Fernverkehr: Jeder dritte Bahnreisende verspätet am Ziel

    Auswertung zum Fernverkehr:Jeder dritte Bahnreisende verspätet am Ziel

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    Pünktlich sein Reiseziel erreichen - das ist mit der Bahn nicht immer möglich. Einer Auswertung zufolge ist die Pünktlichkeit bei der Bahn 2022 deutlich gesunken.

    Fahrgäste mit Koffern vor einem ICE. Archivbild
    Die sogenannte Reisendenpünktlichkeit hat sich einer Auswertung zufolge von 2021 zu 2022 um zehn Prozentpunkte verschlechtert. (Archivbild)
    Quelle: Christoph Schmidt/dpa

    Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn hat 2022 sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht.
    Lediglich 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an, wie aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro hervorgeht. Sie lag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.

    Reisendenpünktlichkeit gesunken

    Die sogenannte Reisendenpünktlichkeit hat sich demnach von 2021 zu 2022 um zehn Prozentpunkte verschlechtert. 2017 kamen noch gut 86 Prozent der Fahrgäste mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Ziel an.
    Gleisarbeiten an den Schienen
    2022 waren so viele Fernverkehrszüge unpünktlich wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Als Gründe nannte die Deutsche Bahn eine überalterte Infrastruktur und viele Baustellen.21.03.2023 | 8:26 min
    Die Bahn veröffentlicht monatlich, wie viele Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung erreicht wurden (im August 63,4 Prozent im Fernverkehr). Daraus lässt sich aber nicht schließen, wie oft Anschlüsse verpasst wurden oder Züge komplett ausgefallen sind.
    Die Reisendenpünktlichkeit kommt daher dem tatsächlichen Reisegefühl der Fahrgäste näher, weil auch ein verpasster Anschluss die Statistik beeinflusst. Sie wird ebenfalls von der Bahn erfasst, aber nicht regelmäßig veröffentlicht.

    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) trifft an diesem Freitag in Frankfurt Vertreter der Bahn- und Baubranche beim "Schienengipfel". Bei den Gesprächen werde es darum gehen, "wie die vom Bund bereitgestellten Rekordmittel effizient eingesetzt werden können und welche Voraussetzungen notwendig sind, um möglichst schnell die dringend notwendigen Verbesserungen für Fahrgäste und Güterverkehrsunternehmen zu erreichen", erklärte das Ministerium. Eine Pressekonferenz ist für 12.30 Uhr angesetzt.

    Neben Wissing nehmen daran Verbandspräsidenten der Bau- und Bahnindustrie sowie der beim Deutsche-Bahn-Konzern für Infrastruktur zuständige Vorstand Berthold Huber teil. Die DB hat mit Verspätungen, vielen Baustellen und unzufriedenen Kundinnen und Kunden zu kämpfen.

    Quelle: AFP

    Marode Infrastruktur bei der Bahn

    Die Bahn steht seit Monaten wegen der schlechten Pünktlichkeitswerte in der Kritik. 2022 stürzten die Werte ab, unter anderem weil viele Baustellen den Verkehr beeinträchtigten.
    Die Bahn-Infrastruktur gilt als marode und wurde in den vergangenen Jahren kaum erneuert, gleichzeitig stieg aber der Bedarf an Zugverkehr. Auf dem bestehenden Netz gibt es kaum Kapazitäten für weitere Züge.

    Viele Schienen und Weichen abgebaut

    Das zeigt sich auch in den Ursachen für die Verspätungen. Laut der Ministeriumsantwort lassen sich 60,9 Prozent der "Verspätungsereignisse" zwischen Januar und Juli 2023 auf "belastungsbedingte Verspätungen" zurückführen - im Vergleich zu 46,4 Prozent im Jahr 2015. Zu dieser Art der Verspätungen gehören insbesondere Zugfolgekonflikte.
    Deutsche Bahn
    "Die Versäumnisse der letzten dreißig Jahre" fielen der Bahn "jetzt auf die Füße" und "das lässt sich nicht von heute auf morgen korrigieren", so Detlef Neuß, Fahrgastverband Pro Bahn.28.07.2023 | 4:10 min
    Weil die Bahn in den 1990er Jahren viele Schienen und Weichen abgebaut hat, können sich die Züge an vielen Stellen im Netz nicht überholen. Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sagte:

    Die vielen betroffenen Fahrgäste leiden also unter einer Infrastruktur, die eine zunehmende Zahl an Zügen nicht mehr bewältigen kann.

    Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen

    "Angebotssteigerungen sind aktuell nur noch begrenzt möglich. Gerade im Nah- und Personenverkehr können bessere Angebote erst dann kommen, wenn zusätzliche Infrastruktur fertiggestellt wird", sagte Gastel weiter.
    Es liege im Interesse der Fahrgäste, dass nicht nur mehr saniert und ausgebaut, sondern auch neu gebaut werde.

    Bahn plant Generalsanierungen

    Die Bahn plant für die nächsten Jahre zahlreiche Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken. So soll die Pünktlichkeit verbessert und durch neuere Bahntechnik die Kapazität des Netzes erhöht werden. Der Neubau spielt zunächst eine untergeordnete Rolle.

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    Quelle: dpa

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