Generation Z im Berufsleben: Zu fordernd und zu fragil?

    Vorurteile im Berufsleben:Generation Z: Zu fordernd und zu fragil?

    Marcel Burkhardt
    von Marcel Burkhardt
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    Junge Erwachsene leiden unter Corona-Folgen, Zukunftssorgen und Arbeitsbelastung. Manchem Unternehmer gelten sie als verweichlicht. Doch das Gesamtbild ist viel komplexer.

    Junge Menschen arbeiten zusammen im Büro.
    Das Klischee hält sich hartnäckig: Haben junge Menschen keine Lust mehr zu arbeiten?
    Quelle: Colourbox.de, Symbolbild

    Zu viele Forderungen, zu wenig Einsatz, geringe Belastbarkeit: Ältere Arbeitnehmer und Unternehmer stellen heutigen Berufsanfängern in Umfragen häufig ein kritisches Zeugnis aus.
    Roland Mack, Inhaber des Europa-Parks, stellte es in einem viel zitierten Interview so dar: "Da kommen 25-Jährige und wollen nur drei Tage arbeiten - dabei haben die das ganze Leben noch vor sich, könnten hier etwas werden, Verantwortung übernehmen, Karriere machen." Stattdessen seien viele Berufsanfänger zu bequem, zu sehr auf ihre Freizeit bedacht, kritisierte der 73-jährige Unternehmer.

    Berufseinsteigerin: "Keiner hier will sich durchschmuggeln"

    Solche Aussagen prägen das Bild der so genannten "Generation Z", zu der junge Erwachsene zählen, die zwischen 1996 und 2010 zur Welt gekommen sind. Aber ist das Bild einer verweichlichten Jugend auch stimmig?
    Die 27-jährige Juristin Katharina nennt es ein "lästiges Klischee". Sie beobachtet etwas ganz anderes: "Wir Jobeinsteiger geben uns alle Mühe, sind total dahinter her. Da ist keiner, der sich durchschmuggeln will."
    Trends der jungen Generation
    Jugendforscher Simon Schnetzer über Trends der jungen Generation.23.03.2023 | 16:58 min
    Ein Jugendforscher über Möglichkeiten, die verschiedenen Generationen in der Arbeitswelt zu versöhnen:

    Unsicherheiten belasten Generation Z stark

    Auch Sara Weber, Autorin des Sachbuchs "Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?", findet es schwierig, wenn in öffentlichen Debatten so getan werde, als würden alle jungen Menschen keine Lust auf Arbeit haben, weil: "Es stimmt ja nicht", sagt die 36-Jährige.
    Weber versucht, Verständnis zu vermitteln für eine Generation, die in Zeiten von Krieg, Klimawandel und steigenden Lebenshaltungskosten stark unter Druck stehe.
    Autorin Sara Weber fordert mehr Flexibiltät im Arbeitsleben:

    Stress, Erschöpfung, Schmerzen

    Den Eindruck teilt Klaus Hurrelmann, Professor an der Hertie School Berlin und Mitautor der Studie "Jugend in Deutschland". Der Wissenschaftler sagt:

    Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, die wahrgenommene Klimakrise und vieles mehr schlagen jungen Erwachsenen extrem aufs Gemüt. Es gibt ein hohes Maß an mentaler Unsicherheit und Leid.

    Klaus Hurrelmann, Sozial-, Gesundheits- und Bildungsforscher

    Dem aktuellen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse zufolge bezeichnen heute nur 61 Prozent der Studierenden in Deutschland ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut ein; vor acht Jahren waren es 84 Prozent.
    Studierende in einem Hörsaal
    Obwohl nach langer Corona-Pause das Uni-Leben wieder anläuft, soll es Studierenden deutlich schlechter als vor der Pandemie gehen. Das zeigt eine Studie im Auftrag der TK.28.06.2023 | 2:58 min
    Von den Befragten klagten in der repräsentativen Umfrage:
    • 68 Prozent über Erschöpfung durch Stress
    • 59 Prozent über Kopfschmerzen
    • 55 Prozent über Rückenschmerzen
    • 53 Prozent über Konzentrationsstörungen
    • 43 Prozent über Schlafprobleme
    Im ZDFheute-Gespräch verweist Hurrelmann darauf, dass zwischen zehn bis 20 Prozent der jungen Erwachsenen infolge der langanhaltenden, multiplen Krisen "psychisch behandlungsbedürftig" seien.
    Mit Blick auf das Berufsleben sagt der Forscher:

    Natürlich sind diese jungen Leute nicht voll belastbar und interessiert daran, Arbeitszeiten und Arbeitspensum so auszulegen, dass sie nicht zusammenbrechen. Sie wollen nicht vom Burnout erwischt werden.

    Klaus Hurrelmann, Sozial-, Gesundheits- und Bildungsforscher

    Der Arbeitsmarktforscher Ulf Rinne spricht auch von einer Haltung, sich "nicht ausbeuten" lassen zu wollen. Die Generation Z ziehe "selbstbewusst Grenzen gegenüber dem Arbeitgeber".
    Soll ich…?
    Viel Stress, wenig Wertschätzung, wenig Geld: Soll ich kündigen oder nicht? Sechs Menschen reagieren auf unterschiedliche Perspektiven - wie beeinflusst das ihre Entscheidung?29.04.2023 | 24:18 min
    Eine ZDF-Umfrage zeigt, was die 25- bis 34-Jährigen in Deutschland über ihre Arbeitssituation denken:

    Neue Lage: "Für viele Unternehmen sehr anstrengend"

    Die Forscher beobachten aufgrund dessen eine "Irritation" bei Unternehmen. "Das kannten viele bislang so noch nicht, dass Bewerber kommen, die großen Wert darauf legen, dass sie nicht zu viel arbeiten müssen", sagt Hurrelmann. "Das ist eine völlig neue Ausgangssituation und für viele Unternehmen sehr anstrengend."
    Es gebe viel auszuhandeln. Und: Junge Erwachsene seien heute aus demographischen Gründen "in vielen Branchen in der stärkeren Position, sie können deshalb ihre Wünsche und Forderungen viel stärker durchsetzen", so Hurrelmann.
    Berufseinsteigerin Katharina M. versucht indes, verunsicherte Unternehmer zu beruhigen: "Wenn es fair zugeht und die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz stimmen, bleiben wir Jüngeren im Bedarfsfall auch gern mal länger da."

    Generationen im Clinch
    :Was Babyboomer und Gen Z verbindet und trennt

    Auf dem Arbeitsmarkt und in der Klimadebatte prallen Lebenswelten aufeinander. Wie Generation Z und Babyboomer zusammenfinden, erklärt Jugendforscher Simon Schnetzer im Interview.
    Junge Menschen demonstrieren bei einer Fridays-For-Future-Demo und halten ein Schild mit dem Schriftzug "Zukunft" hoch.
    Interview

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