Wirtschaft: Wie abhängig ist Deutschland von China?

    Wirtschaftsbeziehungen:Wie abhängig ist Deutschland von China?

    von Mischa Ehrhardt
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    Die Verflechtungen der deutschen Wirtschaft mit China sind groß. Deutschland steckt in einem Dilemma, wie es sich angesichts der geopolitischen Spannungen positionieren soll.

    VW-Produktion in (Schanghai) China
    Arbeiter an einem Fließband der VW-Produktion in Shanghai: Besonders die Automobilbranche unterhält enge Wirtschaftsbeziehungen mit China (Archivfoto).
    Quelle: dpa

    Europäer dürften keine Mitläufer sein und sich dem amerikanischen Rhythmus und einer chinesischen Überreaktion anpassen: Das sagte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron im Umfeld seines China-Besuches. Kritik an diesen Aussagen kam von vielen Seiten - auch aus Deutschland. Dabei müssten viele Unternehmen hierzulande der Sichtweise eher beipflichten.

    Wenn wir China nicht mehr haben, wird der Wohlstand in Deutschland sinken.

    Holger Engelmann, Chef des Automobilzulieferers Webasto

    Engelmann weiß, wovon er spricht. Sein Unternehmen erwirtschaftet über ein Drittel seiner Umsätze in China und produziert dort in elf Fabriken.

    Hohe Importabhängigkeit von China

    Dass es viele solcher Fälle gibt, zeigt eine einfache Tatsache: China ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands in der Welt. Zwar sind in den vergangenen Jahren mehr Exporte in Richtung der USA verschickt worden. Doch setzt sich die Handelsstatistik aus Exporten und Importen zusammen.
    China ist seit einigen Jahren bereits der wichtigste deutsche Partner im internationalen Handel. Kurzum: Es besteht mindestens so etwas wie eine Import-Abhängigkeit von China.

    Bei Rohstoffen und Teilen für unsere Produktion, also Vorprodukten, ist die Abhängigkeit von China extrem groß.

    Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bankengruppe ING

    Wirtschaftsexperte Brzeski sagt, die Abhängigkeit Deutschlands von China sei "deutlich stärker" als etwa die amerikanische Abhängigkeit von China. Und sie sei auch größer als die französische Abhängigkeit von China.

    Autokonzerne machen hohen Umsatz in China

    Hinzu kommt, dass viele Unternehmen wie der Automobilzulieferer Webasto einen großen Anteil ihrer Umsätze in China machen. In der zweiten Hälfte 2022 etwa haben die deutschen Autokonzerne Volkswagen, Mercedes und BMW fast 40 Prozent ihrer Autos in China abgesetzt.
    Sicher ist jedenfalls, dass China längst keine verlängerte Werkbank mehr für Industrienationen wie Deutschland ist. Mit dem Projekt China 2025 hat die Regierung in Peking um Präsident Xi Jinping den Plan ausgerollt, in den kommenden Jahren in wesentlichen Zukunftstechnologien die Weltmarktführerschaft einnehmen zu wollen.

    Experte: "Ohne China keine Energiewende"

    In einigen Bereichen ist das bereits jetzt der Fall - etwa in der Produktion von Batterien für die Elektromobilität. So liefert allein der chinesische Zulieferer Catl rund ein Drittel aller weltweit benötigten Batterien für Elektroautos. Und rund 80 Prozent der Lithium-Ionen-Akkus für die elektrische Mobilität weltweit stammen aus China.
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    Die belgische Firma Umicore ist das einzige Unternehmen in Europa, das über eine vollständige Kette der Batterieproduktion verfügt.10.03.2023 | 1:57 min
    "Ohne China gibt es keine elektrischen Autos", sagt Carsten Brzeski. Und weiter: "Ohne China gibt es keine Energiewende, ohne China gibt es keine Solarzellen auf unseren Dächern". Daher könne man die Wirtschaftsbeziehungen zu China nicht beenden, vor allem nicht kurzfristig.

    Abhängigkeit beenden ist nicht einfach möglich

    Auch Mikko Huotari, Direktor des Mercator Institute for China Studies (MERICS), sprach im Deutschlandfunk von einer schwierigen Lage: "Risiko-Minimierung ist das Schlagwort". Deutschland befinde sich aktuell in einem Doppelspiel: "Einerseits Stabilität, auch Geschäftsbeziehungen. Gleichzeitig aber auch der Versuch, hier die eigenen Verletzlichkeiten zu reduzieren".
    Man könnte sagen, dass Deutschland über seine engen Handelsverflechtungen mit China in einem Dilemma steckt: Einerseits die Beziehungen aufrecht erhalten zu müssen, andererseits das aber nicht unkritisch wollen zu können.
    "Natürlich ist seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine der erste Reflex zu sagen: Jetzt muss man sich noch mehr auf befreundete Länder fokussieren und die Abhängigkeit von China beenden oder reduzieren. Aber das ist so einfach gar nicht möglich", sagt ING-Volkswirt Carsten Brzeski.

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