Klein: "Der Weltsport verhöhnt seine eigenen Ziele"

    Rückkehr russischer Athleten:"Der Weltsport verhöhnt seine eigenen Ziele"

    von Susanne Rohlfing
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    Athletenvertreter Klein kritisiert Rückkehr russischer Athleten auf die Wettkampf-Bühne. Kanu-Präsident Konietzko dagegen hält sie für nötig, um die olympische Idee zu retten.

    Die olympische Idee ist schützenswert. Punkt. Soweit ist man sich einig am Samstagabend im aktuellen sportstudio. Doch schon bei der Frage, was es genau zu schützen gilt und wie das im Detail zu bewerkstelligen ist, gehen die Meinungen der Athletenvertreter Maximilian Klein und Lea Krüger auf der einen und des Kanu-Weltverbandspräsidenten Thomas Konietzko auf der anderen Seite weit auseinander.

    Russland bei Olympia, ja oder nein?

    Ist die Rückkehr russischer und belarussischer Athleten auf die internationale Wettkampf-Bühne ein Akt im Sinne der olympischen Idee? Weil Sportler nicht für das Tun ihrer Regierungen bestraft werden dürfen und Olympia offen bleiben muss für jede Athletin und jeden Athleten auf dieser Welt?
    Oder wäre nicht vielmehr der Ausschluss von Athleten aus den beiden Nationen, die Krieg über die Ukraine gebracht haben und den ukrainischen Staat vernichten wollen im Sinne dieser Idee, unter deren Aura sich Athletinnen und Athleten aus aller Welt alle vier Jahre zum sportlichen Kräftemessen und friedlichen Miteinander treffen?

    Meinungen gehen weit auseinander

    Es drohe die Spaltung, sagte Konietzko, der als Befürworter der Rückkehr von Russen und Belarussen gilt. Seine Sorge ist, "dass es irgendwann werteorientierte Spiele gibt. Dass die Westeuropäer entscheiden, wer gegen wen antritt, und dann der Rest der Welt in separaten Spielen aufeinandertrifft".
    Maximilian Klein, bei Athleten Deutschland Direktor für Sportpolitik und Strategie und seit 2019 im Masterstudium in Public Policy an der Harvard Kennedy School in den USA, hielt dagegen: "Der Weltsport verhöhnt seine eigenen Ziele, wenn er keine Antworten darauf findet, wenn autokratische Staaten die Regeln und die Werte des Sports Mal um Mal missbrauchen."

    Lösung: Neutrale Athleten?

    Es ist ein Streit, der den Weltsport seit Wochen empfindlich erschüttert. Ende März hatte Thomas Bach die Abkehr des Internationalen Olympischen Komitees von der kurz nach Kriegsbeginn ausgesprochenen Empfehlung erklärt, russische und belarussische Athleten aus dem Weltsport auszuschließen.
    Nun sollen sie unter Auflagen als so genannte neutrale Athleten wieder mitmischen dürfen. Gespräche mit Verbänden und Athleten in aller Welt hätten ergeben, dass die Mehrheit dies befürworte, sagte der IOC-Präsident.
    Säbelfechterin Lea Krüger stört der alleinige Blick des IOC auf den Willen der Mehrheit. "Es wurde keine Rechteabwägung vorgenommen", kritisierte sie im aktuellen sportstudio.

    Es geht hier aber um Rechte und nicht nur um Mehrheiten. Wir haben auf der anderen Seite die ukrainischen Athleten, die teilweise gerade an der Front sterben, die nicht trainieren können, das wird einfach missachtet.

    Lea Krüger, Säbelfechterin

    Russische Teams bleiben ausgeschlossen

    Nach der Empfehlung des IOC sollen nur Einzelsportler wieder starten dürfen, Teams bleiben ausgeschlossen. Ebenso Athleten, die den Krieg gegen die Ukraine aktiv unterstützen oder die dem Militär oder dem Sicherheitsapparat eines der beiden Länder angehören. Klein hält den neutralen Status nicht für ein geeignetes Mittel.
    [Mehr zum Thema Russische Sportler: In den Diensten der Armee und Putins]
    Er sagt: "Auch unter Auflagen wird der Sport von Putins Kriegspropaganda instrumentalisiert." Zudem sei völlig ungeklärt, wie die Auflagen umgesetzt werden sollen, ob sie überhaupt umgesetzt werden können.

    Ukraine weist für eigene Sportler Boykott an

    Im Kanu-Weltverband habe man dafür "entsprechende Mechanismen in Gang gesetzt", erklärte Konietzko: "Ich glaube, das kann gelingen." Ins Detail ging er nicht. Die Entscheidung, ob man der Empfehlung des IOC folgen wird, soll in der nächsten Woche fallen. Der Leichtathletik-Weltverband hat sich bereits gegen das IOC gestellt.
    Der Fecht-Weltverband wiederum, der am Geld-Tropf des russischen Oligarchen Alischer Usmanow hängt, lässt russische und belarussische Fechter bereits wieder zu - was ukrainische Athleten ins Dilemma stürzt, da ihre Regierung sie angewiesen hat, nicht bei Wettbewerben mit russischer und belarussischer Beteiligung anzutreten. Die olympische Idee - sie ist einer Zerreißprobe ausgesetzt.
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