Das kann die Deutsche Bahn von anderen Ländern lernen

    Pünktlichkeit und Investitionen:Was die Bahn von anderen Ländern lernen kann

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    Im Vergleich zu anderen Ländern sind die Züge der Deutschen Bahn deutlich unzuverlässiger unterwegs. Was machen Japan, Italien oder die Schweiz besser? Ein Überblick.

    Shinkansen
    Die Haltezeiten an Japans Bahnhöfen und die Taktung der Züge sind trotz des Transports großer Menschenmengen kurz.(Archivbild)
    Quelle: epa

    Vielerorts sind die Züge zuverlässiger unterwegs als in Deutschland. In Japan sind Verspätungen sogar so selten, dass sie von den Medien prompt als Hauptnachricht aufgegriffen werden. Doch kann sich die Deutsche Bahn bei anderen Ländern wirklich etwas abgucken?

    Schweizer Bahnen: Pünktlich statt schnell ans Ziel

    Die Schweizer Bahnen (SBB) setzen stärker auf flüssigen Verkehr statt auf Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE. Die Bahnfahrt dauert deshalb oft etwas länger, aber die pünktliche Ankunft ist mehr oder weniger garantiert. In der Schweiz waren im vergangenen Jahr 92,5 Prozent der Züge pünktlich. Das heißt, sie hatten weniger als drei Minuten Verspätung. In Deutschland gilt ein Zug noch mit bis zu sechs Minuten Verzögerung als pünktlich.
    Zudem haben die Züge breite Türen, sodass Ein- und Ausstieg schneller funktionieren. Reservierungen sind unüblich. Es verkehren überwiegend Doppelstockzüge, in denen in der Regel Plätze zu finden sind.
    Auch wenn die Strecken in der Schweiz deutlich kürzer sind als in Deutschland: Das Land investiert jedes Jahr etwa doppelt so viel in Betrieb und Wartung wie die Deutsche Bahn.
    Deutsche Bahn
    "Die Versäumnisse der letzten dreißig Jahre" fielen der Bahn "jetzt auf die Füße" und "das lässt sich nicht von heute auf morgen korrigieren", so Detlef Neuß, Fahrgastverband Pro Bahn, zur Bahnbilanz.28.07.2023 | 4:10 min
    Detlef Neuß vom Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert die "schlechte Schieneninfrastruktur" in Deutschland:

    Milliardeninvestition bei der italienischen Bahn

    Mit rund 16.800 Kilometern ist das italienische Streckennetz halb so groß wie das Deutsche. Allerdings hat der italienische Staat insbesondere das Fernverkehrsnetz in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und plante für die vergangenen Jahre Milliardeninvestitionen in die Modernisierung und den Ausbau.
    Auch wenn der italienische Bahnverkehr von mehreren Streiks betroffen war, betrug der Pünktlichkeitsindex der Hochgeschwindigkeitszüge im Jahr 2022 rund 78 Prozent. Im ersten Halbjahr 2023 habe er 80,2 Prozent erreicht, teilte die Staatsbahn Ferrovie dello Stato Italiane (FS) mit. Auch bei Regionalzügen sehe es ähnlich aus. Für die FS gilt ein Zug mit zehnminütiger Verspätung noch als pünktlich.

    Nachrichten | Panorama
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    Auf der Illustration sieht man zwei Gleise. Auf dem unteren fährt ein Zug, das obere Gleis ist eine Baustelle.

    Japan: Nächtliche Reparaturen und kurze Taktungen

    In Deutschland teilen sich Güter-, Regional- und Fernverkehrszüge das gleiche Schienennetz. Japan dagegen hat ein separates Netz für die Hochgeschwindigkeitszüge Shinkansen. Auf diesen Strecken können die Züge bis auf mehr als 320 Kilometer in der Stunde beschleunigen, ohne auf langsamere Züge Rücksicht nehmen zu müssen.
    Hinzu kommt, dass Wartungsarbeiten während der nächtlichen Betriebspause durchgeführt werden. In Japan wäre es undenkbar, Strecken über Monate hinweg stillzulegen.
    Außerdem sind die Haltezeiten an Japans Bahnhöfen und die Taktung der Züge trotz des Transports großer Menschenmengen kurz. Schattenseite dabei ist, dass zu den Stoßzeiten viele Züge total überfüllt sind.

    Züge in der Ukraine trotz Krieg pünktlich

    Die ukrainische Staatsbahn Ukrzaliznytsia gilt als Rückgrat für den Verkehr in dem vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Land. Der Regierung liegt deshalb viel daran, zerstörte Strecken im Eiltempo wieder instand zu setzen.
    Hinzu kommt: Trotz des Krieges verzeichnete die ukrainische Eisenbahn einer Sprecherin zufolge eine Pünktlichkeitsquote von 87 Prozent. Dabei werde jede noch so kleine Verspätung erfasst, "selbst, wenn es nur eine Minute ist", heißt es.
    Gleisarbeiten an den Schienen
    2022 waren so viele Fernverkehrszüge unpünktlich wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Als Gründe nannte die Deutsche Bahn eine überalterte Infrastruktur und viele Baustellen.21.03.2023 | 8:26 min
    Deutsches Schienennetz als Dauerbaustelle:

    Marodes Streckennetz der Deutschen Bahn

    Vergleichbar sind die Pünktlichkeitswerte nur bedingt, da unterschiedlich definiert und gemessen wird. Zudem ist das deutsche Schienennetz das größte und eines der komplexesten in Europa. Dennoch wird das Thema Bahn in anderen Ländern seit vielen Jahren deutlich beherzter angegangen.
    Die hohe Unpünktlichkeitsqoute bei der Bahn liegt vor allem am maroden Streckennetz. Daten der Allianz pro Schiene zeigen, dass Deutschland seit Jahren europaweit zu den Ländern mit den geringsten Pro-Kopf-Investitionen ins eigene Schienennetz gehört. Erst seit wenigen Jahren versucht die Bundesregierung das Ruder rumzureißen:
    • Stark befahrene Strecken sollen per Generalsanierung modernisiert werden.
    • Mit dem Deutschlandtakt soll alle halbe Stunde ein Fernzug die großen Metropolen verbinden.
    Bis diese Maßnahmen auch für die Fahrgäste spürbar werden, dürfte es allerdings noch einige Jahre dauern.

    Riedbahn-Trasse als Nadelöhr
    :Hier entscheidet sich, ob Ihr Zug zu spät ist

    Jeder siebte Fernzug fährt über die Riedbahn-Trasse. Wenn dort etwas schiefgeht, verspätet sich ein Großteil der Züge. Deswegen soll die Strecke saniert werden - nach der EM 2024.
    ICE auf der Strecke Hannover - Göttingen
    Quelle: dpa

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