In der Neuköllner Oper in Berlin hatte gerade das Stück "Taksim Forever" Uraufführung. Gut ein Jahr nach den Protesten im Gezi-Park und auf dem Taksim-Platz in Istanbul nimmt sich das Theater in einer türkisch-deutschen Produktion des Themas an. Was ist heute von den Protesten noch übrig geblieben? "Forum am Freitag"-Moderatorin Nazan Gökdemir mit den Machern von "Taksim forever" gesprochen.
Die Proteste hatten sich gegen die Politik des damaligen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan gerichtet. Zu autoritär, zu islamisch-konservativ sei sein Stil. Eine junge Generation rang um ihre Freiheit, protestierte für mehr Demokratie. Inzwischen ist Erdogan mit absoluter Mehrheit zum Präsidenten des Landes gewählt worden. Die Protestler von 2013 mussten 2014 feststellen, dass sie keine Wählerinnen- und Wähler-Mehrheit hinter sich vereinen konnten.
Zwischen Folklore und Revolutionspathos
Trotzdem: Die Proteste und ihre Bekämpfung mit Polizei und Wasserwerfen haben viele junge Türken geprägt, die mit der autoritären Türkei Erdogans wenig anfangen können. Den Geist der Revolution beschwört das Stück "Taksim forever" in der Neuköllner Oper. In der Oper fliegt der Klangkünstler Ben nach Istanbul, um dort Aufnahmen zu machen. Er gerät in die Proteste, während derer er die Aktivistin Leyla kennen lernt. Der Gezi-Park wird für die beiden zum "Park der Träume", als sich Ben in Leyla verliebt.
Nach der Uraufführung gab es in der Presse einerseits Lob, dass dieses Thema aufgegriffen worden sei. An der Musik schieden sich jedoch die Geister: Die einen fanden sie zu musicalhaft, andere meinten, dass die Anleihen an Folklore gelungen sei - insbesondere, wenn auf Kochtöpfen geklopfte Rhythmen zum Lied werden. Kritik gab es vor allem an der Umsetzung. So schrieb die Berliner Morgenpost: Die protestierende Leyla sage, "dass es keine Revolution ohne Pathos gäbe. Das mag für eine Revolution in Ordnung gehen. Auf der Bühne aber hätten ein bisschen weniger Gefühl und ein bisschen mehr kritische Distanz geholfen, den Abend nicht gar so plakativ werden zu lassen." Die Süddeutsche Zeitung bemängelt, dem Stück fehle "dramaturgischer Biss und politische Relevanz".