EZB hält an bestehendem Leitzins fest: Kurswende später?

    FAQ

    Kurswende erst später angedeutet:EZB hält an bestehendem Leitzins fest

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    Die Europäische Zentralbank hält am Leitzins von 4,5 Prozent fest - vorerst. Denn die Währungshüter deuten einen Kurswechsel für die Zukunft an.

    Europäische Zentralbank in Frankfurt
    Die Europäische Zentralbank in Frankfurt entscheidet über den geldpolitischen Kurs.
    Quelle: dpa

    Der Leitzins im Euroraum bleibt unverändert bei 4,5 Prozent. Das entschied der Rat der Europäischen Zentralbank am Donnerstag, wie die Notenbank mitteilte. Die EZB nimmt aber Kurs auf eine bevorstehende erste Zinssenkung.
    "Sollte seine aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen", erklärten die Euro-Wächter.
    ZDF-Börsenexpertin Stephanie Barrett
    Die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main lässt die Leitzinsen unverändert bei 4,5 Prozent. Wer davon profitiert, weiß ZDF-Börsenexpertin Stephanie Barrett.11.04.2024 | 0:55 min
    Die EZB hält inzwischen seit September 2023, als sie im Kampf gegen die Inflation zuletzt die Zinsen angehoben hatte, an den rekordhohen Sätzen fest. Inzwischen ist die Inflation aber gefallen. Das nährt Hoffnung und Forderungen nach einem Kurswechsel.

    Warum wird ein Kurswechsel gefordert?

    Kredite haben sich seit dem Ende der Nullzinsphase im Euroraum verteuert. Für Immobilienkäufer, Hausbauer oder Unternehmen wäre deshalb eine Senkung der Leitzinsen attraktiv, da so auch die Kredite voraussichtlich sinken würden.

    Unter Leitzinsen versteht man die von der zuständigen Zentralbank festgelegten Zinssätze, zu denen sich Geschäftsbanken bei einer Zentral- oder Notenbank Geld beschaffen oder anlegen können. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig für die Festlegung der Leitzinsen. Vorrangiges Ziel der Zentralbanken ist es, ein stabiles Preisniveau mit einer niedrigen Inflationsrate sicherzustellen.

    Die Europäische Zentralbank (EZB), die für die Eurozone zuständig ist, strebt dafür ein Inflationsziel von zwei Prozent in der mittleren Frist an. Um die Inflationsrate bei einer vorgegebenen Zielgröße zu halten, kann die Zentralbank die Leitzinsen anheben ("restriktive Geldpolitik") oder auch senken ("expansive Geldpolitik"). 

    Quelle: Glossar des Bundesfinanzministeriums

    Wie entwickelt sich die Inflation?

    Nach Rekordhöhen infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich die Teuerung mittlerweile wieder deutlich abgeschwächt. Im März stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat um 2,4 Prozent. Im März 2023 lag die Inflationsrate noch bei 6,9 Prozent.
    Inflation - Konsum
    Die Inflation in Deutschland ist im März auf den tiefsten Stand seit fast drei Jahren gesunken. Wie macht sich das für Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbraucher bemerkbar?02.04.2024 | 2:39 min
    Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer mahnt:

    Im Kampf gegen die Inflation ist die letzte Meile die schwierigste.

    Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank

    Die EZB strebt mittelfristig eine jährliche Inflationsrate von zwei Prozent an. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter Preisstabilität gewährleistet. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern. Sie können sich dann für einen Euro weniger leisten.

    Warum zögert die EZB bislang mit Zinssenkungen?

    Um die zeitweise hohe Inflation in den Griff zu bekommen, hatten die Währungshüter im Juli 2022 die Jahre der Null- und Negativzinsen beendet und die Zinsen zehnmal in Folge erhöht. Die Inflation nähert sich inzwischen dem Zwei-Prozent-Ziel, doch die Notenbank möchte sichergehen, dass die Gefahr stark steigender Preise tatsächlich gebannt ist.
    Inflationsrate
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    Nach Einschätzung von BVR-Chefvolkswirt Andreas Bley spricht vieles für eine im Trend weiter sinkender Inflation, die Unsicherheiten blieben aber hoch, sagte er vor der neuesten EZB-Entscheidung am Donnerstag. Die Energiepreise stiegen aktuell wieder und die Löhne wüchsen kräftig. Daher sollte die EZB jeden weiteren Zinsschritt von der Datenlage abhängig machen.

    Ein Auf und Ab des Leitzinses würde zu einer starken Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Finanzmärkte führen.

    Andreas Bley, Chefvolkswirt des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken

    Wann könnte die EZB die Zinsen senken?

    In den vergangenen Wochen hatte bereits eine Reihe von Währungshütern die Ansicht geäußert, die Zinssitzung am 6. Juni könnte der geeignete Startpunkt für die Zinswende sein. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte im März gesagt, die Notenbank werde von der Datenlage her wohl im Juni ausreichend Sicherheit haben, um über eine erste Zinssenkung zu entscheiden.
    Leitzins der EZB
    ZDFheute Infografik
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    Was bedeuten die Entscheidungen der EZB für Sparer?

    Seit ihrem Höhepunkt gegen Ende vergangenen Jahres sind die Festgeldzinsen nach Daten des Vergleichsportals Verivox bereits spürbar gesunken. Bundesweit verfügbare Festgeldanlagen mit zwei Jahren Laufzeit bringen demnach im Schnitt zurzeit 2,89 Prozent (Stand: 5. März), Anfang Dezember waren es 3,36 Prozent.
    Euro-Münzen auf Geldscheinen
    Wem Sicherheit über viele Jahre wichtig ist, aber auch die Gewinne oberhalb der Inflation, der sollte sich Festgeld ansehen. Tipps für die Suche.04.03.2024 | 3:49 min
    Eine Leitzinssenkung im Sommer sei in den aktuellen Festgeldkonditionen schon weitgehend eingepreist, meinte Verivox-Experte Oliver Müller.

    Auf einem Festgeldkonto wird Erspartes für einen bestimmten Zeitraum angelegt. Sparer können in dieser Zeit nicht über das Geld verfügen und Geldhäuser ihre Konditionen nicht anpassen. Die Finanzinstitute versuchen daher, die erwartete Zinsentwicklung im Voraus zu berücksichtigen. Quelle: dpa

    Beim Tagesgeld stagnieren die Zinsen bundesweit verfügbarer Angebote - den Verivox-Daten zufolge - bei durchschnittlich 1,75 Prozent. "Perspektivisch rechnen wir auch beim Tagesgeld mit sinkenden Zinsen", sagte Maier. Die Zinsen für täglich verfügbare Einlagen können die Kreditinstitute jederzeit ändern und an die aktuelle Marktlage anpassen.

    Wie hängen Zinsen und Konjunktur zusammen?

    Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen kann. Das hilft, die Inflationsrate zu senken. Zugleich sind teurere Kredite eine Last für die Wirtschaft, weil Investitionen, die durch Kredite finanziert sind, teurer werden. Private Hausbauer und große Investoren halten sich mit Bauprojekten beispielsweise eher zurück.
    Zu sehen ist EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der heutigen PK.
    Im Sommer vergangenes Jahr erhöhte die EZB den Leitzins noch.14.09.2023 | 1:36 min
    Das kann neben anderen Faktoren wie beispielsweise einem schwächeren Welthandel die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum dämpfen. Die Konjunkturaussichten für den gemeinsamen Währungsraum hatten sich zuletzt eingetrübt.
    Quelle: dpa, Reuters

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