerstand von Union und Linkspartei. CSU-Chef Markus Söder und Linken-Chefin Janine Wissler drohten am Montag mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Pläne, die voraussichtlich am Freitag vom Bundestag beschlossen werden sollen. Söder sagte dazu:
CDU-Generalsekretär Mario Czaja bezichtigte die Ampel-Koalition, mit den Reformplänen bewusst der Union schaden zu wollen. Linken-Chefin Janine Wissler warf der "Ampel" vor, die Reform ohne Einbindung der Opposition vorangebracht zu haben. Es sei "verfassungsrechtlich zumindest mehr als fragwürdig", wenn ein Wahlkreisgewinner kein Mandat bekomme.
Die geplante Wahlrechtsreform der Ampel stößt schon seit geraumer Zeit auf Widerstand der Opposition - die CSU unterbreitete einen Gegenvorschlag.
Linke und CSU kündigen Verfassungsbeschwerden an
Die Streichung der Grundmandatsklausel sei "federstrichartig" erfolgt, sagte Wissler. Für sie sei vollkommen klar, dass es Verfassungsklagen geben werde, die Linke prüfe dies. Die CSU werde dem Vorschlag nicht zustimmen und eine Klage vorbereiten, erklärte auch Söder. Die Partei halte die Pläne für klar verfassungswidrig und glaube nicht, dass die Neuregelung vor dem Bundesverfassungsgericht durchkomme.
Söder kritisierte ebenfalls den geplanten Wegfall der Grundmandatsklausel. Wegen dieser Klausel ist die Linke in Fraktionsstärke im Bundestag, obwohl sie bei der vergangenen Bundestagswahl nur 4,9 Prozent geschafft hat. Das Modell der Ampel sieht eine Begrenzung des Bundestags auf 630 Abgeordnete vor - derzeit sind es 736. Dazu sollen unter anderem sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen.
Czaja: Reform bewusst zulasten der CDU
CDU-Generalsekretär Mario Czaja sprach nach Sitzungen der Spitzengremien seiner Partei in Berlin von einem "Wahlrecht deutlich zulasten der Wahlkreisgewinner". Da die CDU in der Vergangenheit die meisten Wahlkreise gewonnen habe, sei es eine Reform, "die bewusst zulasten der Union gemacht wird".
Nach dem Ende der Woche erwarteten Bundestagsbeschluss werde man sich die genauen Änderungen am Wahlgesetz anschauen, sagte Czaja. Danach werde die Unionsfraktion über ein Normenkontrollverfahren in Karlsruhe entscheiden. Auch die CDU wolle, dass der Bundestag verkleinert werde, man sei weiterhin kompromissbereit.
Der Ampel-Vorschlag zur Verkleinerung des Bundestags führe zu "massiven Problemen verfassungsrechtlicher Art", so Alexander Hoffmann, CSU, von der Wahlrechtskommission.
Grüne verteidigen Wahlrechtsreform und kritisieren große Koalition
Die Führung der Grünen verteidigte die Pläne der Ampel-Fraktionen für eine Wahlrechtsreform gegen die Kritik. Der großen Koalition aus Union und SPD sei es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, eine Reform auf den Weg zu bringen, die den Bundestag spürbar verkleinert, sagte Parteichefin Ricarda Lang. "Und das war ehrlich gesagt ein großes Versagen." Dies habe Vertrauen in die Demokratie gekostet.
Dem Kompromiss lägen "keine einfachen Verhandlungen zugrunde", sagte Lang. Sie hätte sich gewünscht, dass die Union sich konstruktiv beteiligt.
Ampel hofft weiter auf Zustimmung der Opposition
Die Ampel-Fraktionen hoffen trotz der scharfen Oppositions-Kritik weiterhin auf Zustimmung auch aus der Union bei der Abstimmung in dieser Woche im Bundestag. Konstantin Kuhle, Obmann der FDP in der Wahlrechtskommission des Bundestags, sagte:
Katja Mast, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Bundestag, erklärte: "Ich lade alle reformbereiten Abgeordneten in der CDU ein, sich unserem Vorschlag in dieser Woche anzuschließen." Hinter vorgehaltener Hand hätten ihr auch CDU-Kollegen signalisiert, dass sie Sympathien für das Modell der Ampel hätten, sagte Mast.
"Wer das Gericht anrufen mag, wie das manche schon ankündigen, kann das gerne tun, hat auch ausreichend Zeit dafür vor der nächsten Bundestagswahl", sagte Till Steffen, der Obmann der Grünen in der Wahlrechtskommission.
- Koalition einigt sich auf Wahlrechtsreform
Die Spitzen der Ampel-Koalition haben sich laut ZDF-Informationen auf einen Entwurf geeinigt, wie der Bundestag kleiner werden kann. Die Fraktionen müssen noch zustimmen.