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Der Pflegenotstand in Deutschland

Hintergründe zur heute-show vom 26.11.2021

Der Pflegenotstand in Deutschland
Die Arbeitsbedingungen in der Pflege und in den Krankenhäusern sind schlecht. In jüngster Zeit haben Pfleger diesbezüglich gestreikt – allerdings mit wenig medialer Aufmerksamkeit.
Quelle: ZDF: Getty/PA

In Deutschland herrscht seit Jahren Pflegenotstand – in der Corona-Pandemie zeigt sich dies nun besonders. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege und in den Krankenhäusern sind schlecht. Bettina Rödig arbeitet als Kinderkrankenpflegerin und Betriebsrätin an der Klinik Schwabing in München, sie sagt hier gegenüber der Hans-Böckler-Stiftung: Nach 15 Monaten Pandemie blicke in den Krankenhäusern niemand mehr mit Tatendrang in die Zukunft. Die Arbeitsbelastung habe so immens zugenommen, dass die übergroße Mehrheit sich völlig machtlos fühle.

Immer wieder haben in jüngster Zeit Pflegerinnen und Pfleger gestreikt – allerdings mit wenig medialer Aufmerksamkeit. Vor ein paar Tagen gab es zum Beispiel mehrere Verdi-Streiks an Unikliniken in NRW. Die Streikenden hatten sich am Morgen vor den Unikliniken versammelt oder waren durch die Städte gezogen, wie zum Beispiel in Düsseldorf. „Unterbezahlt, keine Pausen, Dauerstress“ – stand auf einem großen Plakat.

Immerhin will die Ampel-Regierung jetzt eine Milliarde für Bonuszahlung an die Pflegekräfte ausgeben. Darüber hinaus wolle die rot-grün-gelbe Koalition darauf hinwirken, die Löhne in der Pflegebranche zu erhöhen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Intensivpfleger Alexander Jorde ist bekannt geworden, weil er 2017 Angela Merkel in der ARD-Wahlarena auf die Missstände in seinem Beruf angesprochen hat. Im Spiegel-Interview sagt er nun: „In Deutschland sind Pflegerinnen und Pfleger längst nicht so in der Gesellschaft verankert, wie in anderen Ländern. Dort arbeiten sie eigenständig in Gemeinden, übernehmen Aufgaben in Schulen. Bei uns fehlt es an Entwicklungsmöglichkeiten, guten Arbeitsbedingungen und guter Bezahlung.“

Für viele Expertinnen und Experten liegt das Grundübel der deutschen Pflege- und Krankenhausmisere in der Einführung der Fallpauschale im Jahr 2003/2004. Seit Einführung der Fallpauschalen in den Krankenhäusern gilt es als erfolgreiches Geschäftsmodell, mit möglichst vielen Ärzten möglichst viele Operationen durchzuführen, schreibt das Handelsblatt hier. In dieser Kalkulation sei die Pflege lediglich ein ärgerlicher Kostenfaktor, der immer weiter dezimiert wurde.

Zu einem ähnlichen Schluss kam auch eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Finanzierung der Kliniken durch sogenannte Fallpauschalen gefährde die Qualität der Behandlung. Das System sei intransparent und erzeuge Kostendruck, der insbesondere zu einer dramatischen Unterbesetzung in der stationären Krankenpflege führe. Dort fehlten bereits mehr als 100 000 Vollzeitstellen, heißt es da.

Mittlerweile sind so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflege- und Krankenhauseinrichtungen derart unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen, dass ein Drittel von ihnen plant, im kommenden Jahr zu kündigen. Das zeigt eine Onlineumfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) aus dem April.

Die Anzahl freier Intensivbetten gilt als wichtige Kennzahl in der Corona-Pandemie. Dabei wird leicht vergessen, wie es das Klinikum München hier schreibt, dass neben diesen Betten „Menschen stehen, die die Patientenversorgung erst ermöglichen“. Und dass diese Menschen dann an anderen Stellen fehlen. Sie haben deshalb vor einiger Zeit eine Kampagne ins Leben gerufen #WIRnichtICH. Im Spiegel berichteten diese Woche Ärztinnen und Pfleger von ihren so wichtigen aber derzeit vor allem zermürbenden Jobs. Wie Alexandra Vossenkaul, sie leitet die Intensivpflege an der München Klinik in Schwabing: Es kommt vor, dass sie mit ihren Covidpatienten anstrengende Debatten führen muss und dann gegen abstruse Theorien anreden muss. Ein Patient von ihr glaubte, dass seine Atemnot vom Wasser in der Lunge komme. Ein anderer war der Meinung, dass ihm mit dem Infusionsschlauch ein Chip in den Körper eingesetzt worden sei. Das alles kostet wertvolle Zeit.

Mehr geimpfte Deutsche hätten die Probleme in den Kliniken deutlich reduziert. In Rosenheim, wo die Zahlen derzeit dramatisch ansteigen, haben jetzt mehr als 500 Ärztinnen und Ärzte aus der Region in einer Zeitungsanzeige alle Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, sich so schnell wie möglich impfen zu lassen. „Vertrauen Sie uns und lassen Sie sich baldmöglichst impfen!" appellieren die namentlich aufgeführten Ärztinnen und Ärzte in den OVB Heimatzeitungen an "alle Bürgerinnen und Bürger“. „Skepsis und Zögern gefährdet Menschenleben, Ihre Impfung rettet Leben!“

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