Debatte um kürzere Arbeitszeiten:Ist das Arbeit oder kann das weg?
von Annika Heffter
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Weniger und flexibler arbeiten trotz Fachkräftemangels: Geht das? Über Zeit als Geschenk der Digitalisierung, die Vier-Tage-Woche und Wege zur Entlastung von Arbeitnehmern.
Viele Menschen in Deutschland wünschen sich kürzere Arbeitszeiten.
Quelle: picture alliance / Bildagentur-online/Tetra-Images
Sehr viele Menschen in Deutschland wollen weniger arbeiten. Das zeigt unter anderem eine im November veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Knapp die Hälfte der Frauen (49 Prozent) und 58 Prozent der Männer in Vollzeitstellen wollten demnach 2021 ihre Arbeitszeit reduzieren.
Auch immer mehr Gewerkschaften wie IG Metall oder die Lokführergewerkschaft GDL fordern in Tarifverhandlungen kürzere Arbeitszeiten bei gleicher Bezahlung. Jetzt denkt ver.di ebenfalls darüber nach, das Thema in die nächsten Tarifrunden mitzunehmen. Eine realistische Forderung - trotz Fachkräftemangels?
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Forscherin Rump: Arbeit wird nicht weniger
Arbeitsforscherin Jutta Rump ist skeptisch, was diese Überlegungen betrifft. Angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels müsse sich die Gewerkschaft fragen, "ob die Branchen, die ver.di vertritt, überhaupt kürzere Arbeitszeiten aushalten können". Den Wunsch nach Entlastung versteht die Professorin am Institut für Beschäftigung der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen. Aber:
Eine reine Arbeitszeitverkürzung würde Rump zufolge also nur noch mehr Druck für die Beschäftigten mit sich bringen.
DGB-Chefin: Es gibt nicht die eine Lösung
Der Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, ist die Diskussion - gerade um die Vier-Tage-Woche - dagegen zu schwarz-weiß.
Immerhin sei es "über 100 Jahre her, dass wir den Acht-Stunden-Tag erkämpft haben".
Höchste Zeit also für etwas Neues, Moderneres? Wie sollte die Arbeitszeit in Zukunft geregelt werden, um gleichzeitig Arbeitnehmer zu entlasten, den Fachkräftemangel zu bekämpfen und Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten?
Fahimi und Rump haben hier ganz ähnliche Ansätze:
1. Zeit als Geschenk der Digitalisierung
Der erste Schritt ist für Arbeitsforscherin Rump: "Die Unternehmen müssen alle Bremser aus den Prozessen herausnehmen." Was heißt das?
Der zweite Schritt: Roboter, Algorithmen, Künstliche Intelligenz und die Digitalisierung ins Boot holen. "Diese führen dazu, dass Routinetätigkeiten durch Systeme, wo es möglich ist, übernommen werden. Und das wiederum schenkt dem Menschen Zeit."
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Diese geschenkte Zeit, mahnt DGB-Chefin Fahimi, sollte die Unternehmen aber nicht dazu verleiten, bei den Arbeitskräften zu sparen und Personal abzubauen: "Produktionsgewinne dürfen nicht allein zugunsten der Arbeitgeber ausfallen, sondern müssen auch in die Entlastung der Beschäftigten übersetzt werden."
Als dritten Schritt regt Wissenschaftlerin Rump die Unternehmen dazu an, sich zu fragen:
In vielen Bereichen bedeute das: Sich auf A-Aufgaben, also das Kerngeschäft, konzentrieren und "Extrawürste" vermeiden.
2. Teilzeitfalle bekämpfen
Aber wie kann in Zeiten des Fachkräftemangels trotzdem mehr Arbeitsvolumen generiert werden? Hier sieht DGB-Vorsitzende Fahimi noch viele ungeschöpfte Potenziale. Unter anderem im Teilzeitbereich:
Eine gewünschte Aufstockung der Arbeitszeit werde vielen aber nicht ermöglicht. Die neue IAB-Studie zeigt: Gerade Mütter, die nach der Elternzeit ihre Arbeitszeit gerne wieder hochfahren würden, stecken wegen mangelnder Kinderbetreuung in der Teilzeitfalle.
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Rump hält besonders die Flexibilität bei der Arbeitszeit für ein erstrebenswertes Ziel. Je nach Lebenssituation müsse es die Möglichkeit geben, Arbeitszeit zu reduzieren und wieder hochzufahren.
3. Die Balance halten, um gesund zu bleiben
Die Negativspirale kennt man besonders aus Berufen im Gesundheitswesen: Hohe Belastung, krankheitsbedingte Ausfälle, dadurch zusätzliche Schichten für die restlichen Arbeitskräfte und wiederum mehr Belastung. Besonders in Krankenhäusern gebe es viele, die sich deshalb aus dem Beruf verabschieden, bedauert Fahimi.
Arbeitsmodelle, die nicht krank machen - mit Ruhephasen und Work-Life-Balance - seien also entscheidend. Das sieht auch Wissenschaftlerin Rump so: "Kein Arbeitnehmer kann es sich leisten, ausgepresst zu werden wie eine Zitrone, denn dann schafft man seine Lebensarbeitszeit nicht."
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Weil der derzeitige Arbeitsmarkt ein Arbeitnehmermarkt ist, könnten Beschäftigte bei den neuen Arbeitsmodellen, etwa mit besserer Work-Life-Balance, mehr denn je mitbestimmen. Das habe im Übrigen nichts mit Faulheit zu tun:
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