Kleinstaaterei statt Strategie:Deutschland riskiert die Zukunft seiner Häfen
von Nils Metzger, Martin Niessen
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Deutsche Seehäfen wie Hamburg drohen international abgehängt zu werden. Die Bundesregierung will mit einer Nationalen Hafenstrategie gegensteuern, doch Erwartungen sind verhalten.
Der Hamburger Hafen verliert international seit Jahren an Bedeutung. Dafür auch verantwortlich: der deutsche Föderalismus. (Archivbild)
Quelle: Reuters/Phil Noble
Nach monatelangem Streit darf die chinesische Staatsreederei Cosco nun doch Anteile an einer Betreibergesellschaft im Hamburger Hafen übernehmen. Doch Feierstimmung will sich bei den Verantwortlichen von Deutschlands größtem Hafen nicht recht einstellen.
Am Montag verkündete der Terminalbetreiber HHLA einen Gewinneinbruch um 88 Prozent im ersten Quartal 2023. Sein Containerumschlag in Hamburg ging um 16 Prozent zurück. Mit und ohne China stehen die deutschen Seehäfen vor großen strukturellen Problemen.
Hamburger Hafen verliert seit vielen Jahren Marktanteile
Corona-Pandemie, Inflation, Ukraine-Krieg – Gründe, warum der Hamburger Hafen so unter Druck steht, gibt es viele. Doch die globalen Krisen der letzten Jahre erklären nicht, warum der Hafen Hamburg so deutlich Anteile an seine europäische Konkurrenz verliert.
Zwischen 2007 und 2021 legten Antwerpen und Rotterdam beim Containerumschlag um mehr als 40 Prozent zu, das aufstrebende Piräus gar um 240 Prozent. Hamburg steht bei einem Minus von 12 Prozent.
Entwicklung Containerumschlag 2007-2021
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Häfen sind in Deutschland Ländersache
Für den Logistik-Experten Jan Ninnemann von der Hamburg School of Business Administration kommt diese Entwicklung wenig überraschend:
Zwei Drittel aller Exporte verlassen Deutschland auf dem Seeweg. Die Häfen haben also eine immense volkswirtschaftliche Bedeutung. Dennoch liegen die deutschen Seehäfen allein in der Zuständigkeit der Bundesländer.
Wie gut gerüstet ist der Hamburger Hafen für die Zukunft? Die Konkurrenz schläft nicht.21.09.2021 | 28:51 min
Die Auswirkungen sind drastisch. Investitionen in die Häfen müssen die Länder nahezu allein tragen; beim Ausbau von Terminals sind das schnell Hunderte Millionen Euro. Und die Hafenstandorte machen sich Konkurrenz, jagen sich gegenseitig Schiffsverbindungen ab – unterstützt durch die jeweiligen Landesregierungen, die an den Häfen meist direkt beteiligt sind.
Hamburg und Wilhelmshaven machen sich Konkurrenz
Besonders heftig ist etwa der Wettbewerb zwischen Hamburg und dem niedersächsischen Wilhelmshaven. Dort liegt mit dem JadeWeserPort der einzige deutsche Tiefwasserhafen; die größten Containerschiffe könnten ihn direkt ansteuern.
Doch seit seiner Eröffnung 2012 arbeitet der JadeWeserPort deutlich unter seiner Kapazitätsgrenze. Gleichzeitig stecken Hamburg und der Bund Hunderte Millionen Euro in den Ausbau und das Ausbaggern der Elbe, damit Hamburg für große Frachtschiffe weiterhin erreichbar bleibt. Ein endloser und teurer Kampf gegen die Schlick-Massen.
Teuer und umstritten war die Elbvertiefung auf 14,5 Meter. Die neue Fahrtiefe kann aber nicht garantiert werden, denn es lagert sich mehr Schlick in der Fahrrinne ab als zuvor. Ist die Elbvertiefung gescheitert? 24.11.2022 | 7:54 min
Wenn es nach Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) geht, soll Hamburg darum künftig Verbindungen an Wilhelmshaven abgeben:
Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard, ebenfalls SPD, sieht das anders:
Bislang haben die Bundesländer kaum Anreize, von ihren Hafenstandorten abzurücken und mehr zu kooperieren.
Ampel will eine Nationale Hafenstrategie beschließen
Dieses Problem hat auch die Bundesregierung erkannt. Im Ampel-Koalitionsvertrag hat sie darum eine Nationale Hafenstrategie zugesagt. Das impliziert auch, dass der Bund mehr Verantwortung übernimmt und mehr Geld bereitstellt.
Seit fast einem Jahr laufen die Verhandlungen von Bund, Ländern und Wirtschaftsvertretern unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums von Volker Wissing (FDP). Bis Jahresende soll das Kabinett über das fertige Konzept abstimmen, doch bislang stehen laut Beteiligten noch kaum Details fest.
Am Ende geht es vor allem ums Geld. Bislang gibt der Bund über den sogenannten Hafenlastenausgleich lediglich 38 Millionen Euro jährlich für Hafeninvestitionen dazu. Die Länder fordern eine Verzehnfachung. Eine ZDF-frontal-Anfrage zum Stand bei der Nationalen Hafenstrategie ließ das Verkehrsministerium unbeantwortet.
Im Interview dämpft Hamburgs Senatorin Leonhard bereits die Erwartungen an die geplante Strategie: "Wir sehen nach dem, was man im Moment öffentlich vernehmen kann, schon die Gefahr, dass es nachher als Formelkompromiss endet. Und das darf nicht passieren."
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