Jesidin als Sklavin missbraucht: Haft für IS-Anhängerin

    Jesidin als Sklavin missbraucht:Lange Haftstrafe für deutsche IS-Anhängerin

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    Eine deutsche IS-Anhängerin hat eine junge Jesidin jahrelang als Sklavin missbraucht. Ein Gericht in Koblenz hat die Frau jetzt zu mehr als neun Jahren Haft verurteilt.

    Rechts im Bild die 37-Jährige Angeklagte, links im Bild einer ihrer Anwälte im Gerichtssaal.
    Das Oberlandesgericht Koblenz hat eine deutsche IS-Anhängerin zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. 21.06.2023 | 0:22 min
    Eine 37-jährige Frau hat nach Ansicht des Oberlandesgerichts Koblenz als Mitglied der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) eine junge Jesidin als Sklavin misshandelt. Die Deutsche wurde an diesem Mittwoch zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
    Unter anderem wurde sie schuldig gesprochen wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zum Völkermord. Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    Jesidin als "Haushaltssklavin missbraucht"

    Der Senat sah es als erwiesen an, dass die 37-Jährige in ihrer IS-Zeit in Syrien und im Irak eine junge Jesidin drei Jahre lang "im eigenen Interesse als Haushaltssklavin missbraucht" habe, sagte die Richterin.
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    Anfang 2013 habe die Angeklagte ihren späteren Ehemann in einer Bar in Nordrhein-Westfalen kennengelernt. Das Paar heiratete nach islamischem Ritus. Später reiste die Frau über die Türkei in das damalige Herrschaftsgebiet des IS.
    Der Mann arbeitete für den IS als Arzt, während die heute 37-Jährige ihn durch das Führen des Haushalts und die Erziehung der 2015 und 2018 geborenen Töchter im Sinn des IS unterstützte. Das Paar bewohnte in Mossul ein Haus, deren rechtmäßige Bewohner vor dem IS geflohen oder vertrieben worden waren. 

    Angeklagte hat laut Gericht Vergewaltigungen gefördert

    Ihr Mann habe die Jesidin in den Haushalt gebracht und regelmäßig vergewaltigt und geschlagen, sagte die Richterin. Die Angeklagte habe die Vergewaltigungen ermöglicht und gefördert.

    Sie hätte etwas tun können und müssen.

    Richterin

    Stattdessen habe die Angeklagte die junge Frau als ihr Eigentum angesehen und sie gezwungen, den Haushalt zu führen. Sie habe dafür gesorgt, dass die Zeugin das Haus nicht verlassen konnte. Das Paar zwang die Frau, nach dem islamischen Ritus zu beten oder die Fastenzeiten des Ramadans einzuhalten. Damit hätten sie das Ziel des IS unterstützt, den jesidischen Glauben zu vernichten.
    Im März 2019 wurde die Familie mit der Sklavin bei einem Fluchtversuch durch kurdische Kräfte festgenommen. Bei ihrer Wiedereinreise nach Deutschland wurde die IS-Anhängerin im März 2022 festgenommen.
    Der Senat habe keine Anhaltspunkte feststellen können, aus denen sich eine Distanzierung der Angeklagten zu der Tat ergebe, sagte die Richterin. Sie habe aber "zumindest in Ansätzen" Reue und Mitgefühl gezeigt.

    Jesidin hofft, "dass ihrem Beispiel andere folgen"

    Die Jesidin war eigens zur Urteilsverkündung wie auch schon für ihre Aussage aus ihrer Heimat angereist. Ihr gebühre großer Respekt, dass sie den Weg aus dem Irak auf sich genommen und die Stärke gefunden habe, um vor fremden Menschen auszusagen, sagte die Richterin.
    "Sie hofft, dass ihrem Beispiel andere folgen", sagte ihre Anwältin Sonka Mehner. Ihr Wunsch sei, dass jedem, der so ein Verbrechen begangen habe, der Prozess gemacht werde.

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    :"Justiz vor großen Schwierigkeiten"

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