Der Fall Christian Horner:Wie Horner sein Team und die Formel 1 spaltet
von Karin Sturm
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Die Affäre um Red-Bull-Teamchef Christian Horner belastet die Formel 1 - und lässt sich nicht so einfach vom Tisch wischen, wie der Brite möchte.
Die schweren Vorwürfe gegen den Red Bull- Racing-Teamchef Christian Horner wurden nach einer internen Untersuchung zurückgewiesen. Horner möchte nun wieder den Fokus auf den Sport lenken.
Quelle: dpa
Was ist der Ausgangspunkt der Affäre um Christian Horner? Eine ihm untergebene Mitarbeiterin hatte sich bei der Konzernzentrale der Red Bull GmbH im österreichischen Fuschl am See über den Red-Bull-Teamchef beschwert. Es ging um etwas, was offiziell "unangemessenes Verhalten" genannt wurde, wobei es sich aber mit ziemlicher Sicherheit um sexuelle Anzüglichkeiten und Übergriffigkeiten handelte.
Der politische Hintergrund
Im Red-Bull-Konzern hat seit dem Tod von Firmengründer Dietrich Mateschitz im Oktober 2022 der thailändische Mehrheitsanteileigner Chalerm Yoovidhya mit seinen 51 Prozent das Sagen. Auf der österreichisch/deutschen Seite stehen Diether Mateschitz' Sohn Mark Mateschitz, der die 49 Prozent seines Vaters erbte, und der für alle Sportfragen zuständige CEO Oliver Mintzlaff. Beide Seiten stehen sich inzwischen ziemlich unversöhnlich gegenüber.
Die Urheberin der Vorwürfe gegen Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist beim Weltmeister-Rennstall offenbar suspendiert worden. Das berichtete am Donnerstag unter anderem die Nachrichtenagentur "AFP" unter Berufung auf informierte Kreise. Demnach sei die Mitarbeiterin vom Dienst freigestellt, dies stehe in direktem Zusammenhang mit der internen Untersuchung des Falles. Diese wurde vor rund einer Woche abgeschlossen. Das Team, Rennstall des Weltmeisters Max Verstappen, könne "die individuelle Situation von Angestellten nicht kommentieren", sagte ein Sprecher bei AFP.
Die Mitarbeiterin hatte Horner "unangemessenes Verhalten" vorgeworfen, das ist seit Anfang Februar bekannt. Der Konzern hatte das Ergebnis einer wochenlangen Untersuchung am 28. Februar in einer knappen Pressemitteilung verkündet. Die Beschwerde sei abgewiesen worden, "die beschwerende Partei" habe das Recht, Berufung einzulegen, hieß es darin unter anderem. Details zu den Anschuldigungen wurden bis heute nicht bekannt gegeben.
Wer steht im Rennteam auf welcher Seite?
Christian Horner ist von Beginn an im Red-Bull-Team. Damals wurde er von Mateschitz auf Empfehlung von Bernie Ecclestone und Red-Bull-Motorsport-Koordinator Dr. Helmut Marko an Bord geholt. Horner hat es geschafft, sich bei Yoovidhya als der große Erfolgsgarant des Teams zu verkaufen, unabhängig von anderen Schlüsselfiguren wie Design-Genie Adrian Newey oder "Überfahrer" Max Verstappen. Deshalb genießt er die volle Unterstützung des Thailänders.
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Max Verstappen, dessen Vater und Mit-Manager Jos, Marko und immer mehr auch Newey stehen auf der anderen Seite. Besonders sauer stieß auf, dass Horner schon in den letzten Wochen und Monaten vor Mateschitz' Tod versucht hatte, sich politisch "in Stellung" zu bringen. Im Herbst 2023 probierte er sogar, Marko aus dem Team zu drängen.
Unprofessionelle Untersuchung?
Auf Grund der vorliegenden Dokumente, die Horner schwer belasten, wollte Mintzlaff Horner bereits Anfang Februar 2024 kündigen. Der wehrte sich allerdings. Die Thai-Seite kündigte daraufhin eine Untersuchung durch einen externen Anwalt an. Aber war diese Untersuchung so neutral und professionell, wie Horner sie immer wieder darstellt - zuletzt auf der offiziellen FIA-Pressekonferenz in Dschidda?
Der betreffende Anwalt wurde von der Thai-Fraktion - auf Empfehlung von Bernie Ecclestone, Horners Trauzeugen - bestellt und bezahlt. Seinen 150-seitigen Abschlussbericht bekamen Mintzlaff und Co. wohl nicht einmal zu sehen. So konnte dann auch die kurze, nichtssagende und völlig intransparente Pressemitteilung in die Welt gesetzt werden: Nach Abschluss der Untersuchung sei Horner "freigesprochen", die Vorwürfe zurückgewiesen - ohne jede weitere Information.
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Am Bahrain-Wochenende wurden dann entsprechende Chatprotokolle und unappetitliche Fotos anonym geleakt. Als Fake bezeichnet Horner sie nicht. Er sagt dazu immer nur gebetsmühlenartig, er kommentiere keine anonymen Quellen und bleibe bei seinen Aussagen, er sei unschuldig, wie durch die Untersuchung festgestellt. Immer wieder verlangt Horner, man solle die Sache endlich hinter sich lassen und sich auf den Sport konzentrieren.
Imageschade für die Formel 1
Ein Imageverlust für die Formel 1 und extreme Unruhe bei Red Bull sind die Folgen der Affäre Horner. Max Verstappens Vater Jos sagte öffentlich:
Mehr oder weniger öffentlich hat Jos Verstappen begonnen, Verhandlungen mit Mercedes über einen möglichen Teamwechsel zu suggerieren - nur um eine entsprechende Drohkulisse aufzubauen.
Inzwischen sickerte durch, die betreffende Mitarbeiterin sei von Red Bull freigestellt worden. Allerdings eher ein normaler Vorgang in so einem Fall, vor allem, weil sie angeblich überlegt, vor ein ordentliches Gericht zu gehen.
Mögliche Folgen für Horner
Der Druck von außen, vor allem aus den USA, könnte Horner doch noch seinen Job kosten. Die Formel 1 wird durch Rechteinhaber Liberty Media heute US-amerikanisch kontrolliert. Ford, künftiger Motorenpartner von Red Bull ab 2026, ist ein US-amerikanischer Konzern. In den USA sind seit #MeToo-Themen mit sexuellem Kontext extrem heikel.