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Aufstieg und Niedergang der Kalifen

Warum IS den Begriff "Kalifat" benutzt

Die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) hat in Irak und Syrien ein Kalifat ausgerufen und träumt von Größerem. Aber was ist ein Kalifat - und mit welchem Recht nutzen die Extremisten diesen Begriff?

Datum:
12.09.2014
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) hat ein Kalifat ausgerufen (das kaum ein Muslim anerkennt) und träumt davon, nicht nur im Irak und in Syrien zu herrschen. Aber was ist ein Kalif - und mit welchem Recht nutzen die Extremisten diesen Begriff? "Forum am Freitag"-Moderator Abdul-Ahmad Rashid geht in der Sendung vom 12.09.2014 der Sache nach.

Arabien im Jahre 632: Der Prophet Mohammed stirbt, ohne seine Nachfolge geregelt zu haben. Die damals noch junge und kleine muslimische Gemeinde auf der arabischen Halbinsel muss also einen Nachfolger finden. Das arabische Wort für „Nachfolger“ heißt „khalifa“.

Besondere Nähe zum Propheten

Die Wahl des ersten Kalifen fällt auf den Schwiegervater Mohammeds, Abu Bakr. Abu Bakr führt die Muslime nur zwei Jahre, dann stirbt er. Das Prinzip der Prophetennähe kann auch bei der Wahl seines Nachfolgers beibehalten werden: Auch Umar ibn al-Chattab ist einer der frühesten Gefährten Muhammads.

Während seiner Herrschaft als Nachfolger, als Kalif, expandiert der Islam bis ins heutige Syrien, nach Ägypten, in den Irak und das iranische Hochland. Durch die enorme Ausbreitung des islamischen Gebietes entstehen auch neue Anforderungen an den Kalifen: Er muss jetzt auch dafür sorgen, dass der Islam Normen entwickelt, die über das hinaus gehen, was der Koran sagt – der allerdings zu dieser Zeit noch gar nicht schriftlich fixiert vorliegt. Dies geschieht erst unter dem Nachfolger des Kalifen Umar, der auf der Höhe seiner Macht nach zehn Jahren Kalifat in Medina ermordet wird. Auch der dritte Kalif ist ein enger Gefährte Mohammeds, Uthman ibn Affan.

Ende einer Ära

Doch in die Regierungszeit Uthmans fallen auch die ersten Zwistigkeiten unter den Muslimen: Man bezichtigt den Kalifen der Vetternwirtschaft, was dann zu seiner Ermordung im Jahre 656 führt. PLACEHOLDERAuf ihn folgt der Cousin und Schwiegersohn des Propheten, Ali ibn Abi Talib. Aufgrund seiner direkten Verwandtschaft mit Muhammad betrachten ihn viele Muslime schon während der Herrschaftszeit der anderen drei Kalifen als legitimen Nachfolger. Sie nennen sich auf arabisch „Schiatu Ali“, „Partei Alis“, heute unter dem Namen „Schiiten“ bekannt.

Der Tod Alis bedeutet für die islamische Geschichte ein einschneidendes Ereignis: Mit ihm endet die Herrschaft der engen Prophetengefährten. Die ersten vier Kalifen werden später als die vier „rechtschaffenen“ Kalifen bezeichnet. Bis heute werden sie von vielen Muslimen verehrt: Von ihnen ist die Vorstellung einer goldenen Zeit des Islam geblieben.

Der Kalif wird eine Art König

Nach den ersten vier Kalifen entwickelt sich das Kalifat zu einer Dynastie, einem Königtum ähnlich, das vererbt wird. Auch der einfache und fromme Lebensstil, den die ersten vier Kalifen noch geführt haben, wandelt sich ins königliche.Unter dem Herrschergeschlecht der Umayyaden entsteht eine Art Hof, der zwar immer noch mit wenig Hofritual und Etikette auskommt, sich aber von den normalen Gläubigen abzuheben beginnt. Die religiöse Autorität der ersten vier Kalifen genießen spätere Kalifen nicht mehr.

Während ihrer Regierung vergrößern die Umayyaden das islamische Reich im Osten bis an die Grenzen Indiens und Chinas und im Westen über Nordafrika bis nach Spanien und Sizilien. In wenigen Jahrzehnten dehnt sich der Islam weit aus.

In Bagdad wird der Islam zur Weltreligion

Auf die Umayyaden folgen die Abbasiden als Kalifen, die Bagdad zur Hauptstadt des muslimischen Riesenreiches machen. Sie achten strenger auf die Einhaltung der religiösen Gesetze, führen feine höfische Formeln und Zeremonien ein. Gleichzeitig internationalisiert sich der Islam, der bis dahin eine arabische Religion ist. Unter den Abbasiden wird er eine Weltreligion. Die Kalifen von Bagdad organisieren das Reich als multinationalen Zentralstaat. Bagdad wird zu einer vor Prunk und Reichtum strotzenden Stadt und ein Zentrum der Geistes- und Naturwissenschaften.

Im 10. Jahrhundert beginnt der Niedergang der Abbasiden. In der Mitte des Jahrhunderts sind die Kalifen von Bagdad nur noch Herrscher von Gnaden, die wirkliche Macht liegt bei ständig wechselnden Militärbefehlshabern und Staatsministern. Schließlich müssen die machtlos gewordenen Kalifen von Bagdad vor mongolischen Angriffen nach Ägypten fliehen.

Das Kalifat wird 1924 offiziell abgeschafft

Später geht der Titel „Kalif“ bei der Eroberung Ägyptens durch die türkische Dynastie der Osmanen auf den osmanischen Sultan über. Für den ist der Titel jedoch nicht mehr als eine unter zahlreichen anderen Ehrenbezeichnungen. Am 3. März 1924 schafft die türkische Nationalversammlung unter Kemal Atatürk das Kalifat ab. Dieser Beschluss ist eigentlich nur noch die notarielle Bestätigung eines längst vollzogenen Endes. Die überwiegende Zahl der Muslime und vor allem der muslimischen Theologen ist bis heute davon überzeugt, dass Kalifen nicht mehr gebraucht werden.

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