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Scharia - was ist das?

Gesetzbuch - oder ethischer Leitfaden für Muslime?

Mouhanad Khorchide und "Forum"-Moderator Abdul-Ahmad Rashid sprechen über den Begriff "Scharia". Khorchide beschreibt ihre Geschichte und nimmt sie als Basis für eine moderne islamische Ethik.

Datum:
08.11.2013
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Die Scharia ist ein religiöses Werte- und Rechtssystem, basierend auf dem Koran sowie den Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen des Propheten Muhammad, der Sunna. Die Scharia ist nach islamischem Verständnis das "göttliche Gesetz", in Abgrenzung zu von Menschen gemachtem Recht. Für viele Nicht-Muslime hat der Begriff Scharia keinen guten Klang: Entziehen sich Muslime durch Gottesgesetz dem hier geltenden Recht? "Forum am Freitag"-Moderator Abdul-Ahmad Rashid trifft den Theologen Prof. Mouhanad Khorchide, der gerade ein Buch über die moderne Interpretation der Scharia geschrieben hat.

Die Scharia (arab.: breiter Weg, Weg zur Quelle) beschreibt für fromme Muslime das richtige Verhalten des Menschen in Bezug auf Gott sowie auf andere Menschen und auf die Schöpfung allgemein. Diese Regeln werden aus dem Koran und aus der Sunna (Sprüche und Verhaltensweisen des Propheten Muhammad) abgeleitet. Bei der Scharia handelt es sich somit nicht um ein einheitliches, entwickeltes Rechtssystem. Vielmehr besteht sie aus verschiedenen Interpretationen, die Rechtsgelehrte verschiedener Schulen auf der Grundlage des Korans und der Sunna entwickelt haben. Diese sind in der islamischen Jurisprudenz, dem sogenannten "Fiqh", festgehalten.

Stetige Neuinterpretation

Über mehrere Jahrhunderte ist die Scharia durch anerkannte rechtliche Methoden vervollständigt und neu interpretiert worden. Zur Scharia gehören die fünf Grundpfeiler des Islam, also das Glaubensbekenntnis, das tägliche Gebet, die Almosensteuer, das Fasten und die Pilgerfahrt nach Mekka sowie zwischenmenschliche Verhaltensregeln.

Für Fragen, auf die es im Koran keine Antworten gab, haben die islamischen Gelehrten weitere Instrumente zur Rechtsfindung bestimmt: "Idschma" als Konsens der islamischen Gelehrten über ein bestimmtes Thema, "Qiyas" als Analogieschluss, den Brauch (Urf) und das Gewohnheitsrecht (Ada) und schließlich das eigene Urteil der Rechtsgelehrten (Ray), falls vorangegangene Methoden zu keinem Urteil verhelfen. Hier wurden neu auftretende Fälle und Fragen in Anlehnung an bekannte Fälle entschieden.

In den ersten Jahrhunderten der islamischen Geschichte hatten die Gelehrten auch für die Rechtsfindung das Instrument der selbstständigen Interpretation der Quellen benutzt, "idschtihad" genannt. Dieses wurde jedoch im sunnitischen Islam immer weiter zurückgedrängt und im Mittelalter eingestellt. Im schiitischen Islam besteht diese Methode weiterhin und macht ihn damit flexibel und offen gegenüber den Herausforderungen der Moderne und den daraus resultierenden neuen Fragestellungen.

Viele verschiedene Meinungen

Innerhalb des sunnitischen Islam haben sich im Laufe der Jahrhunderte vier Rechtsschulen durchgesetzt: die Hanafiten (liberalnationale Schule), die Schafiiten (konservativ-liberale Schule), die Malikiten (konservative Schule) und die Hanbaliten (strenge Lehre strikt nach dem Koran). In den Grundfragen des islamischen Rechts sind sich diese jeweils nach ihrem Begründer genannten Schulen einig; in vielen Fragen des islamischen Rechts sind sie jedoch unterschiedlicher Meinung.

In der Scharia gibt es Regelungen für das zwischenmenschliche Handeln und für religiöse Rituale und Pflichten. So gibt es sechs Kategorien, nach denen unterschiedliche Handlungen eingeteilt werden können. Mit Halal wird das Erlaubte bezeichnet. Daneben ist Fard eine Handlung, die eine Pflicht für jeden Muslim darstellt wie etwa das rituelle Gebet. Mandub, die dritte Regel, sind empfehlenswerte Handlungen wie zum Beispiel zusätzliche Gebete. Makruh sind verwerfliche oder nicht empfehlenswerte Handlungen wie zum Beispiel das Rauchen. Mubah stellen Handlungen dar, die zwar als erlaubt gelten, über die es aber keine ausdrückliche Beurteilung in den religiösen Quellen gibt. Haram schließlich sind verbotene Handlungen wie der Genuss von Alkohol und Drogen.

Anspruch und Wirklichkeit

Die islamische Theologie betrachtet die Sharia als vollkommene Ordnung göttlicher Autorität. Die Scharia birgt den im Westen kritisierten Generalanspruch, alle Lebensbereiche des Menschen gleichermaßen zu regeln. Sie gibt Anweisungen für das Verhalten in Familie und Gesellschaft (Ehe- wie Strafrecht) wie auch für die Gottesverehrung.

Besonders im Zusammenhang mit dem islamischen Strafrecht tun sich im Vergleich zu westlichen Menschenrechtsvorstellungen und westlicher Gesetzgebung die größten Differenzen auf. Besonders die Geschlechterfrage und die in wenigen islamischen Staaten angewendeten drakonischen Strafen wie Auspeitschungen oder Steinigungen bei Ehebruch oder Verstümmelungen bei Diebstahl werden im Westen scharf kritisiert.

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