Über Jahrzehnte war "Michael" in der rechten Szene, hat umfassendes Wissen aus dieser Welt. In der Doku-Serie "Geständnisse eines Neonazis" packt "Michael" aus. Um seine Anonymität zu wahren, werden "Michael" und seine Erzählung virtuell animiert.
Neonazi-Szene wird gewaltvoller
„Während das Objekt 21 gestürmt wird, werden schon alle gewarnt und lassen Beweise verschwinden.“ Im dritten Teil der „Geständnisse eines Neonazis“ erreichen Michaels Verstrickungen in der rechtsmilitanten Szene ihren Höhepunkt. Und die Szene verändert sich, wird gewaltvoller. Nach über 20 Jahren in der rechten Szene beginnt „Michaels“ Umdenken.
Ende Januar 2013 stürmt eine österreichische Spezialeinheit den Bauernhof, in dem sich „Michael“ jahrelang mit anderen Mitgliedern des gleichnamigen Bündnisses getroffen hat: das Objekt 21. Die Razzia legt ein Unterstützer-Netzwerk von etwa 200 Personen offen, mündet in einem Prozessmarathon.
Objekt 21: Eine Braune Mafia
Vor Gericht kommt heraus: Das Netzwerk gleicht einer Art brauner Mafia, mit Betätigungsfeldern wie Einschüchterung, Zwangsprostitution, Drogenhandel. „In dieser Größenordnung, in dieser Dimension war das schon etwas ganz Gewaltiges“, sagt der ehemalige Polizist Uwe Sailer, der maßgeblich dafür sorgte, dass Objekt 21 aufgeflogen ist.
„Die sitzen heute noch im Knast. Das Geschäft ging weiter. Über Handys und über anonyme Bezahlung lief das Geschäft jahrelang weiter“, behauptet „Michael“. Er präsentiert dem Rechercheteam Indizien, die nahelegen, dass die Strukturen damals nicht komplett zerschlagen wurden, das illegale Geschäft weitergelaufen ist. Er selbst will Waffen geschmuggelt haben: „Ich hatte keine Angst, erwischt zu werden. Ich wusste, dass sie mich auf dem Kieker haben, aber die Polizei muss mir erstmal was nachweisen.“ „Es ist wichtig, dass der Verfassungsschutz solche Leute auf Monitoring hält“, mahnt Polizist Sailer. „Sonst haben wir wieder so etwas wie Objekt 21.“
Daten sammeln für Feindeslisten
Bekannt ist: Menschen, welche die extreme Rechte als „Feind“ ausgemacht hat, landen womöglich auf Todeslisten. Dabei ist ein Bericht der Quelle besonders brisant: Neonazis schleusten nach seiner Erzählung bewusst Frauen in Berufe, in denen ihnen der Zugang zu personenbezogenen Daten gewährt wird – in Behörden oder auf Ämter. So können sie die Szene mit Daten wie Wohnort, Arbeitgeber oder Familienstand versorgen, sagt „Michael“.
Wie weit Anhänger der neonazistischen Szene gehen, haben rechtsradikale Terrorakte wie München, Hanau und Halle gezeigt, sowie die Ermordung Walter Lübkes. Anwältin Seda Başay-Yıldız, die als Anwältin Opfer rechter Gewalt vertritt und auch selbst zur Zielscheibe wurde, kritisiert: „Das Letzte, was in der Demokratie passieren darf, ist, dass sich Menschen, die sich sozial engagieren, eingeschüchtert sind, sich zurückziehen. Ich glaube, dass man gerade diese Menschen stärken muss. Leider ist das nicht so, weil die Gefahr verkannt wird.“
„Michaels“ Geschichte ist untrennbar verwoben mit rassistisch motivierten Taten. Im dritten der „Geständnisse eines Neonazis“ muss er sich auch selbst der Frage des Rechercheteams stellen: Bereust du deine Taten?