Orbáns Griff nach der Macht
Seit Viktor Orbán 2002 als ungarischer Ministerpräsident abgewählt wurde, setzt er alles daran, dass ihm das nicht noch einmal passiert. Als seine Fidesz-Regierung 2010 erneut an die Macht kam, begann der politische Umbau des Landes. Die Verfassung wurde umgeschrieben, die Gewaltenteilung eingeschränkt. Recht, Wirtschaft und Verwaltung zentralisiert, die Pressefreiheit beschnitten. Mittlerweile ist die gesamte regionale Presse in den Händen regierungsnaher Unternehmen. Rundfunk, Fernsehen und nationale Medien wurden einer Holding unterstellt, die die Berichterstattung zentral steuert.
Kultur als politischer Kampfplatz
Nach den Schulen und Universitäten ist die Kultur das nächste große Feld, das sich Ungarns Regierung Untertan machen will. In Orbáns Worten: "Jetzt stehen wir vor der Aufgabe, das politische System in die kulturelle Ära einzubetten." Seit drei Jahren ist das berüchtigte "Kulturgesetz" in Kraft. Das Ziel scheint klar: Auch der Kulturbetrieb wird dem Primat der Politik unterworfen. Beispielsweise bekommen Theater nur dann staatliche Subventionen, wenn der Staat bei der Besetzung der Intendantenposten mitbestimmen darf. Für regierungskritische RegisseurInnen, SchauspielerInnen oder SchriftstellerInnen wird die Luft immer dünner. Viele haben sich ins Ausland abgesetzt.
Der Widerstand der Kulturschaffenden
Wer geblieben ist, wehrt sich nach Kräften. Immer wieder gehen Kulturschaffende auf die Straße. Genauso wie die Menschen, die einer Minderheit angehören oder die im Bildungssystem arbeiten. Lehrkräfte leiden unter prekären Arbeitsbedingungen und dürfen nur nach einem festgelegten Bildungskanon unterrichten. Das soll künftig auch durch die Überwachung ihrer Computer und Mobiltelefone kontrolliert werden.
Wie lebt es sich in Orbáns illiberaler Demokratie? Wer sind die Menschen, die treu hinter Orbán stehen? Und wie halten oppositionelle Kräfte ihre Hoffnung auf Besserung am Leben?
"aspekte" reist durch ein Land voller Widersprüche. Jo Schück spricht mit Fidesz-Funktionären und DorfbewohnerInnen, die sich zu Bürgerwehren zusammengeschlossen haben, er trifft investigative JournalistInnen und begleitet Künstler wie den Schauspieler und Rapper Áron Molnár oder die international erfolgreiche Choreografin Éva Duda, die sich der oppositionellen NoÁr-Bewegung angeschlossen haben, sowie den Schriftsteller, Buchhändler und Literaturcafé-Besitzer Krisztián Nyáry. Seine "Lira"-Filiale in Budapest hat eine Rekordstrafe von 32.000 Euro erhalten, weil ein Exemplar des Jugend-Comics "Heartstopper" (mit schwulen Protagonisten) ohne Schutzfolie in seinem Laden stand.
Von Budapest führt der Weg an den Balaton und weiter in die Europäische Kulturhauptstadt 2023, Veszprém. Einblicke in ein gespaltenes Land, das sich Rechtspopulisten aus aller Welt zum Vorbild nehmen und das aufrechten Demokraten als Menetekel dient.
Stab
- Moderation - Jo Schück
Die nächste aspekte-Sendung hier in der ZDFmediathek am 29. September. Thema: "Ich bin Fan - Von der Liebe zur Besessenheit" - Mit Gastgeberin Katty Salié