Der Titel „UNESCO Welterbe“ ist begehrt, bringt er doch viel Aufmerksamkeit und Geld. Doch der Schutz der Welterbestätten wird immer schwieriger. Das kraftvollste Instrument der UNESCO im Kampf gegen Bauwut in der Nähe der Welterbestätten war bisher die Androhung, den Titel abzuerkennen. Manchmal reichte die Drohung aus, um - wie in Wien - megalomane Bauvorhaben zu stoppen. Doch immer häufiger entzündet sich eine Debatte darüber, ob es das Welterbe-Label wirklich braucht.
"Die Touristen kommen auch so"
„No labels needed“ heißt die Kampagne der Stadt Liverpool, die im Juli den Welterbe-Titel verloren hat: „Wir brauchen den Welterbe-Titel nicht“, erklärt der gerade mal 25jährige Stadtrat für Tourismus und Kultur, Harry Doyle, „die Touristen kommen auch so. Ich glaube, das Welterbe ist nicht gemacht für moderne, vibrierend Städte wie Liverpool.“ Ganz anders sieht das der Antiquitätenhändler Wayne Calquhoun, der viele Jahre für das Welterbe-Label gekämpft hat. Die vielen Neubauten im historischen Hafen der Stadt haben für ihn "nichts mit Liverpool zu tun, dahinter steckt nur Profitgier".
Venedig von der Unesco enttäuscht
Die venezianische Stadtbevölkerung würde ihren Welterbe-Titel ebenfalls gerne loswerden: „Uns hat der Titel nur Nachteile gebracht“, erklärt die deutsche Buchautorin und Journalistin Petra Reski, die seit 1991 in Venedig lebt. „Seitdem wir den Titel haben, leidet die Stadt - Kreuzfahrtschiffe spucken regelmäßig 1000ende Touristen aus und machen dabei unsere Lagune kaputt. Sie verpesten nicht nur die Luft, sondern gefährden die Bausubstanz der ohnehin schon fragilen Häuser.“ Die Bevölkerung hatte gehofft, dass die UNESCO Venedig auf die rote Liste setzt und so die italienische Regierung gezwungen wird, die Stadt besser zu schützen, aber das ist nicht passiert.
Wien auf roter Liste der Unesco
Wien wurde - ganz im Gegensatz zu Venedig - bereits 2017 wegen Bauplänen im „Historischen Zentrum“ auf die Liste der gefährdeten Welterbe gesetzt. Seitdem hat die Stadt versucht, bauliche Kompromisse zu finden, um den Welterbetitel zu erhalten. Stararchitekt Manfred Wehdorn ist der UNESCO dankbar: „Ich bin Wiener, ich bin stolz darauf. Und ich will, dass einen Teil dessen, was den Stolz ausmacht, erhalten bleibt für die nächste Generation. Wien wird ein Paradebeispiel dafür werden, dass die Kritiken der UNESCO nicht einfach weggesteckt werden“.
Das Komitee, das über die An- und Aberkennung des Welterbetitel entscheidet, bestand früher aus Denkmalschützern und Experten. Heute sitzen darin überwiegend Diplomaten, die versuchen, die politischen Interessen ihres jeweiligen Landes durchzusetzen. Wie reformbedürftig ist das UNESCO-Label „Welterbe“? Und wie scharf ist das Schwert der Titelaberkennung noch?
Berlin bewirbt sich mit Nachkriegsmoderne
Diesen Fragen geht der Film anhand einiger europäischer Streitfälle nach: In Venedig, Liverpool, Wien, Dresden und Berlin. Die deutsche Hauptstadt bewirbt sich derzeit mit der Nachkriegsmoderne um den Unesco-Welterbetitel. Die Wohngebiete im Ost-und Westteil der Stadt, u.a. an der Karl-Marx-Alle und im Hansaviertel, zeigen die Vielfalt und Dichte der stadtplanerischen Ansätze im geteilten Berlin - als Ergebnis des Wettstreits zweier politischer Systeme.