Fußball-Nationalspielerin Magull: Mehr erreichen als bei EM

    Interview

    Nationalspielerin blickt auf WM:Magull: "Mehr erreichen als bei der EM"

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    Die DFB-Frauen locken immer mehr Fans in die Stadien. Wie das Aufschwung für die WM 2023 geben kann, verrät Nationalspielerin Lina Magull im Interview.

    Lina Magull winkt beim Spiel FC Bayern - Eintracht Frankfurt am 11. Februar 2023
    Lina Magull, Mittelfeldstrategin beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft.
    Quelle: Imago / Hartenfelser

    ZDFheute: Mehr als 17.700 Tickets sind fürs Testspiel gegen Schweden schon verkauft, Bundeskanzler Olaf Scholz hat seinen Besuch angekündigt: Dann hat sich ja die Hartnäckigkeit ausgezahlt, mit der auch Sie mehr Aufmerksamkeit eingefordert haben?
    Lina Magull: Das ist alles in allem eine sehr positive Entwicklung. Es zeigt sich, dass zu solch einer Anstoßzeit mehr Leute ins Stadion kommen können. Wir haben im Sommer bewiesen, welche Qualität bei uns vorhanden ist. Dass wir danach auch die Zuschauer mit unserem Freundschaftsspiel gegen Frankreich (2:1 in Dresden vor 27.000 Besuchern, Anm. d. Red.) begeistern konnten, ist schön zu sehen. Ich hoffe, dass es letztlich noch mehr als 17.700 Fans sein werden. Mich reißt ein volles Stadion mit. Und natürlich ist es schön, dass der Bundeskanzler seinen Besuch angekündigt hat.
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    ZDFheute: Wenn Sie gegen Schweden antreten, wird das WM-Viertelfinale 2019 noch mal präsent, als Sie damals gegen den Gegner das sehenswerte Führungstor erzielt haben, doch am Ende war Deutschland ausgeschieden. Wie oft haben Sie danach Albträume gehabt?
    Magull: Albträume nicht, aber natürlich sind positive wie negative Erinnerungen damit verbunden. Mein schönes Tor war letztlich nichts wert, weil wir nicht weitergekommen sind. Das war sehr ärgerlich. Wir haben damals nach einer kontrollierten ersten Halbzeit den Faden verloren. Ich glaube, dass wir dreieinhalb Jahre später deutlich weiter sind.
    ZDFheute: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat danach mit ihrem neuen Trainerteam vieles hinterfragt und aus der Mannschaft kamen viele Impulse.

    Lina Magull, 28 Jahre alt, hat sich als Leistungsträgerin bei der deutschen Frauen-Nationalmannschaft etabliert. Die Kapitänin vom FC Bayern war als spielstarke Mittelfeldspielerin eine Stütze bei der Europameisterschaft in England. Dort traf sie drei Mal, unter anderen auch im Finale gegen England (1:2).

    Die gebürtige Dortmunderin zog schon in jungen Jahren ins Mädcheninternat der Sportschule Kaiserau, um sich den Traum als Fußballprofi zu erfüllen.

    Vor ihrem Wechsel nach München spielte die 68-fache Nationalspielerin für den SC Freiburg und VfL Wolfsburg.

    Magull: Es war wichtig, dass wir uns alle nach diesem Negativerlebnis kritisch hinterfragt haben. Es war ein längerer Prozess, die exakten Probleme herauszufiltern. Inzwischen sind wir eine Nation, gegen die andere Teams nicht gerne spielen.
    ZDFheute: In der Dokumentation "Born for this" wird gezeigt, dass Sie nach einer harten Ansprache des damaligen Co-Trainers Thomas Nörenberg wenige Monate vor EM-Start geweint haben.
    Magull: Ich bin halt ein emotionaler Mensch. Der Fußball bedeutet mir sehr, sehr viel - wenn er für mich derzeit nicht das Wichtigste ist. Wenn man dann hart kritisiert wird, obwohl man immer versucht hat, sein Bestes zu geben, nimmt das einen mit. Die Liebe zum Fußball lasse ich mir nicht absprechen. Letztlich hat dieser Warnschuss uns aber gutgetan, denn ohne offene Kritik entwickelt man sich nicht weiter.
    ZDFheute: Die Bundestrainerin scheint auch sehr offen für Verbesserungsvorschläge.
    Magull: Das wird bei uns sogar eingefordert. Wir haben mittlerweile einen regelmäßigen Austausch zwischen Spielerinnen und vor allem Mannschaftsrat und Trainerteam. Dieses Feedback ist für beide Seiten wichtig. Letztlich müssen wir auf dem Platz performen.

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    ZDFheute: Die WM in Australien und Neuseeland wird noch einmal eine ganz neue Herausforderung. Weite Reisen, anderes Klima, anfangs unbekannte Gegner. Wie viel mehr braucht es, um den Titel zu holen?
    Magull: Ich freue mich wirklich sehr auf diese WM, weil Australien und Neuseeland dieses Turnier groß aufziehen werden. Mit einer großen Begeisterung in den Stadien, was wir hoffentlich auch nach Deutschland vermitteln können. Wir wollen mehr erreichen als bei der EM 2022, aber heute ist schwer, genau zu sagen, was es noch mehr braucht, um den Titel zu holen. Da haben wir zum Glück noch ein bisschen Zeit.
    ZDFheute: Haben Sie das Gefühl, Sie müssen als Nationalteam nach der verkorksten WM der Männer die angekratzte Ehre des deutschen Fußballs retten?
    Magull: Das glaube ich nicht. Wir möchten diesen Vergleich auch nicht. Wir konzentrieren uns auf uns. Es wäre schön, wenn beide Nationalteams die volle Unterstützung bekommen.
    Das Interview führte Frank Hellmann
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