Mehr als die Hälfte der Deutschen macht sich große Sorgen, dass die Spaltung der Gesellschaft künftig weiter voranschreitet.
Positiver Patriotismus
Nicolai würde sich "durchaus als Patriot bezeichnen“, auch wenn er sich des schlechten Images des Begriffs bewusst ist. Nicht zuletzt läge das an der AfD: "Die AfD stigmatisiert Patriotismus und drängt ihn in eine negative Ecke.“ Nicolai weiß es genau, denn sieben Jahre lang war der 31-Jährige selbst Mitglied, schaffte es in den Vorstand der Düsseldorfer AfD und wurde schließlich sogar Vizebundesvorsitzender der Jungen Alternative. Aufgrund der zunehmenden Radikalisierung der Partei trat er 2020 aus.
"Es gab Tendenzen in der Partei von einer konservativ-liberalen hin zu einer rechts- bis rechtsextremen Partei und das war mit mir ab einem bestimmten Punkt nicht mehr vereinbar", sagt er. Trotzdem ist Nicolai überzeugt: "Wir brauchen einen positiven Patriotismus in diesem Land", der unabhängig von der Nationalität sei und in einer gespaltenen Gesellschaft Gemeinschaft schaffen könne.
Hintergrund Wachsende AfD-Zustimmung
Bei der sogenannten Sonntagsfrage "Wen würden Sie wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre" liegt die AfD im Durchschnitt der großen Umfrageinstitute aktuell bei 21 Prozent. (Quelle: Spiegel, 22.9.2023)
Schmaler Grat zum Nationalismus
Tobias blickt mit Sorge auf die gesellschaftliche Entwicklung: "Diese Gesellschaft bricht auseinander und ich denke wir können das nicht mehr stoppen.“ Der 40-jährige Sachse ist Sozialarbeiter, lehrt an Hochschulen und ist zudem überzeugter Antifaschist: "Ich kämpfe für den Abbau von Diskriminierung und die Herstellung von Gleichheit unter den Menschen."
Im Patriotismus sieht er lediglich "eine Krücke für Menschen, die nicht richtig wissen, wofür sie kämpfen und wozu sie gehören." Statt zu mehr Einheit führe Patriotismus eher zum Gegenteil: "Man definiert damit Menschen, die nicht dazugehören und das gleitet dann natürlich, wenn man es auf einen Staat bezieht, auch in Nationalismus ab. Und was der historisch betrachtet schon herbeigeführt hat, wissen wir alle."
Bei Sag’s mir treffen zwei Menschen aufeinander, die ganz unterschiedliche Lösungen für die gesellschaftliche Spaltung sehen. Schaffen es zwei Fremde, sich trotz verschiedener politischer Einstellungen näher zu kommen?
Sag’s mir mit den Gästen Nicolai Boudaghi, Ex-AfD-Mitglied, Sozialwissenschaftler, Patriot und Tobias Burdukat, Sozialarbeiter, Dozent, Antifaschist.