Neues Konzept für Torhüter-DNA: Nachfolger für Neuer und Co.

    Neue "Torhüter-DNA":Zehn Gene für den nächsten Neuer

    von Ralf Lorenzen
    |

    Land der Dichter, Denker - und Torhüter. Diesen Ruf haben Keeper von Maier bis Neuer begründet. Doch wenn die jetzige Generation abtritt, droht eine Lücke. Der DFB baut vor.

    Nico Mantl
    Nico Mantl (23) zählt zu den deutschen Nachwuchshoffnungen im Tor. Derzeit steht er im Kasten von Aalborg BK (Dänemark).
    Quelle: Imago

    Wenn die deutsche U21-Fußballnationalmannschaft am Freitag Japan empfängt, heißen die drei Torhüter im Kader Nico Mantl, Christian Früchtl und Noah Atobulo. Das sind alles hochtalentierte Fußballer, die nur einen Makel haben: Sie können ihr Können zu selten auf höchster Ebene zeigen. Atobulu spielt in der U23 des SC Freiburg, Mantl beim dänischen Erstligisten Aalborg BK, Christian Früchtl ist bei Austria Wien immerhin Stammtorwart. Zusammen kommen alle drei auf ein Spiel in Deutschlands erster Liga.

    Wer kommt nach ter Stegen?

    Als Deutschlands dominierender Torwart der letzten Dekade, Manuel Neuer, 2009 in Schweden U21-Europameister wurde, war er schon Stammtorwart bei Schalke 04. Auch seine derzeitigen Vertreter Marc-André ter Stegen, Bernd Leno und Kevin Trapp waren schon in jungen Jahren feste Größen bei Borussia Mönchengladbach, Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt.
    Sie könnten allerdings die letzte Generation der langen Ahnenliste deutscher Torhüter sein, die der Nation das sichere Gefühl gaben, sich um diese Position keine Sorgen machen zu müssen. Tobias Haupt, Leiter der DFB-Akademie warnte schon vor gut einem Jahr:

    Spätestens wenn Marc-André aufhört, haben wir eine Lücke an deutschen Torhütern.

    Tobias Haupt, Leiter der DFB-Akademie

    Der ehemalige U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz gab Hinwiese darauf, woran es liegt, dass sich für die Weiterführung der Kette Maier, Schumacher, Köpke/Illgner, Kahn/Lehmann, Neuer, ter Stegen/Leno noch niemand so richtig abzeichnet. Am ehesten ist da noch der 26-jährige Alexander Nübel, der derzeit vom FC Bayern München zum AS Monaco ausgeliehen ist.  
    Trainiung der DFB-Torhüter
    Dieses Trio steht für die Gegenwart deutscher Torwart-Kunst: Kevin Trapp, Andre ter Stegen und Manuel Neuer. Was kommt danach?
    Quelle: Imago

    "Am Ende ist die einzige Währung Spielzeit", sagte der jetzige Trainer der türkischen Nationalelf, Stefan Kuntz. "Es wurden nur diejenigen große Torhüter, die in ihren Vereinen auch gespielt haben."

    DFB hat Entwicklung verschlafen

    Und diese Chance bekommen junge deutsche Torhüter immer seltener. Die Konkurrenz aus dem Ausland wird immer stärker, während sich die deutsche Torhüterausbildung offenbar zu lange in der Komfortzone eingerichtet hat. 
    Neuer war 2009 bei der U21-EM in Schweden der Idealtyp des modernen Torwarts, der "Sweeper-Keeper", der Angriffsaktionen des Gegners schon weit vor dem Tor erstickt und gleichzeitig eigene Angriffe mit punktgenauen Pässen einleitet.
    Nicht Tim Wiese, der Vertreter der alten muskelbepackten Gerry-Ehrmann-Schule, sondern der 24-jährige Shooting-Star stand 2010 bei der WM in Südafrika im Kasten. Während diese  Entwicklung international damals erst Fahrt aufnahm, wurde sie in die deutsche Torwartausbildung nicht konsequent genug implementiert.
    Frankfurt am Main, DFB Campus, Fussball DFB Natinalmannschaft Training, Florian Wirtz
    Florian Wirtz ist nach seiner langwierigen Knieverletzung zurück im DFB-Team. Das Top-Talent gilt als einer der größten Hoffnungsträger mit Blick auf die Heim-EM.21.03.2023 | 0:53 min

    Die "Torwart-DNA"

    Noch vor zehn Jahren hatten nur vier von achtzehn Stammtorhütern in der Bundesliga keinen deutschen Pass. Aktuell sind es zehn - und die jüngste deutsche Nummer 1 ist aktuell der 27-jährige Marvin Schwäbe vom 1. FC Köln. Der DFB hat aus dieser Entwicklung Konsequenzen gezogen und Visionen entwickelt, wie die 15- oder 16-Jährigen die Reife erlangen, irgendwann im Tor der deutschen Nationalmannschaft  stehen zu können.
    DFB-Torhüterkoordinator Marc Ziegler hat mit Haupt und Torwarttrainer-Kollegen eine "Torwart-DNA" erstellt, die das Anforderungsprofil der NationalkeeperInnen der Zukunft veranschaulicht.  "Wir wollen den Mädchen und Jungen ein verständliches, attraktives Leitbild aufzeigen, ihnen eine gewisse Orientierung geben", sagt Ziegler.

    Gesucht: Einer wie Neuer

    Entstanden ist eine Kette von zehn "Genen", die mit der Forderung beginnt, die TorhüterInnen müssen "online" sein: "Geht der Schalter erst an, wenn der Pass in die Tiefe schon gespielt wird? Zu spät! Wir wollen einen Torhüter, der das Spiel liest wie Manuel Neuer", so Ziegler.  
    Auch wenn es gelingt, die Torwartausbildung nicht nur beim DFB, sondern flächendeckend zu modernisieren, müssen immer noch einige Bundesliga-Klubs mutig genug sein, ihnen Spielzeit zu geben. Bis die heute 16-Jährigen reif genug sind, müssen ter Stegen, Leno und Trapp noch durchhalten.

    Das sollen zukünftige DFB-TorhüterInnen alles sein:

    Online (antizipativ auf Spielsituationen reagierend)
    TechnikerIn
    PositionsmanagerIn
    AthletIn
    RaumverteidigerIn
    OrganisatorIn
    ZielverteidigerIn
    Persönlichkeit
    OffensivspielerIn
    PerformerIn

    Mehr zur Nationalmannschaft

    Bundesliga - 30. Spieltag

    das aktuelle sportstudio

    2. Bundesliga - Highlights

    Bundesliga-Duelle

    Champions League - Highlights