Lake Louise: Thomas Dreßen - Neubeginn, die zweite

    Weltcup-Abfahrt in Lake Louise:Thomas Dreßen: Neubeginn, die zweite

    von Elisabeth Schlammerl
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    Hinter Thomas Dreßen liegt eine lange Leidenszeit mit zwei Operationen und einer, wie er sagte - "depressiven Phase". In Lake Louise gibt er sein Comeback.

    Ski-Alpin-Weltmeisterschaft 2021: Thomas Dreßen besichtigt die Strecke.
    Leidensweg beendet: Thomas Dreßen ist wieder fit für Abfahrtsrennen.
    Quelle: Michael Kappeler/dpa

    Der See ist zugefroren, die Wälder rund um Lake Louise sind verschneit. Es herrscht tiefster Winter in den kanadischen Rocky Mountains - dort, wo nun auch die Abfahrer in die alpine Weltcup-Saison starten. Für den erfolgreichsten aktiven deutschen Skirennläufer Thomas Dreßen ist es eine Reise in die Vergangenheit; in eine schöne Vergangenheit, und es ist gleichzeitig ein Neubeginn.

    Zeitplan der Rennen in Lake Louise


    • Samstag, 26. November, 20:30 Uhr: Abfahrt Männer
    • Sonntag, 27. November, 20:30 Uhr (ZDF-Livestream): Super-G Männer
    In Lake Louise hatte er 2019 nach einer komplexen Knieverletzung und einer einjährigen Wettkampfpause ein bemerkenswertes Comeback gefeiert - mit einem Sieg in der Abfahrt, seinem dritten im Weltcup.

    Lockdown als Bremse

    Nun kehrt er zurück, wieder nach einer schweren Verletzung. Es ist also wie damals und doch komplett anders. "Mein letztes Weltcup-Rennen war vor dem Lockdown“, sagt Dreßen: "So brutal lange ist das her."
    Anfang März 2020 in Kvitfjell belegte er den achten Platz nach insgesamt drei Siegen in jenem Winter und dem zweiten Platz im Abfahrts-Weltcup. Dann wurde die Saison wegen Corona vorzeitig beendet.

    Zuerst die Hüfte, dann das Knie

    Ein gutes halbes Jahr später, beim Vorbereitungs-Endspurt auf die neue Saison, begann die Leidenszeit. Zuerst musste er an der Hüfte operiert werden. Dann endete das Kurz-Comeback bei der WM in Cortina d’Ampezzo 2021 kläglich. Nicht wegen des Resultats (Platz 18), sondern weil das ohnehin schon lädierte Knie wieder Probleme bereitete.
    Eine weitere Operation war notwendig. Aber mit dem Ausmaß der Verletzung, sagt er, "habe ich nicht gerechnet". Ein komplizierter Wiederaufbau des Knorpels. Ziemlich langwierig, wie der 29-Jährige vom SC Mittenwald erfahren sollte.
    Skirennläufer Thomas Dreßen (13.02.2020)
    Februar 2020: Thomas Dreßen gewinnt die Ski Weltcup Abfahrt von Saalbach-Hinterglemm.
    Quelle: EPA

    Dreßen im mentalen Loch

    "Der richtige Tiefschlag", sagt er, sei aber weniger der Eingriff gewesen, sondern der kam im November, als die Teamkollegen zu den ersten Weltcuprennen nach Nordamerika flogen - ohne ihn.

    Und ich habe bis dahin erstens noch nicht einmal auf Schnee trainiert und zweitens nicht gewusst, wann es wieder möglich sein wird.

    Thomas Dreßen

    Er sei "mental in ein Loch gefallen", hatte "leichte depressive Phasen", wie er im Gespräch mit seinem Mentalcoach herausgefunden hat. Neben der ungewissen sportlichen Zukunft gab es zudem Schwierigkeiten mit einem seiner Sponsoren. "Da wurde viel Unruhe reingebracht", so Dreßen.

    Härtetest in Chile

    Dass die Psyche ihm einen Streich spielte, "das war Neuland für mich". Aber er hat es nicht verdrängt, sondern daran gearbeitet. Geholfen haben ihm dabei Ehefrau Birgit, seine Familie, das sportliche Umfeld, aber vor allem die ersten gelungenen Versuche auf Skiern.
    Es ging aufwärts, langsam zwar, aber Dreßen hatte gelernt, geduldig zu sein. Seit Sommer trainiert er wieder mit der Mannschaft.
    Die erste ganze große Härtetest für das Knie war das Trainingslager in Chile:

    Das waren Belastungen, die auch während der Wettkampfphase auf das Knie und den Körper zukommen.

    Thomas Dreßen

    Comeback-Saison als Prozess

    Alles habe "einwandfrei" funktioniert. Auch zuletzt beim Training in Copper Mountain. Nur eine Corona-Erkrankung zwang ihn im September noch einmal zu einer längeren Pause. In Lake Louise feiert er nun also sein nächstes Weltcup-Comeback.
    "Es ist für mich wichtig zu sehen, wo ich stehe", sagt er. Vermutlich noch nicht dort, wo er vor drei Jahren stand, dafür war die Pause zu lange. Aber er ist auch wichtig für die gesamte Abfahrtsmannschaft, der in der vergangenen Saison ein wenig der Orientierungspunkt gefehlt hat.
    Wolfgang Maier, Alpindirektor im Deutschen Skiverband, hofft, dass der Kitzbühel-Sieger von 2018 "im besten Fall das ganze Team mitziehen kann".
    Dreßens Ziel ist klar. "Ich will wieder dahin, wo ich gewesen bin und hoffentlich noch besser werden." Aber das geht nicht von heute auf morgen und schon gar nicht im ersten Rennen. "Es ist", weiß Dreßen, "ein Prozess." Einer, der möglichst schnell wieder ganz oben auf dem Siegerpodest enden soll.

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